"Haltung zeigen, Demokratie verteidigen! Museen in Zeiten politischen Drucks"
Am 14. und 15. Oktober 2024 findet unter diesem Titel eine kulturpolitisch ausgerichtete Tagung im LWL-Museum Zeche Zollern in Dortmund statt.
Die Bedeutung von Kultureinrichtungen als Fundament einer demokratischen Gesellschaft steht zunehmend im Fokus, insbesondere angesichts der wachsenden Herausforderungen durch antidemokratische Bewegungen und Strömungen. Während Museen Orte des Austausches, der historisch-politischen Bildung und der Begegnung sind, sehen sie sich zunehmend mit Angriffen auf ihre Arbeit, ihre Programme und ihren demokratischen Auftrag konfrontiert.
Die Tagung "Haltung zeigen, Demokratie verteidigen! Museen in Zeiten politischen Drucks" will den Status Quo und die aktuellen Herausforderungen der Kulturarbeit im Spannungsfeld aktueller antidemokratischer Tendenzen reflektieren und als Forum für Wissenstransfer und Vernetzung dienen. Am 14. Und 15.10. stehen im LWL-Museum Zeche Zollern in Dortmund u.a. folgende Fragen im Fokus:
- Wie wirken sich diese Entwicklungen auf die Kunst- und Kulturfreiheit aus? Wie kann und muss Kultur(politik) dem begegnen?
- Wie können Kultureinrichtungen der Instrumentalisierung antidemokratischer Kräfte entgegenwirken?
- Wie können Museen als Orte starker demokratischer Prozesse resilient bleiben und Strategien für den Umgang mit Anfeindungen und Bedrohungen entwickeln?
- Wie politisch kann und soll Kultur-/ und Museumsarbeit überhaupt sein und wie können Museen stärker Haltung zeigen und für demokratische Werte einstehen?
- Welche Rolle spielen (Soziale) Medien in diesen Prozessen?
Die Tagung wird vom Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) gemeinsam mit dem Deutschen Kulturrat, dem Deutschen Museumsbund, dem Institut für Museumsforschung, ICOM Deutschland, dem Museumsverband NRW und dem Landschaftsverband Rheinland organisiert. Gefördert von der LWL-Kulturstiftung.
Zusammen haben die Kooperationspartner:innen ein dichtes Programm mit regionalen und überregionalen Referent:innen, Impulsgeber:innen, Kulturexpert:innen, Kulturschaffenden und Politiker:innen konzipiert. Neben Keynotes und Impulsvorträgen von Expert:innen gibt es eine interaktive Einbindung der Teilnehmer:innen bei partizipativen, handlungsorientierten Formaten wie Workshops, Podiumsdiskussionen und Networking-Möglichkeiten. Geplant ist auch ein kulturelles Begleitprogramm mit einer Kurator:innenführung durch die von der LWL-Kulturstiftung geförderte Sonderausstellung "Das ist kolonial. Westfalens (un)sichtbares Erbe" im LWL-Museum Zeche Zollern und einem anschließenden Get Together.
Wir freuen uns auf Ihre Teilnahme in Präsenz oder über unseren Livestream
Referent:innen
Foren
Führungskräfte unter Druck - Visionen und Haltung in der Krise
Die Rolle des Museums hat sich längst von der Bewahrung und Ausstellung von Kunst und Kulturgütern hin zu einem aktiven gesellschaftlichen Akteur entwickelt. Aktuelle Themen wie Genderfragen, Rassismus, Antisemitismus und Populismus werden im Museum und vor allem im digitalen Raum verhandelt und verändern die Erwartungen, die an Museen gestellt werden. Das verläuft nicht immer friedlich: Störungen, Boykotte und Shitstorms häufen sich, sie bringen das gesamte Team des Museums und insbesondere Führungskräfte unter Druck. Diese müssen bei Krisen und Konflikten den Schutz ihrer Einrichtung sicherstellen, das Wohl ihrer Mitarbeiter:innen gewährleisten und ihre Aufgabe im gesellschaftlichen Diskurs erfüllen.
In Zeiten politischen Drucks wird von innen und außen erwartet, dass Museumsleiter:innen eine klare Haltung einnehmen. Doch was bedeutet das konkret? Wie kann eine Haltung entwickelt und gelebt werden? Im Rahmen des Workshops fragen wir nach der konkreten Rolle von Führungskräften, nach Herausforderungen, Grenzen und Möglichkeiten. Wir diskutieren über digitale Dynamiken, strategische Maßnahmen und konkrete Instrumente um Eskalationen frühzeitig zu erkennen und zu begrenzen.
Mitarbeitende unter Druck - Konflikten entgegentreten im analogen und digitalen Raum
Dieses Forum richtet sich gezielt an Museumsmitarbeitende, die direkten Kontakt und Umgang mit Besuchenden haben, sowie an jene, die den Online-Auftritt des Museums auf Social Media verantworten. Inhaltlich werden Strategien und Techniken vermittelt, um rechtsextreme und antidemokratische Aussagen sowohl bei der direkten Interaktion mit Besucher:innen als auch online entgegenzutreten. Ein Fokus liegt dabei auf Argumentationstraining und dem Umgang mit antidemokratischen Kommentaren auf Social Media. Ziel ist es, den Teilnehmenden zu mehr Sicherheit in Konfliktsituationen zu verhelfen. Durch eine interaktive Gruppenarbeit können die wichtigsten Good Practices abgeleitet und zusammengefasst werden, die dann in den Museen angewendet und an Kolleg:innen weitergegeben werden können.
Demokratisierung von Arbeitsstrukturen in Kulturorganisationen
Wissenschaftliche Untersuchungen des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts der Hans-Böckler-Stiftung (WSI) lassen den Schluss zu, dass rechtsextreme und anti-demokratische Einstellungen unter anderem aus Erfahrungen sozialer Desintegration und zunehmenden Anerkennungsverlusten resultieren können. Insbesondere in Zeiten gesellschaftlicher Umbrüche führen fehlende Teilhabe an Entscheidungsprozessen und kaum vorhandener Einfluss zu einem Gefühl der Ohnmacht und nicht selten dazu, dass sich Menschen zunehmend rechtsextremen Gruppen zuwenden. Kulturinstitutionen sind nicht nur als öffentliche Räume, sondern auch als Arbeitsplatz ein zentraler Ort für Aushandlungen gesellschaftlicher Auseinandersetzungen. Je mehr Mitsprachemöglichkeiten in Arbeitsstrukturen geschaffen und Erfahrungen mit demokratischer Teilhabe gemacht werden, desto seltener neigen Beschäftigte zu anti-demokratischen Einstellungen, so die Forschungen des WSI.
Im Forum 3 hören wir zunächst einen Input von Stephan Anpalagan von der Initiative Demokratie in Arbeit. In einem anschließenden Workshop werden wir mit einem Team aus der Organisationsentwicklung Methoden demokratischer Arbeitsweisen wie teambasierte Entscheidungsfindung kennenlernen und ausprobieren. Gemeinsam versuchen wir also die Möglichkeiten ausloten, demokratische Teilhabeprozesse und soziale Anerkennung in den Arbeitsstrukturen von Kulturinstitutionen zu etablieren, um demokratische Werte zu stärken und zu erhalten.
Zwischen demokratischem Diskursraum und Shitstorm: Debattenkultur & Polarisierung in Sozialen Medien
Aktuelle Kontroversen und gesellschaftspolitische Diskurse werden auch in Kultureinrichtungen verhandelt und ausgetragen - viele dieser Diskurse erstrecken sich auf den digitalen Raum, insbesondere auf Social Media. In kürzester Zeit können dort kleine Themen oder Ereignisse politisiert werden und in eine Krise oder einen Shitstorm umschlagen.
Gleichzeitig ist zu beobachten, dass insbesondere rechtsextreme Kräfte gezielte und sehr erfolgreiche Strategien in den Sozialen Medien verfolgen. Progressive Themen, Projekte, Ausstellungen oder auch Strukturen von Kultureinrichtungen werden von rechtsextremen Kräften diskreditiert, vereinnahmt und für die eigene dauernde Präsenz und Deutungshoheit im Netz genutzt. Demokratische Kultureinrichtungen müssen also einerseits für mögliche Krisenszenarien gewappnet sein. Andererseits Strategien antidemokratischer Kräfte auf Social Media kennen und erkennen lernen.
Gegen den Kulturkampf von rechts: Solidarische Strukturen aufbauen
Der Kulturkampf von rechts hat die Museen erreicht, nicht erst seit Kurzem. Organisierte Rechte skandalisieren progressive Projekte und Programme, die AfD überschwemmt Museen mit Anfragen, ein verschärftes politisches Klima und manche Mandatsträger vor Ort setzen Kulturschaffende gezielt unter Druck.
Museen und ihr Mitarbeitenden stehen dem oft vereinzelt gegenüber. Dabei sind die Vorfälle keine Einzelfälle. Um aber Vereinzelung und der oft einhergehenden Rat- und Hilflosigkeit zu begegnen, gilt es solidarische Strukturen aufzubauen. Organisierte, vertrauensvolle Verbindungen für den Austausch, für Rat und Tat, für gegenseitige Hilfe sind entscheidend, wenn es hart auf hart kommt. Sie tragen dazu bei, dass Museen als demokratische Institutionen im Sinne der ICOM-Definition bestehen können, gerade wenn die politischen Bedingungen und Auseinandersetzungen härter werden.
Ein Ansatz ist das 2021 gegründete Netzwerk Halt!ung. Sein Ziel ist es, politisch motivierte Angriffe auf Museen, Ausstellungshäuser und Kulturschaffende sichtbar zu machen. Der Verein dokumentiert Vorfälle von politischer Einflussnahme auf Museen, von Instrumentalisierung musealer Arbeit sowie von Angriffen auf Museen und Museumsmitarbeitende. Als Anlaufstelle fördert er den kollegialen Austausch sowie die Beratung und die Vernetzung von Betroffenen und Ratsuchenden.
Im Workshop stellt das Netzwerk Halt!ung seine Strategien vor und wir diskutieren gemeinsam, wohin die weitere Arbeit gehen kann. Welche Angebote hat das Netzwerk schon entwickelt? Was wird noch gebraucht, um praktisch wirksam zu werden? Wie kann der Ansatz gestärkt werden? Wer macht mit?
(Prä-)Prävention – Jüdisches Leben kennenlernen, Antisemitismus erkennen
Was bedeutet Jüdisch-Sein? Wie können Sensibilisierung und Wissen helfen, demokratische Antworten auf Diskriminierung zu finden? Können so Haltungen gestärkt oder verändert werden?
Der Workshop ermöglicht mithilfe ausgewählter Materialien und Methoden zunächst eine (erste) Begegnung mit jüdischer Kultur in Geschichte und Gegenwart. Anschließend liegt der Fokus auf dem Umgang mit Antisemitismus: Die Teilnehmenden lernen unterschiedliche Erscheinungsformen und mögliche Handlungsansätze kennen.
Blick in die Praxis: Vorgestellt werden auch Vermittlungsansätze des MiQua. LVR-Jüdisches Museum im Archäologischen Quartier Köln und die Erfahrungen bei deren Einsatz. Die anschließende Diskussion bietet Raum, auf mitgebrachte oder aufkommende Fragen einzugehen.
Der Workshop richtet sich an alle Teilnehmenden ohne oder mit wenig Vorwissen.
Haltungen zeigen.Demokratie erleben. Erfahrungen aus 4 Jahren „Museen als aktive Orte der Demokratie
Museen, so heißt es im Ankündigungstext dieser Tagung, sind in einer Zeit, in der „antidemokratische Strömungen und Bewegungen anwachsen (…) zunehmend mit Angriffen auf ihre Arbeit, ihre Programme und ihren demokratischen Auftrag“ konfrontiert. Was tun? Jedenfalls: sich nicht zurückziehen, sondern am „demokratischen Auftrag“ festhalten! Gerade in Zeiten politischen Drucks und zunehmender Polarisierung braucht eine demokratische Alltagskultur Orte, an denen Menschen auch jenseits eigener Familien- und Freundeskreise, Milieus und digitaler Filterblasen live und als Personen zusammenkommen. Museen können Orte sein, an denen sich Menschen über aktuelle Themen austauschen, an Kontroversen teilhaben, miteinander ins Gespräch kommen und ihre Verschiedenheit aushalten lernen. Das Deutsche Hygiene-Museum in Dresden hat in den letzten vier Jahren mit seinem Verbundprojekt „Museen als aktive Ort der Demokratie“ verschiedene Formate entwickelt, die solche Demokratieerfahrungen ermöglichen sollen. Welche Vorstellung von Demokratie und demokratischem Diskurs hat uns in diesem Projekt geleitet? Was haben wir gemacht? Was haben wir (nicht) erreicht? In dem Forum werden einige der Programme und Maßnahmen aus den Teilprojekten Debattenkulturen und der Community-Arbeit vorgestellt, methodische Ansätze der Konfliktkommunikation und Strategien des Umgangs mit Widerständen diskutiert und das Erreichte auf Basis der Projektevaluation kritisch bilanziert. Außerdem bringen wir Erkenntnisse und Fragen der Dresdner Tagung „offen? kritisch? inspirierend? Museen als aktive Orte der Demokratie“ im September 2024 mit.
Wann?
14. und 15. Oktober 2024
Programm am 14. Oktober von 10:00 bis 17:00 Uhr
Programm am 15. Oktober von 9:30 bis 13:00 Uhr
Wo?
Anmeldung
Die Anmeldung für die digitale Teilnahme und für eine Teilnahme in Präsenz erfolgt ausschließlich über ein Online-Tool.
Die Teilnahme an der Veranstaltung ist kostenfrei.
Unterkunft
Für die Übernachtung vom 14. auf den 15. Oktober haben wir für unsere Tagungsgäste Zimmerkontingente in bahnhofsnahen Hotels in Dortmund reserviert. Die Zimmer können Sie zu einem Sondertarif direkt selbst buchen und bezahlen. Das Zimmerkontingent ist begrenzt, daher empfehlen wir eine zeitnahe Buchung.
Kampstraße 102
44137 Dortmund
89 € (Kingsize) oder 99 € (Doppelzimmer), inkl. Frühstück
Buchung über dieses Formular.
Königswall 1
44137 Dortmund
108,45 € (Suite Double), , inkl. Frühstück
Buchung über diesen Link.