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Cover der Broschüre mit dem Titel: Kulturpolitisches Konzept - Gemeinsam entwickelt. Gemeinsam gelebt. Das "Kulturpolitische Konzept" des LWL.

Kulturpolitisches Konzept

Das „Kulturpolitische Konzept“ ist die Antwort der LWL-Kultur auf die großen Herausforderungen der nächsten Jahre. Das Dokument soll einen Beitrag leisten zu einer nachhaltigen kulturellen Entwicklung Westfalen - Lippes im nationalen wie im internationalen Kontext. Dabei wurden nicht nur die LWL-Museen betrachtet, sondern alle LWL-Kultureinrichtungen, also auch die Kulturdienste, sowie die wissenschaftlichen Kommissionen.

Das Konzept nimmt ebenfalls eine Innenbetrachtung vor und setzt sich mit neuen Herausforderungen an Mitarbeiter*innen auseinander, die sich z.B. aus der digitalen Transformation ergeben. Ebenso werden Bedürfnisse von Mitarbeiter*innen in den Blick genommen, wie z.B. der Wunsch nach mobilen Arbeitsmöglichkeiten. Das Ergebnis ist eine kritische und realistische Analyse der aktuellen Situation sowie eine Einschätzung der künftigen Chancen und Risiken. Es enthält aber auch die Entwicklung von Ideen, wie die kulturellen Dienste und Einrichtungen des LWL mit den Herausforderungen der kommenden Jahre Schritt halten können.

In zehn Punkten wurden die kulturpolitischen Ziele definiert. Die sich daraus ergebenden Aktionen werden - nach Abstimmung mit der Politik – umgesetzt, um eine nachhaltige Entwicklung der Kultur in Westfalen-Lippe zu unterstützen.
 

Das "Kulturpolitische Konzept" des LWL

Vorwort

"Unser Kulturpolitsches Konzept - lebendig, flexibel und offen"

Die Kultur und ihre Rahmenbedingungen haben in den letzten Jahren einen enormen Wandel erlebt. Das Publikum, die Museen mit ihren Ausstellungen und Angeboten, das Marketing, die Ansprüche
der Zielgruppen, die Digitalisierung und vieles mehr hat sich im Vergleich zum Jahr 2000 nicht nur weiterentwickelt, sondern teilweise radikal verändert.

Die LWL-Kultur hat ein neues Kulturpolitisches Konzept entwickelt, das auf Bestehendem und Bewährtem basiert, aber die Neuerungen in den Blick genommen und geprüft hat. Regionaler Bezugspunkt ist dabei stets die Region Westfalen-Lippe. Hier finden sich die Fundamente, die das positive Verhältnis der Menschen zu ihrer Heimat und ihrer Herkunft vermitteln. Gleichzeitig richten wir den Blick auf die Bezüge zum Rest der Welt und die aktuellen Entwicklungen in Gesellschaft und Politik. Das Ergebnis ist eine kritische und realistische Analyse der aktuellen Situation, eine Einschätzung der künftigen Chancen und Risiken und natürlich nicht zuletzt die Entwicklung von Ideen, wie wir mit den Herausforderungen der kommenden Jahre Schritt halten können.

Das Konzept versteht sich nicht als statischer Handlungsleitfaden mit Gültigkeit für die nächsten Jahre. Vielmehr soll es flexibel und offen sein und sich immer wieder in regelmäßigen Abständen mit
dem gesellschaftlichen Umfeld auseinandersetzen. Regelmäßige Evaluierungen und Standortbestimmungen sind vorgesehen, um das Konzept zu justieren und aktuell zu halten.

Wir verstehen das Kulturpolitische Konzept als lebendiges Dokument, das zur Diskussion anregen soll. Nur im ständigen Austausch mit allen Akteuren kann es gelingen, auf der Höhe der Zeit zu sein
und kulturelle Angebote und Serviceleistungen zu schaffen, die für jeden und jede etwas bieten.

Im kontinuierlichen Dialog mit der Politik werden wir in den nächsten Jahren konkrete Vorschläge entwickeln und umsetzen.

Die ausgewogene kulturpolitische Entwicklung unserer Region liegt uns am Herzen und wir möchten mit diesem Konzept dazu beitragen, die Zukunft gemeinsam mit allen Beteiligten zu gestalten.

Dr. Barbara Rüschoff-Parzinger                           Matthias Löb

LWL-Kulturdezernentin                                             LWL-Direktor

 

„Mit Politik kann man keine Kultur machen, aber vielleicht kann man mit Kultur Politik machen“.

Dieser Satz von Theodor Heuss kann als richtungsweisend verstanden werden für die Arbeit des LWL-Kulturausschusses. Die ausgewogene kulturelle Entwicklung unserer Region ist Richtschnur unseres Handelns. Dabei gilt es, vielfältige Aspekte im Blick zu halten. Die sich ändernden demographischen Parameter, die digitale Transformation aber auch neue Ansprüche an Inhalte und Darstellung von kulturellen Angeboten, treffen heute auf den Wunsch, die Geschichte zu bewahren und sich mit seinen Ursprüngen auseinanderzusetzen. Ländliche Räume sind ebenso ständigen Umstrukturierungen unterworfen, wie die Entwicklung der Städte.

In diesem Sinne können Kultur und Politik sich ergänzen. Die Entscheidung, Kindern und Jugendlichen nicht nur freien Eintritt in die LWL-Museen zu ermöglichen, sondern auch die Fahrtkosten im Rahmen eines Mobilitätsfonds zu finanzieren, kann in mehrfacher Hinsicht für die Zukunft bedeutsam sein. Sie ermöglicht nicht nur den Abbau der Hemmschwelle eines „Museums für Privilegierte“. Sie kann vielmehr zu einer soliden Basis kulturellen Interesses werden, wenn Kinder und Jugendliche später wiederum mit ihren Kindern in ein Museum gehen, weil sie gute Erinnerungen damit verbinden. Kultur ist aber auch ein Wissensspeicher, wenn es um Medien, Bilder, Denkmäler oder die Forschung geht. Dieses geballte Wissen gilt es langfristig zu sichern und zu bewahren und für die Menschen zugänglich zu machen.

Dies sind nur zwei Beispiele, bei denen strategisches und visionäres Denken erforderlich sind, wenn wir einen Beitrag leisten wollen zu einer nachhaltigen kulturellen Entwicklung Westfalen-Lippes im nationalen wie im internationalen Kontext.

Das Kulturpolitische Programm, das von Verwaltung, Politik und Kulturakteur*innen gemeinsam entwickelt wurde, ist dafür eine verlässliche Basis. Es gibt uns das Rüstzeug, um auch in den nächsten
Jahren dafür zu sorgen, dass der LWL Maßstäbe mit seinen vielfältigen kulturellen Angeboten setzen kann und alle teilhaben lässt.

Dieter Gebhard                                         Karl Dittmar                                                                                                         
Vorsitzender der                                         stellv. Vorsitzender des
Landschaftsversammlung                         LWL-Kulturausschusses  
Westfalen-Lippe                                  

 

Part I - Gemeinsam entwickelt. Gemeinsam gelebt.

Das „Kulturpolitische Konzept“ des LWL – ein Überblick

Abbildung: On Water:Ein Kunstwerk von Ays¸e Erkmen bei den Skulptur Projekten 2017, Foto: LWL, BOK+Gärtner GmbH/R. Borgmann

Das „Kulturpolitische Konzept“ ist die Antwort der LWL-Kultur auf die großen Herausforderungen der nächsten Jahre. Denn während sich die Lebensumfelder der Menschen in Westfalen-Lippe verändern, Städte und ländliche Räume teils ganz unterschiedliche Entwicklungen nehmen, Ressourcen knapper oder neu verteilt werden und die digitale Transformation bekannte Kommunikations- und Arbeitsmuster vor neue Herausforderungen stellt, bleiben die Erwartungen an die LWL-Kultur groß: Die kommunale Familie schätzt und nutzt Netzwerke und Expertise des LWL, ehrenamtlich engagierte Bürger*innen in der Region erwarten Begleitung und Unterstützung und die Kulturinstitutionen müssen immer neue Wege finden, um die Menschen mit Themen und Angeboten zu erreichen.

In einem breiten Beteiligungsprozess hat sich die LWL-Kultur diesen Entwicklungen und Erwartungen gestellt und mit dem „Kulturpolitischen Konzept“ einen umfassenden Ausblick auf notwendige und zu erwartende Veränderungen zusammengestellt. Dabei ging es nicht um eine vollständige Standortbestimmung, sondern um wichtige Akzente in den Bereichen, in denen sich große Entwicklungslinien abzeichnen oder vonnöten sind und eine zukunftsgerichtete Vision vom künftigen Wirken der LWL-Kultur. Dazu gehört auch, die großen überregionalen kulturpolitischen Diskussionen mitzugestalten und zu bereichern.

Die Notwendigkeit, verstärkt in Netzwerken zu arbeiten, ist dabei ein verbindendes Element. Die LWL-Kultur wird vorhandene Kompetenzen durch Netzwerke und gegenseitige Unterstützung stärken. Dies fördert die kulturelle Infrastruktur in den Kommunen ebenso wie die so wichtige konzeptbasierte Kulturpolitik. Erweiterte Serviceleistungen des LWL bei der Ermittlung der kulturfachlichen Potenziale und das Konzept der „kulturfachlichen Knotenpunkte“ sorgen dafür, dass die Kultur überall in Westfalen-Lippe gemeinsam mehr erreicht, als es die Akteure*innen einzeln vermögen.

Dazu kann auch die überall stattfindende digitale Transformation beitragen. Sie erfordert in der Kultur aber auch die intensive Beschäftigung mit der digitalen Sicherung, Erschließung und Verknüpfung der vielfältigen Sammlungsbestände, sowie die Entwicklung digitaler Präsentations- und Vermittlungsformen. Dazu entwickelt die LWL-Kultur ein Gesamtkonzept mit individuellen Strategien für die einzelnen Kultureinrichtungen. So kann in Zukunft das gesamte durch die LWL-Kultur administrierte kulturelle Erbe als eine große Exponat- und Wissensquelle mit allen thematischen Querverbindungen zwischen den Institutionen und Museen sichtbar werden.

Dies bringt auch neue Anforderungen und Arbeitsbereiche für Mitarbeiter*innen in der LWL-Kultur mit sich, die über vielfältigere Kompetenzen im nachhaltigen und strukturierten Einsatz digitaler Medien verfügen müssen. Eine engere Einbeziehung der verschiedenen Expert*innen in die Erarbeitung von Abläufen und Konzepten kann die Attraktivität des Arbeitsumfeldes ebenso steigern, wie die Servicequalität in den Museen und Kultureinrichtungen. Notwendig sind dazu sich zeitgemäß verändernde berufliche Qualifikationen und Tätigkeitsfelder. Denn die Museen müssen mit vielfältigen Maßnahmen bestehende Besucher*innen binden und neue Interessent*innen mit ihren jeweils individuellen Interessen erschließen. Ein Museumsverband NRW zur Stärkung und Unterstützung der Häuser ist deshalb ebenso notwendig, wie Kooperationen zur besseren Nutzung personeller und finanzieller Ressourcen, sowie die Unterstützung der Museen in kommunaler und ehrenamtlicher Trägerschaft durch fachliche Beratung und Begleitung.

Die inhaltlichen Herausforderungen sind dabei in vielen kulturellen Bereichen ähnlich. Am Beispiel der Industrie- und Freilichtmuseen sowie der Literatur lässt sich erkennen, wie wichtig die Ansprache neuer Interessent*innen und die Umsetzung neuer Formen der Präsentation ist, damit der LWL seine Rolle als Vorreiter und Impulsgeber auch für andere Kulturakteure*innen behält. Dazu werden sich die LWL-Institutionen für neue Besucher*innengruppen öffnen, digitale Formen der Kulturproduktion und -vermittlung entwickeln und die Zusammenarbeit mit verschiedenen Kulturakteur* innen intensivieren.

Im Fall der Erinnerungsorte bedeutet dies auch, bestehende Erinnerungsorte zu stärken, neue Themen aus der jüngeren Geschichte aufzugreifen und die Menschen in Westfalen-Lippe zu ermutigen, ihre Themen, Erfahrungen und Vermittlungsformen in die Geschichtskultur ihrer Region einzubringen. Die Erinnerungsorte können so teilweise überregionale und sogar bundesweite Strahlkraft entwickeln. Dafür bekommen Städte, Kreise, Kommunen und Vereine Unterstützung durch die Expertise der LWL-Kultur. Die erfolgreiche Beratung der Planungspartner*innen in den Gemeinden, Städten und Kreisen sowie im Bereich der ehrenamtlich und freiberuflich Tätigen im Sinne des Erhalts des paläontologischen, archäologischen und baulichen Erbes sowie der Bau- und Landschaftskultur, wird die LWL-Kultur fortsetzen und dabei stets die Bedeutung einer fachlich unabhängigen Beratung betonen. Die Aufgabe der Fachleute der LWL-Kultur ist es dabei, Öffentlichkeit, Fachwelt, Verwaltung und Politik umfassend zu informieren und für die Notwendigkeit verlässlicher Rahmenbedingungen für den Erhalt des materiellen und immateriellen Erbes zu werben.

Während schon heute die Berücksichtigung von Menschen mit Behinderungen in der Planung von Ausstellungen und in der thematischen Auswahl eine wichtige Rolle spielt, werden sich die Kultureinrichtungen des LWL sowie die Vermittlungsformen noch stärker auf die Bedürfnisse der Menschen egal welcher Herkunft, Bildung oder sozialen Zugehörigkeit ausrichten. Wer völlig neue Interessent*innen und vor allem junge Menschen für die Kultur begeistern will, muss Gestaltungsräume schaffen und Erfolgserlebnisse ermöglichen. Dies kann durch eine gemeinsame Arbeit von LWL-Institutionen und Bildungsinstitutionen an der Vermittlung von Wissen und Kompetenzen gelingen. Mit erfolgreich und auf Augenhöhe angesprochenen Kindern und Jugendlichen gewinnen wir heute die Museumsbesucher*innen von morgen.

Dabei richtet sich die LWL-Kultur generell an jeden Menschen in Westfalen-Lippe, unabhängig von Herkunft, Alter oder Geschlecht. Diversität findet sich allerdings nicht nur in den Zielgruppen. Die Perspektiven unterschiedlicher Identitäten fließen auch ganz unmittelbar in Ausstellungen oder Veranstaltungen ein. Dazu arbeiten wir auch mit Themen, deren Bedeutung über die Grenzen der Region hinausreicht, die so spezifische Zielgruppen ansprechen.

Die vielfältige Kompetenz, die in den Institutionen und Kulturdiensten des LWL versammelt ist, ist in der Fachwelt anerkannt. Diese Expertise kann aber durch eine gezielte Darstellung nach außen noch sichtbarer werden. Der Stellenwert der LWL-Kultur im regionalen, nationalen und internationalen Kontext wächst damit. Von dieser zusätzlichen Strahlkraft profitiert auch die Kulturarbeit anderer Träger in Westfalen-Lippe.
Mit gezieltem und auf die vielfältigen individuellen Interessen der Menschen abgestimmtem Marketing auf erprobten und neuen, analogen und digitalen Kanälen kann die LWL-Kultur diese Expertise dazu nutzen, Debatten zu gestalten und ihre Angebote und Themen auf besondere Weise einer breiten Öffentlichkeit näherzubringen. Dabei steht künftig die Darstellung positiver Erfahrungen der Besucher*innen selbst im Mittelpunkt. Die LWL-Kultur nimmt auch ihre Rolle als Anbieter touristischer Aktivitäten in Westfalen-Lippe wahr.

Chancen für eine größere Wahrnehmung bieten auch die gut etablierten Kulturpreise des LWL, die sich künftig in einer wachsenen bundesweiten Preislandschaft behaupten müssen. Eine Ausweitung de Auswahlkriterien für dei großen LWL - Kulturpreise und die Verknüpfung der Preisvorgaen mit dem Kulturleben in Westfalen-Lippe, schaffen Potential für die notwendige Weiterentwicklung.
Eine Stärkung der spartenübergreifenden Förderungen durch den LWL und eine Hinwendung zu neuen und experimentellen Ausdrucks- und Vermittlungsformen in der Kultur unterstützen die innovative Kulturszene in Westfalen-Lippe und bringen Ideen und Strukturen auch der freien Kulturszene in die breite Wahrnehmung. Die „Kulturpolitischen Ziele“ des LWL bilden dabei den Rahmen von künftigen Förderkriterien.

Die im „Kulturpolitischen Konzept“ thematisierten Entwicklungsprozesse treffen auch die Gemeinden,Städte und Kreise. Die Rolle der LWL-Kultur als Service- und Beratungspartner sowie bei der Unterstützung des semiprofessionellen und ehrenamtlichen Engagements wird damit umso wichtiger. Die bereits laufenden Kulturplanungsprozesse bilden mit der konzeptbasierten Entwicklung der Kultur überall in Westfalen-Lippe einen wichtigen Beitrag zur Sicherung der kulturellen Angebote vor Ort.

Das „Kulturpolitische Konzept“ ist Richtschnur für notwendige Entwicklungsprozesse der nächsten Jahre und orientiert sich dabei an den klar definierten „Kulturpolitischen Zielen“ des LWL. Es bildet auch die Basis für eine weiterhin starke und nachhaltige Teilnahme der LWL-Kultur an den großen kulturpolitischen Debatten der Zeit.

Die Kulturpolitischen Ziele des LWL:

1) Das kulturelle Erbe in seiner Vielfalt bewahren, gestalten und vermitteln.

2) Jedem Menschen in Westfalen-Lippe Partizipation an Kultur ermöglichen.

3) Kinder und Jugendliche für das Kulturleben begeistern, ihnen Gestaltungsräume anbieten und Erfolgserlebnisse ermöglichen.

4) Kulturvermittlung ausbauen, neue Formen und Formate entwickeln.

5) Die Ausgleichsfunktion mit den Service- und Unterstützungsleistungen für das Kulturleben in den Kommunen stärken und weiterentwickeln.

6) Die Sprecherrolle für die Kultur in Westfalen-Lippe wahrnehmbar ausüben und die Sichtbarmachung der kulturellen Landschaft in Westfalen-Lippe verbessern.

7) Die Entwicklung kultureller Lebensqualität in den ländlichen Regionen nachhaltig unterstützen.

8) Kultur in Westfalen-Lippe digital sichern, erschließen, vermitteln und vernetzen.

9) Netzwerke und Kooperationen fördern und ausbauen - regional, national und international.

10) Freiräume für Neues ermöglichen.

Part II - Gemeinsam neue Wege gehen

Wie das "Kulturpolitische Konzept" entstanden ist

Wenn ein „Kulturpolitisches Konzept“ die Kraft haben soll, die notwendigen Entwicklungslinien der Kulturpolitik im Landschaftsverband Westfalen- Lippe zu beschreiben und eine Basis für die Entwicklungsprozesse der nächsten Jahre zu bilden, dann müssen viele Impulse und viel Sachverstand in den Erarbeitungsprozess einfließen:
Fachliche Expertise aus den Abteilungen und der kulturellen und kommunalen Landschaft, eine strategische Planung des Dezernats und die Impulse der gewählten politischen Vertreter*innen in den zuständigen LWL-Gremien.

Für das aktuelle „Kulturpolitische Konzept“ ist das LWL-Kulturdezernat deshalb einen völlig neuen Weg gegangen und hat alle wichtigen Akteure von Beginn an eingebunden: die Mitglieder des Kulturausschusses, die Kooperationspartner*innen in den Kommunen und den Organisationen des Kulturlebens, Kulturschaffende und Kulturförderer, Kinder und Jugendliche, sowie die Kulturfachleute in den Museen, Beratungsdiensten und dem Kulturdezernat selbst. Ihre Einschätzungen für die zukünftigen Rahmenbedingungen für das Kulturleben, ihre Erwartungen an die Kulturarbeit und die Serviceleistungen des LWL sowie ihre Bewertung besonderer Probleme der Kulturarbeit trug eine groß angelegte Befragung zusammen. Speziell konzipierte Fragebögen wurden dazu an die Mitglieder des LWL-Kulturausschusses, die Leitungen der LWL-Kultureinrichtungen, Ansprechpartner*innen aus den Kulturplanungsprozessen im Rahmen des Projekts „Kultur in Westfalen“ und die Mitgliedskörperschaften versandt. Diese Fragebögen wurden evaluiert und zur Grundlage eines ersten Workshops am 8.2.2017 gemacht. Zu dieser Veranstaltung wurden alle Teilnehmern*innen der Fragebogenaktion aus dem LWL- Kulturdezernat, den LWL-Kultureinrichtungen, dem LWL-Kulturausschuss, den Kulturplanungsprozessen im Rahmen des Projekts „Kultur in Westfalen“ und den Mitgliedskörperschaften eingeladen. Die Ergebnisse aus den Diskussionen dieses Workshops wurden evaluiert und flossen in die weiteren Beratungen zu diesem „Kulturpolitischen Konzept“ ein. Auch die Perspektive der Kinder und Jugendlichen wurde einbezogen. An einer Fragebogenaktion in Schulen beteiligten sich 1400 junge Menschen aus Westfalen-Lippe und brachten ihre Gedanken zur Kultur in den konzeptionellen Prozess mit ein.

Auf diese Weise floss ein großes Spektrum an Problemsichten, Vorschlägen und Bedarfen in das neue „Kulturpolitische Konzept“ ein.

Eine weitere wichtige Grundlage stellen die Ergebnisse der Kulturagenda Westfalen dar, in der eine Vision für das Kulturleben, Handlungsschwerpunkte und mittlerweile über zwei Dutzend kommunale Kulturplanungen erarbeitet wurden. Sie weisen inhaltlich eine hohe Übereinstimmung mit den Ergebnissen der Befragungen im Rahmen der Neubearbeitung des „Kulturpolitischen Konzeptes“ auf.

Die politischen Vertreter*innen im LWL waren in Person der Mitglieder des Kulturausschusses jederzeit eng in die Entstehung und inhaltliche Gestaltung einbezogen und konnten sich frühzeitig einbringen.

Die LWL-Kultur leitet mit diesem Konzept einen Neuorientierungsprozess ein und beschäftigt sich aktiv mit den bedeutenden Herausforderungen der Zukunft. Mit Blick auf sich verändernde Zielgruppen, personelle und finanzielle Ressourcen sowie gesellschaftliche Erwartungen definiert das „Kulturpolitische Konzept“ Schwerpunkte und Ziele und zeigt die Wege dorthin auf.

Die künftigen Veränderungen in der Gesellschaft und der kulturellen Landschaft sind jedoch heute nicht vollständig absehbar. Deshalb versteht das LWL- Kulturdezernat dieses „Kulturpolitische Konzept“ als Startpunkt für einen dynamischen Entwicklungsprozess, der auch durch eine intensivere Wahrnehmung und Gestaltung von kulturpolitischen Debatten, begleitet durch eine eigene Stelle im LWL-Kulturdezernat, fortgeführt wird. Durch zielgerichtete Evaluationen wird das Konzept zudem in der Zukunft überprüft, mit bestehenden Veränderungsprozessen abgeglichen und an neue Herausforderungen angepasst.
 

Theaterprojekt „100% junge Kultur“ – in Kooperation mit Mensch: Theater! und der LWL-Kulturabteilung.

Aus dem Workshop ins Konzept: Mit dem Theaterprojekt „100% junge Kultur“ haben die Theaterpädagogen*innen des freien Tourneetheaters „Mensch: Theater!“ gemeinsam mit zwei Jugendgruppen aus LWL-Einrichtungen für Menschen mit Behinderungen und einem sozial schwierigen Umfeld gezeigt, wie sich Mädchen und Jungen heute völlig unvoreingenommen der Kultur nähern können. In mehreren Workshopeinheiten erforschten die Theaterpädagogen*innen im Auftrag der LWL-Kultur über den Zeitraum Januar bis Juni 2018 gemeinsam mit den Teilnehmern*innen deren Verständnis von Kultur und gestalteten dazu Performances. Diese zeigten deutlich: Um ein junges Publikum zu erreichen, müssen inhaltliche Ausrichtungen und Präsentationsformen in den Museen und Kultureinrichtungen völlig neu gedacht werden.

Part III - Orte mit Geschichte, Museen in Bewegung und Expertise für die Region

Eine Bestandsaufname der LWL - Kultur

Mit einem vielfältigen und deutschlandweit einzigartigen Ensemble aus Museen, Instituten, Einrichtungen, wissenschaftlichen Kommissionen und Dienstleistungen zeigt der LWL ein breitgefächertes Kulturangebot, das von der Industriekultur bis zum Handwerk, von Malerei und Skulpturen bis zur Naturkunde, von der Archäologie bis zum Archivwesen, zu Bauten und Denkmälern reicht.
So erhält, fördert und erweitert die LWL-Kultur das kulturelle Erbe in Westfalen-Lippe und arbeitet an einem ausgeglichenen kulturellen Angebot in den Regionen.

Das Netzwerk der LWL-Kultur mit 18 Museen, sechs Kulturdiensten, sechs Kommissionen, zwei Besucherzentren und dem „Burg Hülshoff – Center for Literature“ unter dem Dach des LWL-Kulturdezernats stellt eine Kraft dar, die für die geschichtlichkulturelle Identität Westfalen-Lippes einen originären Beitrag leistet. 1,55 Millionen Besucher*innen jährlich erleben in den Museen und Einrichtungen des LWL faszinierende Dauer- und Sonderausstellungen, beeindruckende Kultur- und Baudenkmäler oder immer wieder überraschende Sammlungen – westfälisches Kulturerbe zum Anfassen. 680 Museen anderer Träger profitieren in ganz Westfalen von der Expertise und der fachlichen Begleitung durch die Experten*innen des LWL.

Dazu arbeiten mehr als 700 Mitarbeiter*innen der LWL-Kultur aus etwa 100 unterschiedlichen Berufen eng zusammen und stellen ihr Fachwissen in unterschiedlichen Themenbereichen zur Verfügung.

Diese für Westfalen unverzichtbare kulturelle Landschaft entwickelt sich kreativ und zielstrebig fort.

Mit ihren Einrichtungen schafft und koordiniert die LWL-Kultur eine flächendeckende kulturelle Infrastruktur mit umfassenden Dienstleistungen.
Die LWL-Museen sammeln, bewahren, erforschen und vermitteln auf den Gebieten Archäologie, Handwerk und Technik, Industriekultur, Klosterkultur, Kunst, Naturkunde und Volkskunde. Die Kulturdienste beraten und fördern, sichern und erschließen die Bereiche Paläontologie, Archäologie, Baudenkmalpflege, Archivwesen, Regionalgeschichte, Museumswesen und Medien. Die sechs wissenschaftlichen Kommissionen bilden ein effizientes Instrument der regionalen Landesforschung auf den Feldern Geographie, Archäologie, Geschichte, Literatur, Mundart- und Namenforschung sowie Volkskunde. Sie forschen und dokumentieren, zudem vernetzen sie haupt- und ehrenamtliche Fachleute in Westfalen-Lippe und darüber hinaus. Das LWL- Kulturdezernat bündelt und steuert die Arbeit der Kultureinrichtungen und vertritt deren Belange. Es fördert Kultur in den Bereichen Theater, Musik, Literatur und bildende Kunst sowie internationale Kulturpartnerschaften. In seiner Rolle als Fürsprecher für die „Kultur in Westfalen“ initiiert und koordiniert es westfalenweite Projekte.
Die LWL-Kultur versteht sich als Kulturdienstleister für Bürger*innen, für Kreise, Städte und Gemeinden in Westfalen-Lippe und als Interessenvertreterin der Kultur und der Kulturschaffenden. Sie vernetzt Ideen, Personen, Projekte und Institutionen– regional, national und international. Dabei bewegt sie sich mit ihren Leistungen in allen Kultursparten. Sie ist die einzige Anbieterin mit dieser Vielfalt an Aufgaben in ganz Westfa-len-Lippe und versteht sich als Bewahrerin des kulturellen Erbes und als Ansprechpartnerin und Förderin für Kulturschaffende. Damit wirkt der LWL zugleich als Akteur des Kulturwandels und als Kulturbotschafter für heutige sowie für die zukünftigen Generationen und bezieht gesellschaftliche Entwicklungen frühzeitig ein. Projekte und Ergebnisse dieser Arbeit wirken damit über die Gegenwart hinaus auch in die Zukunft.

Die LWL - Kultur im Einzelnen: Die Museen

LWL-Museum für Naturkunde
Westfälisches Landesmuseum mit Planetarium:


Das „LWL-Museum für Naturkunde – Westfälisches Landesmuseum mit Planetarium“ besteht aus dem naturkundlichen Landesmuseum in Münster mit integriertem Großplanetarium (255 Sitzplätze), dem Besucherzentrum auf dem Kahlen Asten (Hochsauerlandkreis) sowie dem Bildungs- und Forschungszentrum am Heiligen Meer bei Recke (Kreis Steinfurt). Das Museum zeigt auf einer Fläche von rund 4.200 Quadratmetern verschiedene Sonder-und Dauerausstellungen, die im Hause konzipiert, gestaltet und produziert werden. Wichtige Aufgaben des Museums sind Erhalt, Pflege, Dokumentation und Erweiterung der naturkundlichen Landessammlungen sowie die naturkundliche Landeserforschung Westfalen-Lippes. Die Wissenschaftler*innen des Museums leisten auch Service für die vielfältigen Aktivitäten ehrenamtlich forschender Naturkundler*innen in Westfalen-Lippe. Dabei kommen neue Formate wie Online-Atlanten oder Beobachtungsmeldung per App zum Einsatz. Das Museum ist mit der paläontologischen Bodendenkmalpflege für Westfalen-Lippe betraut und arbeitet hier eng mit der LWL-Archäologie für Westfalen zusammen.
Abbildung: LWL - Museum für Naturkunde
Foto: LWL / Steinweg
 

LWL-Museum für Naturkunde
Bildungs- und Forschungszentrum Heiliges Meer:

Das LWL-Museum für Naturkunde betreibt am Heiligen Meer bei Recke (Kreis Steinfurt) ein Bildungs- und Forschungszentrum. Hier werden naturwissenschaftliche Kurse für Schüler*innen und Student*innen sowie offene Kurse für alle Interessierten zu vielfältigen Themen rund um die heimische Biodiversität und die heimischen Lebensräume angeboten. Das Naturschutzgebiet „Heiliges Meer“ ist seit dem Jahr 1927 im Besitz des Landschaftsverbandes und wird durch die Mitarbeiter*innen des Bildungs- und Forschungszentrums betreut. Das Gelände dient als Lehrgelände für das Kursprogramm, sowie als intensives Forschungsgebiet.
Abbildung: Bildungs- und Forschungszentrum Heiliges Meer
Foto: LWL / Steinweg

 

LWL-Museum für Archäologie
Westfälisches Landesmuseum:


Das LWL-Museum für Archäologie ist das zentrale Schaufenster der Bodendenkmalpflege in Westfalen und materieller Spiegel der Menschheitsgeschichte dieser Region. Eine unterirdisch angelegte Grabungslandschaft offenbart die Geschichte der Menschheit in der Region so, wie sie die Archäologen*innen auf einer archäologischen Ausgrabung im Boden vorfinden: Schicht für Schicht geben die Funde große Ereignisse und prägende Phasen in der Entwicklung des Menschen und seiner Kultur preis. Die Ausstellung führt durch die Bodenzeugnisse der Menschheitsgeschichte, vorbei an Gräbern der Bronzezeit und römischen Brunnen, durch ein Erdwerk der frühen Bauern*Bäuerinnen und eine Kirche der frühen Christ*innen, durch Höhlen der Neandertaler*innen und eine mittelalterliche Stadt. Den existentiellen Lebensbereichen des Menschen – Klima, Zeit, Schrift und Sexualität – sind eigene Räume gewidmet, die Grabungszelten nachempfunden sind. Im Forscherlabor können die Gäste nachvollziehen, mit welchen detektivischen Methoden Wissenschaftler*innen die Spuren aus der Vergangenheit entschlüsseln. Jährlich eröffnet das LWL-Museum den „Blick in die Welt“ durch interdisziplinär aufgearbeitete Sonderausstellungen zu außergewöhnlichen Themen. Seit 2013 können Besucher*innen oder Schulklassen im Außengelände des Museums auch selbst zur Schaufel greifen. Das GrabungsCAMP lädt als inszenierte Grabungslandschaft ein zu einer Mitmach-Ausgrabung für Kinder, Jugendliche und Erwachsene.
Abbildung: Keramikinstallation / LWL-Museum für Archäologie
Foto: BOK + Gärtner GmbH / Roland Borgmann

 

LWL-Römermuseum:

In Haltern am See, wo sich vor 2.000 Jahren einer der wichtigsten Militärkomplexe der Römer befand, steht auf einem intensiv erforschten Militärstützpunkt
aus der Zeit des Kaisers Augustus heute das LWL-Römermuseum und lässt Besucher*innen diese Zeit auf individuelle Weise entdecken. Dazu zeigt das Museum über 1.200 Original-Exponate aus dieser Zeit und informiert über das Leben der Legionäre.

In unmittelbarer Nähe zum Museumsgebäude lässt die „Römerbaustelle Aliso” das frühere „Westtor“ wieder sichtbar werden, wo die Archäolog*innen Standspuren der Pfosten im Boden nachgewiesen haben. Auch Teile der dortigen Holz-Erde-Mauer mit ihren vorgelagerten Spitzgräben wurden am historischen Standort rekonstruiert. Neben der laufenden Ausstellung sind die alle zwei Jahre stattfindenden Veranstaltungen „Römertage“, an denen das Leben der Römer*innen hautnah erlebbar wird, regelmäßig besondere Besucher*innenmagnete.
Abbildung: LWL - Römermuseum
Foto: Prahl-Recke

 

LWL-Museum in der Kaiserpfalz:

Das Museum in der Kaiserpfalz zeigt die Geschichte der Pfalz Karls des Großen aus dem späten 8. Jahrhundert, deren Überreste 1964 bei archäologischen Grabungen nördlich des Domes entdeckt wurden, sowie das Mauerwerk der Pfalz Heinrichs II. aus dem 11. Jahrhundert. In einem Wiederaufbau dieser Anlage befindet sich seit 1978 das Museum mit einzigartigen Funden aus Paderborn und Westfalen des 6. bis 12. Jahrhunderts. Das Museum zeigt die Geschichte Karls des Großen in Paderborn, ihre Einbettung in die Geschichte Westfalens und des Reiches. Originale Funde wie Urnen, Münzen, Schmuckstücke oder Töpferwaren lassen die Zeit des Frühmittelalters, der Karolinger, Ottonen und Salier in Westfalen wieder lebendig werden. Ein weiterer Schwerpunkt ist die Epoche Bischof Meinwerks, der die Pfalz, in der heute das Museum untergebracht ist, im 11. Jahrhundert neu errichtete. Auch die Entstehung der Stadt Paderborn von der Kaiserzeit bis zum 13. Jahrhundert, wird anhand der Funde und Ergebnisse der Stadtarchäologie Paderborn anschaulich erläutert. Neben den Dauerausstellungen über die Paderborner Pfalzen und das Königtum, die Geschichte Westfalens im frühen Mittelalter, sowie die regelmäßig aktualisierte Schau zur Archäologie der Stadt Paderborn werden jährlich wechselnde Sonderausstellungen angeboten.
Abbildung: LWL-Museum in der Kaiserpfalz
Foto: LWL

 

Stiftung Kloster Dalheim
LWL-Landesmuseum für Klosterkultur:


Die Stiftung Kloster Dalheim. LWL-Landesmuseum für Klosterkultur ist Deutschlands einziges Landesmuseum für klösterliche Kulturgeschichte und wird gemeinsam vom LWL und der Stiftung Kloster Dalheim getragen. Ausgehend von der Geschichte des Ortes macht das Museum seit 2007 Klosterleben und -kultur auf innovative Weise erlebbar. Von den spätantiken Wüstenvätern bis in die Gegenwart zeichnet die Dauerausstellung im Obergeschoss das Bild einer Kultur, die durch ein Leben in Verzicht und Stille gekennzeichnet ist, zu der aber dennoch mehr gehört, als die Entsagung vom Weltlichen. In den Sonderausstellungen werden die wenig bekannten Seiten der Klosterkultur ins Licht gerückt. Die raumübergreifende Darstellung klösterlicher Kultur reicht in Dalheim von den Ausstellungsräumen über den mittelalterlichen Kern der Klosteranlage bis hinaus auf das Außengelände. 2010 konnten dort die barocken Dalheimer Klostergärten neu eröffnet werden, die gemeinsam mit dem ehemaligen Wirtschaftshof des Klosters für Märkte und Thementage genutzt werden. Durch die vorhandene Expertise wächst das Kloster Dahlheim zum Kompetenzzentrum für Klosterkultur, das in Verbindung mit dem Netzwerk Klosterkultur über überregionale Strahlkraft verfügt.
Abbildung: Kreuzgang im Kloster Dahlheim
Foto: BOK + Gärtner GmbH / Roland Borgmann

 

LWL-Museum für Kunst und Kultur
Westfälisches Landesmuseum:


Im LWL-Museum für Kunst und Kultur in Münster erleben Besucher*innen 1.000 Jahre abendländischer Kultur vom Mittelalter bis in die Gegenwart. Dazu verfügt das Museum über 300.000 Exponate mit den Schwerpunkten Mittelalter, klassische Moderne bis hin zur Gegenwartskunst sowie dem international bedeutenden Skulptur Projekte-Archiv. Mit wechselnden Präsentationen der Sammlung in der ständigen Ausstellung, innovativen Sonderausstellungs-formaten und Projekten gehört das Haus zu den bedeutenden Kunstmuseen in Deutschland.

Mit einem aufwändigen Digitalisierungsprojekt zu den Skizzenbüchern August Mackes wurde das Museum in den vergangenen Jahren mehr noch als zuvor ein bedeutendes Zentrum für die Macke-Forschung. Tausende von Skizzen, Zeichnungen und Notizen des expressionistischen Malers wurden dazu erfasst. Im neu gestalteten Gebäude wurde Inklusion als wesentlicher Teil der musealen Arbeit in allen Bereichen berücksichtigt: vom Leitsystem, das allen Besucher*innen eine schnelle Orientierung bietet, über Informationstheken, bis zur Kunstvermittlung. Das Museum legte 2014 erstmals ein ganzheitliches Konzept für Inklusion und Barrierefreiheit vor, das mit den Behindertenverbänden und den LWL-Gremien abgestimmt wurde.
Das 1437 gegründete Kloster Bentlage am Ufer der Ems wird heute als Museum und Kulturzentrum genutzt und zeigt Kunstschätze und Dokumente der Klostergeschichte. Im Obergeschoss präsentiert das LWL-Museum für Kunst und Kultur die „Westfälische Galerie“ mit Gemälden und Skulpturen, unter anderem des bekanntesten westfälischen Expressionisten August Macke.
Abbildung: Mittelaltertliche Skulpturen im LWL-Museum für Kunst und Kultur
Foto: BOK+Gärtner /
Roland Borgmann
 

LWL-Museum für Kunst und Kultur
LWL-Museum auf Schloss Cappenberg:


Die Dauerausstellung „Der Freiherr vom Stein und Cappenberg“ erinnert mit einem innovativen Vermittlungskonzept an dessen Wohn- und Sterbeort auf Schloss Cappenberg bei Selm und bringt Besucher*innen auf spannende Art mit einem Staatsmann in Berührung, der mit der kommunalen Selbstverwaltung (Städteordnung 1808) und der regionalen Selbstverwaltung (Provinziallandtag ab 1826) Grundlagen für die Arbeit und Struktur des Landschaftsverbands Westfalen-Lippe gelegt hat. Die Ausstellung inszeniert in zehn Räumen rund 200 Exponate zum Leben des Freiherrn vom Stein, der das frühere Stift Cappenberg 1816 als Ruhesitz erwarb und veranschaulicht die Vergangenheit des für die westfälische Geschichte so bedeutenden Ortes.
Abbildung: Schloss Cappenberg
Foto: LWL

 

LWL-Preußenmuseum Minden:

In der Defensionskaserne von 1829 wird in Minden preußische Geschichte in einem der deutschlandweit modernsten Museen erfahrbar. Das Wirken der Preußen wird dabei mit einem neuartigen szenografischen Vermittlungskonzept inszeniert, das Besucher*innen in diese Welt eintauchen lässt, die bis heute markante Spuren in unserem Alltag hinterlassen hat.

Das LWL-Preußenmuseum Minden fungiert gleichzeitig als Zentrale des Netzwerkes „Preußen in Westfalen“, dem sich über 40 Museen, Denkmäler,
Ereignisorte und Forschungseinrichtungen angeschlossen haben. Sie alle beleuchten Aspekte preußischer Geschichte und laden in diesem Verbund zu einer Entdeckungstour auf preußischen Spuren ein. Im Sommer 2018 wurde zudem das Kaiser-Wilhelm-Denkmal wiedereröffnet. In der denkmalgerecht wieder errichteten Ringterrasse nach historischem Vorbild befindet sich das moderne LWL-Besucherzentrum, das vom LWL-Preußenmuseum inhaltlich betreut wird.
Abbildung: Portal der Defensionskaserne von 1829, heute Gebäude des LWL-Preußenmuseums Minden.
Foto: Christian Richters

 

LWL-Freilichtmuseum Detmold
Westfälisches Landesmuseum für Alltagskultur:


Das LWL-Freilichtmuseum Detmold ist das zentrale Landesmuseum für Alltagskultur in Westfalen. Gleichzeitig gehört das Haus zu den größten und bedeutendsten Freilichtmuseen in Europa. Mit seiner wissenschaftlichen Kompetenz und praktischen Erfahrung für die Geschichte des Alltags versteht sich das Museum als Dienstleister und Servicepartner für eine interessierte Öffentlichkeit und bietet gleichzeitig einen hohen Erlebniswert. In seinen Aktivitäten und Veranstaltungen bildet es neben den klassischen Museumsaufgaben auch eine Plattform für Begegnung und Kommunikation, zum Beispiel mit den verschiedenen „Themenjahren“ zu relevanten Themen der Gegenwart. Das geplante neue Ausstellungs- und Eingangsgebäude bietet die Chance, aktuelle gesellschaftliche Fragen aufzugreifen und für Museumsbesucher*innen Anknüpfungspunkte zu schaffen.
Abbildung: Dorfteich, LWL-Freilichtmuseum Detmold
Foto: Sandra Sánchez

 

LWL-Freilichtmuseum Hagen – Westfälisches
Landesmuseum für Handwerk und Technik:


Das LWL-Freilichtmuseum Hagen zeigt die Geschichte des Handwerks und der Technik in Westfalen und Lippe. Über 60 historische Handwerks- und Gewerbebetriebe sowie kleine Fabriken bringen den Besucher*innen die Arbeitswelt und Technik des 19. und 20. Jahrhunderts näher. Es ist europaweit das einzige Freilichtmuseum mit diesem Schwerpunkt und das einzige technikgeschichtliche Museum in Form eines Freilichtmuseums. Insbesondere das neu etablierte Kompetenzzentrum für Handwerk und Technik hat die Dokumentation handwerksgeschichtlichen Wissens mit einem Schwerpunkt auf der audiovisuellen Dokumentation stärker in den Fokus gerückt und das Freilichtmuseum damit über die Grenzen der Region hinaus zu einer zentralen Anlaufstelle gemacht.

Das dort angesiedelte „LWL-Kompetenzzentrum für Besucherforschung“ bildet den Mittelpunkt eines Netzwerks von besucherforschungsorienterten Kultureinrichtungen aus ganz Westfalen-Lippe.
Abbildung: LWL-Freilichtmuseum Hagen
Foto: LWL

 

LWL-Industriemuseum
Westfälisches Landesmuseum für Industriekultur:


Das LWL-Industriemuseum, Westfälisches Landesmuseum für Industriekultur, ist ein Museum in Bewegung. An seinen acht Standorten stehen im größten Industriemuseum Deutschlands die Erforschung, Bewahrung und Vermittlung der Kultur des Industriezeitalters von den Anfängen bis zur Gegenwart im Mittelpunkt. Anschaulich werden aber auch die Lebens- und Arbeitsverhältnisse der Menschen gezeigt und Zukunftsthemen behandelt. Mit herausragenden Baudenkmälern und einer umfangreichen Sammlung zur Industriekultur ist das Museum Ausstellungsort, Gedächtnis der Region und Kulturforum zugleich.

Die acht Standorte des LWL-Industriemuseums führen seit 2011 als erste Museen in Nordrhein-Westfalen, als Orte des Qualitätstourismus das Siegel „ServiceQualität Deutschland“.
Abbildung: Maschinenhalle im LWL-Industriemuseum Zeche Zollern
Foto: BOK+Gärtner / Roland Borgmann


LWL-Industriemuseum Zeche Zollern:
Die Zeche Zollern mit ihrer Maschinenhalle, das erste Denkmal der Industriekultur in Deutschland, bildet den Mittelpunkt der acht Standorte des Industriemuseums. Es ist gleichzeitig ein Museum der Sozial- und Kulturgeschichte des Ruhrbergbaus, zudem ein Forum für vielfältige Veranstaltungen.

LWL-Industriemuseum Zeche Hannover:
In Ausstellungen und Veranstaltungen widmet sich die Zeche Hannover schwerpunktmäßig dem Thema „Migration und kulturelle Vielfalt“. Im Kinderbergwerk Zeche Knirps können Kinder die Funktionsabläufe und Teamwork in einem Bergwerk spielerisch erleben.

LWL-Industriemuseum Zeche Nachtigall:
Die Dauerausstellung zeigt die Geschichte der Zeche und die Arbeitsverhältnisse unter Tage. Ihr Alleinstellungsmerkmal ist der „Besucherstollen“, in dem die Besucher*innen in direkten Kontakt mit der „Kohle“ kommen können. Das Museum betreibt darüber hinaus das zentrale Informationszentrum des Nationalen GeoPark Ruhrgebiet.

LWL-Industriemuseum
Schiffshebewerk Henrichenburg:
Als technisches Denkmal von europäischem Rang gehört das Hebewerk heute zu den prominentesten Relikten der Industriegeschichte. Über den Bau des Hebewerks und die 100-jährige Tradition der Binnenschifffahrt informiert die Ausstellung im alten Maschinenhaus. Eine historische Werft, Dampfschiffe und schwimmende Arbeitsgeräte sind Attraktionen des Museumshafens am „Oberwasser”. Dort befindet sich auch das Hafengebäude, in dem regelmäßig Sonderausstellungen rund um die Themen Wasser und Schifffahrt gezeigt werden.

LWL-Industriemuseum Glashütte Gernheim:
Das Museum genießt einen Ruf als Zentrum internationaler Glaskunst. In dem weitgehend erhaltenen Fabrikort aus dem frühen 19. Jahrhundert arbeiten noch heute Glasbläser*innen an historischen Öfen und nehmen die Besucher*innen mit auf die Zeitreise in die Anfänge dieses Handwerks. Viele Gebäude des Ensembles sind gut erhalten, darunter Arbeiterhauszeilen, die ehemalige Fabrikanten-Villa, die Korbflechterei mit der Fabrikschule und das Wahrzeichen Gernheims: der kegelförmige Glashüttenturm von 1826.

LWL-Industriemuseum
Henrichshütte in Hattingen:
Die 1854 gegründete Henrichshütte ist eines der traditionsreichsten Eisenhüttenwerke des Ruhrgebiets und beeindruckt mit seiner 50.000 Quadratmeter großen Anlage. Drei Rundwege erschließen heute das Museumsgelände und bieten zahllose Informationen zur Geschichte dieses Industriestandortes. Darüber hinaus verfügt das LWL-Industriemuseum mit der Gebläsehalle über einen attraktiven Veranstaltungsort für Konzerte, Märkte, Theater und Tagungen.

LWL-Industriemuseum Ziegeleimuseum in Lage:
Die Ausstellung informiert über die Geschichte des Ziegels und seiner Herstellung sowie über das lippische Wanderzieglerwesen. In einem historischen Kotten erfahren Gäste, wie die Zieglerfrauen den Alltag meisterten, wenn ihre Männer in der Fremde arbeiteten.

LWL-Industriemuseum TextilWerk Bocholt:
In dem spannungsreich restaurierten Industriedenkmal werden Geschichte und Gegenwart des Textilen lebendig. Die Ausstellung setzt die Textilgeschichte in Verbindung mit heutigen Mode- und Designtrends. In unmittelbarer Nähe liegt zudem die Weberei mit einer Schauproduktion an historischen
Webstühlen.

Die Besucherzentren

LWL-Besucherzentrum „Kahler Asten“:
Im Astenturm auf dem Kahlen Asten (Hochsauerlandkreis) betreibt das LWL-Museum für Naturkunde ein Besucherzentrum mit einer Ausstellung zur
Naturgeschichte und zu den Lebensräumen des Kahlen Astens und der Umgebung. Der Lebensraum Hochheide wird in der Ausstellung besonders vorgestellt und kann auch außerhalb im angrenzenden Naturschutzgebiet über einen barrierefreien Naturlehrpfad mit Infostationen erkundet werden.
Abbildung: LWL - Besucherzentrum "Kahler Asten"
Foto: LWL / Oblonczyk

 

LWL-Besucherzentrum
im Kaiser-Wilhelm Denkmal:

In der denkmalgerecht wieder errichteten Ringterrasse des Kaiser-Wilhelm Denkmals in Porta Westfalica befindet sich das moderne LWL-Besucherzentrum,
das vom LWL-Preußenmuseuminhaltlich betreut wird. An sechs Stationen tauchen Besucher*innen in den Stollen direkt unter dem Monument intensiv in die Geschichte des 88 Meter hohen, als „Tor zu Westfalen“ bekannten Monuments und seiner Umgebung ein: von den Römer*innen in Germanien über Preußens Pathos bis zum Elend der Zwangsarbeiter*innen während des Zweiten Weltkrieges reicht die Präsentation.
Blickfang der Präsentation ist die Panoramawand mit 33 Einzelszenen zu kulturellen Ereignissen der Region.
Abbildung: Kaiser-Wilhelm-Denkmal
Foto: BOK+Gärtner GmbH / Roland Borgmann

 

Burg Hülshoff – Center for Literature:
Im Herbst 2012 wurde unter der Federführung des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL) die Annette von Droste zu Hülshoff-Stiftung gegründet.
Der Familiensitz Burg Hülshoff wurde mitsamt Bibliothek, Kunst- und Einrichtungsgegenständen sowie allen Ländereien von der letzten Eigentümerin, Jutta Freifrau von Droste zu Hülshoff (1926 – 2015), in die Annette von Droste zu Hülshoff- Stiftung eingebracht. Die Stiftung erhält die Burg Hülshoff in Havixbeck gemeinsam mit Haus Rüschhaus in Münster-Nienberge dauerhaft für die Öffentlichkeit, um dort einen Erlebnisort für Literatur entstehen zu lassen. Seit 2018 wächst dazu an beiden Standorten das „Center for Literature“, eine neuartige literarische Institution und ein national und international zunehmend bekannter Entstehungs- und Vermittlungsort für Literatur. Es widmet sich den Stiftungszwecken: der Bewahrung und Vermittlung der mit dem Namen von Droste zu Hülshoff verbundenen kultur- und kunsthistorischen Werte sowie der Unterstützung von Kultur, Bildung und Forschung.
Abbildung: Burg Hülshoff
Foto: Annette von Droste zu Hülshoff-Stiftung, Harald Humberg

LWL - Kulturdienste

LWL-Paläontologie für Westfalen:
Die paläontologische Bodendenkmalpflege ist für den Schutz, die Pflege, die Erforschung, Dokumentation und die Bewahrung paläontologischer Objekte nach dem Denkmalschutzgesetz zuständig. Seit 1980 nimmt das LWL-Museum für Naturkunde in Münster diese Aufgabe wahr und schützt Überreste tierischen und pflanzlichen Lebens aus erdgeschichtlicher Zeit, die in Nordrhein-Westfalen gesetzlichen Schutz genießen.

LWL-Archäologie für Westfalen:
Die LWL-Archäologie für Westfalen besteht aus der Archäologischen Denkmalpflege und drei LWL-Museen in Herne, Haltern am See und Paderborn.
Ihre Aufgabe ist es, die Reste von Pflanzen, Tieren und von menschlichen Aktivitäten aus vergangenen Zeiten, die sich im Boden erhalten haben, zu schützen, zu erforschen, zu dokumentieren und zu bewahren. Als unabhängiges Fachamt unterstützt die LWL-Archäologie zudem das Land Nordrhein-Westfalen, die Kreise und Kommunen auf Grundlage des Denkmalschutzgesetzes, um die Bodendenkmäler für nachfolgende Generationen zu erhalten.

LWL-Denkmalpflege, Landschafts- und Baukultur in Westfalen:
Die LWL-Denkmalpflege, Landschafts- und Baukultur in Westfalen arbeitet in den drei Bereichen „Denkmalschutz und Denkmalpflege“, „Landschaftskultur“ und „Baukultur“, erkundet und erforscht den Bestand denkmalwerter sowie landschafts- und baukulturell bedeutender Objekte in Westfalen-Lippe und ist als Fachamt für Denkmalschutz und Denkmalpflege nach dem Denkmalschutzgesetz in NRW tätig. Zur Unterstützung kleinerer Maßnahmen der Denkmalpflege stellt der LWL jährlich auch Fördermittel zur Verfügung.
In jüngster Zeit sind die Bearbeitung von Bauten, die nach dem Zweiten Weltkrieg entstanden sind, und die Erfassung der historisch bedeutsamen Kulturlandschaften in Westfalen-Lippe verstärkt in Angriff genommen worden. Ergänzend arbeitet das Amt mit verschiedenen Formaten an der Bewusstseinsbildung für den Wert des gebauten kulturellen Erbes, der historischen Kulturlandschaften sowie des qualitätvollen Bauens und Planens in Westfalen-Lippe. Das gartenkulturelle Profil der Region wird auch in Zusammenarbeit mit „Kultur in Westfalen“ gestärkt („Tag der Gärten und Parks
in Westfalen“).

LWL-Museumsamt für Westfalen:
Das LWL-Museumsamt ist Dienstleister für die Museen, Gedenkstätten und Heimatstuben in Westfalen-Lippe. Ein umfangreiches Beratungsangebot, zahlreiche Serviceleistungen und gezielte Fördermaßnahmen dienen der Entwicklung und Strukturverbesserung der musealen Einrichtungen des Landes. Das Museumsamt hilft, Kommunen, Stiftungen und Vereinen zu zeigen, dass Kultur auch in der Region starke, zeitgemäße Ausdrucksformen findet. Mit seiner Beratung und finanziellen Förderung haben in den vergangenen fünf Jahren 18 Museen ihre Häuser baulich und inhaltlich erneuert. Die vom Museumsamt konzipierten Wanderausstellungen und Publikationen antworten auf aktuelle Fragen der Gegenwart und widmen sich verstärkt der Zeitgeschichte.

LWL-Archivamt für Westfalen:
Das LWL-Archivamt für Westfalen betreut die nichtstaatlichen Archive in Westfalen-Lippe durch fachliche Beratung und finanzielle Förderung.
Daneben ist es zuständig für das Archiv des LWL und das Westfälische Literaturarchiv in Münster sowie für die Bereitstellung der dort gelagerten Archivalien zur öffentlichen Nutzung. Es steht in Fragen der Konservierung und Restaurierung von Archivgut als Ansprechpartner zur Verfügung. Der jährlich im März an wechselnden Orten in Westfalen stattfindende „Westfälische Archivtag“ ist der bundesweit wichtigste und größte regionale Fachkongress und erfreut sich seit Jahren eines immer weiter steigenden Zuspruchs.

LWL-Medienzentrum für Westfalen:
Das LWL-Medienzentrum für Westfalen hat den Auftrag, das audiovisuelle Erbe der Region zu sichern, die Geschichte und Gegenwart Westfalens mediengestützt in die Bildungs- und Kulturarbeit zu vermitteln und die westfälisch-lippischen Kommunen in Fragen des Lernens mit und über Medien in Schulen und außerschulischer Bildung zu unterstützen. Dazu ist das Medienzentrum auch aktiver Produzent eigener Filme. Mit der „Medienberatung NRW“, „FILM+SCHULE NRW“ sowie „Bildungspartner NRW“ nimmt das LWL-Medienzentrum in Kooperation mit dem Ministerium für Schule und Bildung NRW und dem Landschaftsverband Rheinland (LVR) auch landesweite Aufgaben wahr.

LWL-Institut für westfälische Regionalgeschichte:
Das LWL-Institut für westfälische Regionalgeschichte betreibt moderne Regionalgeschichtsforschung mit dem Schwerpunkt auf der Neueren Geschichte und Zeitgeschichte. Es ist die einzige Einrichtung, die sich in kommunaler Trägerschaft der Erforschung des 19., 20. und 21. Jahrhunderts widmet. Vor diesem Hintergrund geben die Wissenschaftler*innen auch Impulse für aktuelle Entwicklungen und Fragestellungen. Neben der eigenen wissenschaftlichen Tätigkeit und seinen regionalen, nationalen und internationalen Kooperationen begleitet das Institut externe Arbeiten und bietet Historiker*innen sowie der interessierten Öffentlichkeit Publikationen, Veranstaltungen und Serviceleistungen an.
 

Die Wissenschaftlichen Kommissionen für Landeskundliche Forschung

Die sechs westfälischen Kommissionen für Landeskunde sind Vereinigungen von Wissenschaftler*innen, die in eigener wissenschaftlicher Verantwortung landeskundliche Dokumentations- und Forschungsarbeit betreiben, deren Ergebnisse publizieren und auf Tagungen diskutieren. Über 450 Wissenschaftler*innen forschen ehrenamtlich über und für Westfalen, und zwar auf den Gebieten Geographie, Archäologie, Geschichte, Literatur, Mundart- und Namenforschung sowie Volkskunde. Die vom LWL unterhaltenen Geschäftsstellen der Kommissionen koordinieren und kanalisieren einen produktiven Forschungstransfer, der in Europa einzigartig ist. Dadurch werden wichtige Forschungsimpulse in die Kommunen und Kreise Westfalens hineingetragen.

Geographische Kommission für Westfalen:
Die Geographische Kommission für Westfalen erforscht die natur- und kulturräumliche Vielfalt der Region und stellt die Forschungsergebnisse in einer wissenschaftlich soliden, aktuellen und allgemeinverständlichen Weise für Verwaltung, Schulen und Medien sowie für die interessierte Öffentlichkeit zur Verfügung – durch Texte, Tagungen, Vorträge, Ausstellungen und Exkursionen.
In einem Online-Portal können Laien auch interaktiv die Region Westfalen erkunden und in die Methodik der Kartographie eintauchen, Erdkundelehrern*innen steht zudem ein internetbasiertes Geographisches Informationssystem (GIS) zur Verfügung.

Altertumskommission für Westfalen:
Die Altertumskommission befasst sich mit übergreifenden archäologischen Fragen zur Vor- und Frühgeschichte Westfalens und veröffentlicht ihre Forschungsergebnisse in eigenen Publikationen. Schwerpunkte sind derzeit Forschungen zu steinzeitlichen Megalithkulturen, eisenzeitlichen bis hochmittelalterlichen Befestigungsanlagen, frühmittelalterlichem Schmiedehandwerk, Altwegen und Landwehren.

Historische Kommission für Westfalen:
Die Historische Kommission für Westfalen erforscht die westfälische Landesgeschichte in ihrer ganzen historischen und regionalen Vielfalt. Dabei werden alle Fachgebiete der Geschichtswissenschaft, von der Politik- bis zur Wirtschafts-, Kultur- und Religionsgeschichte, berücksichtigt. Ihre Ergebnisse veröffentlicht die Kommission in Publikationen, die einen grundlegenden Beitrag zur Kenntnis der westfälischen Geschichte leisten. Mit einem anerkannt hohen Standard werden insbesondere Handbücher, Quelleneditionen, Tagungsbände und Atlanten herausgegeben.

Kommission für Mundart und Namenforschung Westfalens:
Die Kommission für Mundart- und Namenforschung Westfalens dokumentiert und erforscht die sprachlichen Grundlagen Westfalen-Lippes und bringt die Ergebnisse in aktuelle Diskussionen ein. Dazu gibt sie zahlreiche Publikationen heraus, organisiert Tagungen und Vorträge und pflegt ein stetig wachsendes Internetportal zur westfälischen Sprachforschung. Im Zentrum der Arbeit steht das „Westfälische Wörterbuch“, eines der großen deutschen Dialektwörterbücher, das den niederdeutschen Wortschatz Westfalens in einem fünfbändigen Werk mit ca. 100.000 Stichwörtern dokumentiert.

Volkskundliche Kommission für Westfalen:
Die bereits 1928 gegründete Volkskundliche Kommission fördert die Erforschung alltagskultureller Erscheinungsformen wie Arbeit, Wohnen und Freizeitverhalten, um menschliche Lebenszusammenhänge in Geschichte und Gegenwart besser verständlich zu machen. In zahlreichen Kooperationsprojekten werden die verschiedenen Facetten des Alltagslebens der Menschen in Westfalen-Lippe und darüber hinaus untersucht und im Rahmen von Tagungen, Vortragsreihen, Pressearbeit und wissenschaftlichen Schriften präsentiert. In einem international genutzten Online-Archiv und einer landeskundlichen Bibliothek werden Quellen und Veröffentlichungen bereitgestellt.

Literaturkommission für Westfalen:
Die Literaturkommission für Westfalen erforscht und fördert das literarische Leben in Westfalen. Hierzu gehören die wissenschaftliche Aufarbeitung und Edition literarischer Werke, die Erarbeitung von Ausstellungen, ein eigenes Periodikum, die Betreuung und Programmgestaltung des Museums für Westfälische Literatur in Oelde-Stromberg, Aufgaben in der Droste-Forschung sowie das Online-Publishing. Über das Literaturportal Westfalen (literaturportal-westfalen.de), das Autor*innenlexikon (autorenlexikon-westfalen.lwl.org) und das Droste-Portal (droste-portal.lwl.org) stellt sie bibliographische Daten und andere Informationen bereit. Zudem unterhält die Kommission das Westfälische Literaturarchiv, welches gemeinsam mit dem LWL-Archivamt betrieben wird.

Aufgaben des LWL-Kulturdezernats

Abbildung: Kulturakteure*innen vernetzen sich bei der „Westfälischen Kulturkonferenz“ 2018,
Foto: LWL / Stefan Althaus

„Kultur in Westfalen“:
In zahlreichen Kooperationen und Netzwerken arbeitet das LWL-Kulturdezernat mit lokalen und regionalen Partnern*innen zusammen. Hierzu leistet das Projekt „Kultur in Westfalen“ mit der
Kulturagenda Westfalen und der alljährlichen Westfälischen Kulturkonferenz einen wesentlichen Beitrag. „Kultur in Westfalen” ist das erste strategische Projekt des LWL-Kulturdezernats auf
kulturpolitischer Ebene. „Kultur in Westfalen“ hat den Auftrag, die kulturelle Infrastruktur in Westfalen-Lippe durch gezielte Vernetzung zu stärken und besser sichtbar zu machen. Ein wichtiges
Teilziel ist die Initiierung und Beförderung von kulturpolitischen Diskursen und Kulturplanungen. Sichtbar werden die dort entstandenen Partnerschaften in Projekten wie „Gärten & Parks in
Westfalen-Lippe“, „Literaturland Westfalen“ oder dem „Netzwerk Kulturplanung“. Neue Formate, wie beispielsweise eine Ehrenamtstrategie für den Kulturbereich, werden bearbeitet.

Kulturförderung und Kulturpartnerschaften:
Die LWL-Kultur unterstützt durch das Referat „Kulturförderung und Kulturpartnerschaften“ im LWL- Kulturdezernat die Kultur in Westfalen-Lippe mit einem breit gefächerten Spektrum an Förderungen in den Bereichen Wissenschaft, Theater, Musik, Bildende Kunst, Literatur und Landeskunde, organisiert die Verleihung der Auszeichnungspreise für westfälische Literatur, Bildende Kunst, Musik und Landesforschung und ist zuständig für die Kulturpartnerschaften des LWL. Seit dem Jahr 1960 besteht ein Kulturaustausch mit der belgischen Provinz Westflandern, eine neue enge Zusammenarbeit entwickelt sich mit den niederländischen Provinzen Oberijssel und Gelderland. Seit 1976 findet zudem ein gegenseitiger Künstler*innenaustausch mit der schwedischen Insel Gotland statt.

LWL-Preise:
Der LWL lobt jährlich Auszeichnungspreise in den drei Sparten Literatur, Bildende Kunst und Neue Musik aus, die nach dem Votum einer stetig wechselnd besetzten Jury aus Politik, Verwaltung und Fachdisziplin vergeben werden: Der Annette-von-Droste-Hülshoff-Preis (Westfälischer Literaturpreis), der Konrad-von-Soest-Preis (WestfälischerKunstpreis) und der Hans-Werner-Henze-Preis (Westfälischer Preis für Neue Musik). Zudem werden zur Förderung von bürgerschaftlichem Engagement sowie des Nachwuchses jährlich der Preis für Westfälische Landeskunde sowie alle drei Jahre der Karl-Zuhorn Preis für junge Wissenschaftler*innen ausgelobt.

Öffentlichkeitsarbeit:
Um die Arbeit der LWL-Kultur sowie das vielfältige kulturelle Leben in Westfalen-Lippe möglichst aktiv zu zeigen und kulturpolitische Themen in die gesellschaftliche Diskussion zu bringen, betreibt das LWL-Kulturdezernat eine intensive Öffentlichkeitsarbeit. Dazu wurden von den Fachleuten bereichsübergreifende Strategien und Projekte entwickelt, wie die intensivierte Kooperation mit Tourismus NRW, die Tagung „Qualität in Museen“ oder die jährlich erscheinende „LWL-Museumstour“. Über Besucher*innenbefragungen werden laufend die Wünsche und Bedürfnisse der Nutzer*innen der LWL-Museen erfragt und können in die Ansprache neuer Interessent*innen einfließen.
Mit Blick auf die erfassten Medienbeiträge des LWL liegt der Themenbereich „Kultur“ im Vergleich mit den anderen Fachbereichen an erster Stelle: Im Zeitraum von 2010 bis 2014 wurden insgesamt 30.133 Medienbeiträge zum Stichwort „LWL-Kultur“ erstellt – von Pressemitteilungen über Beiträge bis hin zu mündlichen Statements. 

LWL-Kulturstiftung:
Die zum Jahreswechsel 2003/04 gegründete LWL-Kulturstiftung hat die Aufgabe, überörtliche, spartenübergreifende oder interdisziplinäre kulturelle Projekte und Kooperationen mit westfälisch-lippischem Bezug zu fördern. Im Blickpunkt stehen dabei Projekte aus den Sparten Bildende Kunst, Musik, Theater, Literatur, Film und landeskundliche Forschung. Mit ihren Förderungen stärkt die LWL-Kulturstiftung Kunst und Kultur in Westfalen-Lippe und trägt zur kulturellen Profilbildung bei, indem sie Vernetzung und Kooperationen unterstützt und kulturelle Mehrwerte in der Region und für die Region schafft.
Die LWL-Kulturstiftung unterstützt maßgeblich Netzwerke wie z. B. „Create Music! Kompetenzzentrum für Populäre Musik in Westfalen-Lippe“, „Literaturland Westfalen“ sowie das an den LWL angegliederte Projekt „Kultur in Westfalen“. Alle drei entwickeln für Westfalen-Lippe profilbildende Strukturen, die die aktive Zusammenarbeit befördern, qualifizieren und helfen, die Wahrnehmung verschiedener Akteure*innen in Kunst und Kultur zu erhöhen.

Die Erforschung westfälischer Geschichte und entsprechende landeskundliche Projekte können sehr unterschiedlich aussehen. Die Stadt Paderborn widmete sich in Zusammenarbeit mit dem LWL-Museumsamt der „Geschichte der Briten in Westfalen“ (Ausstellungsprojekt) und die Bürgermeister- Harzer Stiftung in Lünen als Auftraggeber des Filmprojektes „Die Kinder der Turnstunde“ der Geschichte der Juden in Lünen“. Der Hartware MedienKunstVerein Dortmund untersuchte den Baustil der Nachkriegsmoderne in der Ausstellung „The Brutalism Appreciation Society“. Auch das Forschungs- und Ausstellungsvorhaben „Heimatkunde. Juden – Nachbarn – Westfalen“ des Jüdischen Museums in Dorsten wurde seitens der LWL-Kulturstiftung fördernd begleitet.

Inklusion als ein originäres Beschäftigungsfeld des LWL wird in vielen LWL-Museen beispielhaft gelebt. Barrierearme Bauten, spezielle Veranstaltungsangebote und Informationsbroschüren ermöglichen gesellschaftliche Teilhabe auch im kulturellen Umfeld. Mit der Förderung des Pilotprojekts „Volxakademie. Zentrum für inklusive Kultur“ der Theaterwerkstatt Bethel in Bielefeld und der inklusiven „HörOper“ am Musiktheater im Revier in Gelsenkirchen, wurden, bzw. werden, Inklusionskonzepte und -methoden künstlerischer Praxis durch die LWL-Kulturstiftung ermöglicht.

Auch die „Freie Szene“ Westfalen-Lippes wurde an vielen Stellen der Region unterstützt, z. B. die Musik-Tanz-Produktion „Schluss mit süß“ der Stadt Dülmen, Klack Zwo B e.V., Bochum, mit dem „24. Blicke.Filmfestival des Ruhrgebiets“, das Festival „KlangZeit 2016“ der Gesellschaft für Neue Musik Münster e.V., die Ausstellung „Altes Stroh zu neuem Gold – KunstOrt Münsterland 2016“ des KünstlerinnenForums MünsterLand e.V., die Judenbuchen-Inszenierung „Mutter, lügen die Förster?“ der Autorin und Regisseurin Judith Kuckart im Auftrag der Annette von Droste zu Hülshoff-Stiftung, das „ZEBRA Poesie Film Festival“ der Filmwerkstatt Münster e.V. in Zusammenarbeit mit der Literaturwerkstatt Berlin, sowie die Gesprächsreihe „Alles Ausreden – Versuche direkter Verständigung“ des NRW-Landesbüros Freie Darstellende Künste in Dortmund.

Aufgrund ihrer fördernden und beratenden Tätigkeit ist die Stiftung zu einer starken Partnerin für Kulturverantwortliche und Kulturschaffende in Westfalen-Lippe geworden. Seit ihrer Gründung 2003/04 hat die LWL-Kulturstiftung rund 210 Projekte mit Mitteln in Höhe von rund 25,7 Millionen Euro bewilligt.

Part IV - Die Welt dreht sich weiter

Allgemeine gesellschaftliche Entwicklungstendenzen

Kulturpolitik steht heute mehr denn je in einem Spannungsfeld vielfältiger gesellschaftlicher Entwicklungen. Sowohl mit Blick auf die Welt insgesamt, als auch in Deutschland und den Städten und Kreisen der Region Westfalen-Lippe, zeigen sich neben vielen individuellen Veränderungen einige generelle Entwicklungslinien, die das Leben der Menschen und den Arbeitsraum, in dem Kulturschaffende und Kulturinstitutionen tätig sind, grundlegend verändern: Die Globalisierung von Arbeitswelten und Lebensstilen, die digitale Transformation und der demografische Wandel, Migrationsbewegungen und Verschärfungen sozialer Ungleichheit sind wichtige Einflussfaktoren, auf die kulturelle Einrichtungen reagieren und mit denen sie umgehen müssen. Hier liegen gleichzeitig große Chancen, mit Hilfe der Kultur besondere Antworten auf die Herausforderungen der Zukunft zu finden.

Abbildung: Künstliche Intelligenz – mit dem Roboter durch die Ausstellung „Das Gehirn – Intelligenz, Bewusstsein, Gefühl“ im LWL-Museum für Naturkunde,
Foto: LWL / C. Steinweg

Die digitale Transformation hat binnen kurzer Zeit alle Lebensbereiche erfasst und tiefgreifende gesellschaftliche Umbrüche ausgelöst. Sie zeigt sich in neuen Branchen, in neuen Geschäftsmodellen, Arbeits- und Produktionsmethoden, in der Art, wie wir kommunizieren, arbeiten, lernen und leben. Immer schnellere Innovationsschübe erfordern rasche Anpassungen und Veränderungen. Abläufe und Informationsvermittlungen werden automatisiert und beschleunigt, Inhalte und Wissen sind weltweit synchron verfügbar. Digitale Unterhaltungsmedien lassen sich in hochwertiger Qualität jederzeit und überall individuell zusammenstellen. Technisch ist die digitale Transformation noch lange nicht am Ende: Immer mehr Gegenstände des täglichen Lebens, von der Brille über den Lichtschalter bis zum Kühlschrank, werden mit smarter Technologie und künstlicher Intelligenz ausgestattet. Mit dem „Internet der Dinge“ verschmelzen reale und virtuelle Welt, und digitale Werkzeuge werden unseren Alltag schon bald noch weit stärker bestimmen als bisher. Der kompetente Umgang mit digitalen Instrumenten ist deshalb zu einer übergreifenden Schlüsselkompetenz und Kulturtechnik für die Teilhabe an Wissen und Kommunikation, für gesellschaftliche Partizipation und berufliche Entwicklung geworden.

Abbildung: Generationen treffen aufeinander bei einem Museumsbesuch im LWL-Freilichtmuseum Detmold, Foto: LWL-Freilichtmuseum Detmold / S. Sánchez

Familienstrukturen und Lebensumfelder werden vielfältiger. Die meisten Kinder in Deutschland wachsen noch immer in traditionellen Familienstrukturen auf. Doch die Zahl unverheirateter Eltern und die von Alleinerziehenden ist in den vergangenen Jahrzehnten deutlich angestiegen. Gleichzeitig wächst der Anteil junger Menschen, die in bildungsfernen und finanziell schwachen Familien aufwachsen. Der Bildungsbereich hat auf die veränderten Familiensituationen und die gestiegene Erwerbstätigkeit von Frauen bereits mit neuen Angeboten wie dem Ausbau der Ganztagsbetreuung in Kindertageseinrichtungen und Schulen reagiert. Die aktive Teilhabe von Kindern und Jugendlichen am Kulturleben, unabhängig von ihrer sozialen und ökonomischen Situation, muss ermöglicht und gefördert werden. Sie ist eine wichtige Grundlage für ihre persönlichen Entwicklungschancen und für die Fortentwicklung der Gesellschaft.

In den meisten westlichen Gesellschaften ist zudem ein Trend zur zunehmenden Individualisierung spürbar. Auch in Westfalen-Lippe zeigt sich dies in einer Pluralisierung von Lebensstilen und Lebensformen, in der Zunahme von Single-Haushalten, dem Rückgang der Verbindlichkeit traditioneller Lebensentwürfe sowie in einer alternden Gesellschaft mit Konkurrenzsituation zwischen den Altersgruppen und Debatten über Generationengerechtigkeit.
Diese Individualisierung vergrößert die Vielfalt individueller Interpretationen von Kultur sowie die Ansprüche auf Beteiligungs- und Gestaltungsmöglichkeiten. Individualisierte kulturelle Angebote können jedoch immer nur einen Teil der pluralistischer werdenden Gesellschaft erreichen.

Die Bereitschaft zu Bürgerschaftlichem Engagement steigt trotz allem weiterhin an. In vielen gesellschaftlichen Bereichen und so auch in der Kulturarbeit sind engagierte Bürger*innen ein wichtiger Tragpfeiler. Besonders zahlreich engagiert sind dabei berufstätige Menschen vor dem Rentenalter, während sich die über 65-jährigen zwar in geringerer Zahl, aber mit einem individuell größeren Zeiteinsatz dem von ihnen gewählten Thema oder Bereich widmen. Während sich Menschen mit Migrationshintergrund oftmals im Rahmen ihrer Familie oder Community engagieren, werden vor allem Menschen mit niedrigem Bildungsabschluss von den Angeboten der ehrenamtlichen Betätigung unterdurchschnittlich erreicht. Gleichzeitig wandeln sich die Ansprüche an das ehrenamtliche Engagement, das sich in vielen Fällen der beruflich notwendigen Flexibilität anpassen soll. Das macht punktuelle und themenbezogene Mitarbeit attraktiver als ein langfristiges und örtlich gebundenes Engagement in einem Verein.

Prozentual und absolut steigt der Anteil der älteren Bevölkerung weiter an. Damit wachsen auch die Ansprüche an barrierefreie Infrastrukturen und Vermittlungsprogramme. Die Alterung der Gesellschaft lässt sowohl die Anzahl der potenziell „aktiv Kulturschaffenden“, als auch die potenzielle Zahl älterer Konsument*innen anwachsen. Ein längeres aktives Leben vergrößert auch die zur Verfügung stehende Freizeit, die für eigene kulturelle Aktivitäten oder das Konsumieren von Kulturangeboten genutzt werden kann.

Die Gesellschaft wird zudem auch bunter. Eine diverse Gesellschaft prägt heute vor allem industrialisierte Ballungsräume, wird aber auch in den ländlichen Regionen immer stärker sichtbar. Für das Zusammenleben in Westfalen-Lippe wird es eine entscheidende Aufgabe sein, kulturelle Pluralität und Gleichberechtigung sowie Chancengleichheit aller Mitglieder der Gesellschaft zu gewährleisten.

Dazu gehört auch, Sensibilität zu entwickeln für soziale Ungleichheiten und Angebote zu schaffen, die es Menschen aus allen sozialen Schichten ermöglichen, diskriminierungsfrei kulturelle Aktivitäten zu genießen.

Die Einwohner*innen Westfalens werden jedoch insgesamt nicht nur weniger, sie werden auch älter: Verglichen mit heute erwarten die Statistiker*innen bis 2040 deutliche Zuwächse bei den hochbetagten Menschen über 80 Jahren von mehr als einem Drittel.

Zahlreiche Faktoren wie der Strukturwandel und eine nicht ausreichend ausgebaute Infrastruktur sorgen laut der vom Berlin-Institut 2018 veröffentlichten Studie „Eine Region, viele Aussichten“ für einen Bevölkerungsverlust in Teilen der ländlichen Räume in Westfalen-Lippe. Insbesondere junge Menschen verlassen die ländlich geprägten Regionen und sammeln sich rund um die Städte. Mit ihnen verlassen oftmals auch Versorgungsstrukturen des täglichen Lebens bis hin zum medizinischen Bereich die Regionen, die dann vor allem für Menschen mit eingeschränkter Mobilität nur noch wenige Angebote vorhalten.

Für viele Menschen wächst die Bedeutung einer sinnvollen Freizeitgestaltung. Aufgrund der Verlängerung der durchschnittlichen Lebenszeit-Erwartung hat sich das Verhältnis zwischen beruflich gebundener und außerhalb des Berufs verbrachter Zeit im Laufe des 20. Jahrhunderts stark verschoben. 90% seiner Lebenszeit verbringt der Mensch heute außerhalb seines Lebensbereichs „Beruf“. Im  Laufe des Lebens nimmt die Bedeutung der Freizeit für die Lebensqualität zu. Diese Entwicklung markiert einen tiefgreifenden Wertewandel im Hinblick auf den möglichst selbstbestimmten und subjektiv befriedigenden Umgang mit Lebenszeit. Viele Menschen werden vermehrt die Ressourcen Geld, Raum und Bildung nutzen, um eine möglichst hohe Lebensqualität in ihrer Freizeit zu erreichen.

Der Klimawandel und insbesondere die durch den Menschen verursachte Erderwärmung ist eine mit Klimadaten nachweisbare Realität. Diese Prozesse verändern auch in Westfalen-Lippe Vegetation und Tierwelt, stellen neue Anforderungen an das Bauen und die Stadtplanung und bringen in vielen Bereichen einen Wandel der Lebens- und Arbeitswelt mit sich.

Trotz globaler Reisemöglichkeiten wächst die Bedeutung des Tourismus in der Region, von dem auch Städte und Sehenswürdigkeiten in Westfalen-Lippe stark profitieren. Im Jahr 2017 verzeichneten die Beherbergungsbetriebe in der Region einen weiteren Besucher*innenanstieg auf 26,2 Millionen Übernachtungen. Alle Teilregionen in Westfalen-Lippe schärfen ihre touristischen Profile weiter, von hoch verdichteten Ballungsräumen mit einem industriekulturellen Profil, bis hin zu den ländlichen und landschaftlich attraktiven Räumen.


Die genannten Entwicklungen und weitere gesellschaftliche Veränderungen bringen Chancen und Verpflichtungen für eine gestaltende Kulturpolitik in der Region mit sich:

  • Der demographische Wandel kann auch als Chance für die kulturelle Zusammenarbeit angrenzender Kommunen wirken. Netzwerkbildung und stabile Finanzierungsmöglichkeiten für Laienkultur und die Arbeit von professionellen Kulturschaffenden sind wichtig, um Kultur als wichtigen Beitrag zur Lebensqualität in ländlichen Räumen zu erhalten und bürgerschaftliches Engagement zu ermöglichen.
     
  • Auch wenn das Kulturangebot ländlicher Regionen nicht ausschlaggebend für ein Bleiben der Menschen ist, so leistet es doch einen hohen Beitrag zur Identifikation und bewirkt möglicherweise ein „Zurück zu den Wurzeln-Gefühl“. Nicht zuletzt die „Westfälische Kulturkonferenz“ 2018 hat jedoch gezeigt, dass eingeschränkte Mobilität Menschen von der Teilhabe und Teilnahme an kulturellen Angeboten abhält. Selbst wenn die öffentliche Infrastruktur stimmt, ist vielfach „die letzte Meile“, also der Weg von der Haltestelle nach Hause, eine Herausforderung. Neue „Bringstrukturen“, wie das Konzept des Kulturbusses, können also nur ein Teil der Vernetzung der Bevölkerung mit der Kultur sein und können lediglich eine Rolle neben dem notwendigen Ausbau des ÖPNV spielen.
     
  • Fehlende finanzielle Ressourcen verhindern bereits im frühen Kindesalter die Teilnahme am Kulturleben und schränken die Partizipation an kultureller Bildung ein, so dass sich bereits früh Hemmschwellen gegenüber der Kultur im Speziellen und damit am gesellschaftlichen Leben im Allgemeinen erhöhen. Eine Förderung der kulturellen Bildung erhöht damit die Entwicklungschancen im Bildungswesen und im Berufsleben.
     
  • Kultur hält und gewinnt qualifizierte Arbeitskräfte. Diese Bedeutung der Kultureinrichtungen und Institutionen für die Bindung und Gewinnung von Bürger*innen in Westfalen-Lippe muss gestärkt und durch attraktive Arbeitsbedingungen für gut qualifizierte Menschen in der Kultur flankiert werden.
     
  • Kultur ist ein wichtiger Bestandteil der Freizeitgestaltung, nicht zuletzt als Kommunikationsanlass und als Gelegenheit der Begegnung. Kultur sollte sich langfristig enger mit der Arbeitswelt vernetzen, da sich Grenzen zwischen Arbeit und Freizeit weiter auflösen werden. Kultur wird im Zusammenhang mit der Freizeit an Bedeutung gewinnen, wenn es gelingt Schnittmengen zu bilden, beispielsweise zu Themen wie „Identität“ und „Heimat“, auch wenn diese für viele Menschen diffus oder durch den aktuellen öffentlichen Diskurs problematisch besetzt sind.
     
  • Der Freizeitmarkt wird sich immer wieder neu definieren, er wird quantitativ wie qualitativ mehr Angebote und somit auch mehr Wettbewerb produzieren. Neben der Eventisierung der Kultur für das Massenpublikum wird jedoch der individuelle Wunsch als Einzelne*r etwas Besonderes zu erleben, immer bestehen. Daher wird durch eine kontinuierliche Qualitätssteigerung im Angebot und in dessen externer Kommunikation eine große Chance gesehen, der Kultur innerhalb der individuellen Freizeitgestaltung einen größeren Stellenwert zu geben.
     
  • Die Kultur kann sogar das Umweltbewusstsein positiv verstärken, indem sie sich klar positioniert. Erstrebenswert ist eine Vorrangstellung Westfalen- Lippes als grüne Region mit ökologisch orientierten Kulturveranstaltungen, wie themenbezogenen Ausstellung (z. B. Klima und Mensch) oder begleitenden Maßnahmen (besondere Müllkonzepte, Shuttle-Service). Ein solches nachhaltig ökologisch orientiertes Vorgehen kann zu einem Markenzeichen und Marketingfaktor Westfalens werden und Netzwerke zwischen Kulturschaffenden, Wissenschaftseinrichtungen und Bildungseinrichtungen entstehen lassen.
     
  • Die Übernachtungs- und Besucher*innenzahlen in Westfalen-Lippe steigen, so dass die Kultur in Zukunft noch stärker als Tourismusfaktor im Zusammenhang mit anderen Bereichen (Sport, Natur, Wellness) vermittelt werden kann, da Touristen*innen vielfältige Interessen haben. Dabei muss auch die für Westfalen-Lippe wichtige Rolle Tagestourismus berücksichtigt werden. Besucher*innen wollen ein individuelles Angebot, das mehrere Bereiche anspricht, und kommen selten als reine Kulturtouristen*innen nach Westfalen-Lippe.

Part V - Was morgen wichtig wird - Weiterentwicklung der LWL-Kultur

Weiterentwicklung der LWL-Kultur


Die kulturpolitischen Ziele des LWL

Eine Gesellschaft im Wandel braucht eine kulturelle Landschaft, die sich mit diesen vorhandenen und absehbaren Entwicklungen auseinandersetzt und sich aktiv weiterentwickelt. Gerade weil nicht vollständig absehbar ist, wie sich die bevorstehenden gesellschaftlichen Veränderungen vollziehen werden, sind klare Vorstellungen notwendig, welche Zwecke die Kulturpolitik des LWL in Zukunft erfüllen und welche Ziele sie erreichen will.

In einem breiten Beteiligungsprozess haben LWL-Kulturpolitiker*innen ihre Zielsetzungen für eine künftige Kulturpolitik in Westfalen identifiziert, die in mehreren Workshops durch die Expert*innen der LWL-Kultur aufgegriffen und konkret benannt wurden. Damit sind auf der Grundlage von politischer Steuerung durch die gewählten Vertreter*innen der Bürger*innen in Westfalen-Lippe konkrete Zielsetzungen für die künftige Ausrichtung der Kulturarbeit des LWL entstanden:

1) Das kulturelle Erbe in seiner Vielfalt bewahren, gestalten und vermitteln.

In der LWL-Kultur sind Experten*innen für die Konservierung, die Darstellung und die Vermittlung des kulturellen Erbes tätig. Diese Fähigkeiten stehen den LWL-eigenen Museen und Einrichtungen zur Verfügung und werden zudem freien und kommunalen Häusern als Unterstützung angeboten. Intensiv werden wir uns mit neuen Techniken und Ansätzen in diesen Arbeitsfeldern beschäftigen.

2) Jedem Menschen in Westfalen-Lippe Partizipation an Kultur ermöglichen.

Die Bevölkerung in Westfalen-Lippe ist vielfältig und wird zunehmend diverser. Kulturinteressen vereinzeln und spezialisieren sich. Die LWL-Kultur kann mit ihrem breiten Angebotsspektrum noch intensiver einzelne Zielgruppen ansprechen, neue Themen besetzen und innovative Darstellungsformen von Kultur erproben.

3) Kinder und Jugendliche für das Kulturleben begeistern, ihnen Gestaltungsräume anbieten und Erfolgserlebnisse ermöglichen.

Kinder und Jugendliche können mit traditionellen Kulturbegriffen oft nur noch wenig anfangen. Trotzdem lässt sich ihr Interesse an Museen und anderen
Kultureinrichtungen mit modernen Kulturvermittlungsformen und mit einfach zugänglichen Angeboten wecken. Freie Eintritte und Hilfen bei der Finanzierung von Klassenfahrten ermöglichen es Kindern und Jugendlichen, unabhängig vom Einkommen der Eltern, mit Kultur in Kontakt zu kommen. Auf ihre Bedürfnisse und Interessen zugeschnittene Gestaltungsräume schaffen dabei Erfolgserlebnisse, die in der persönlichen Entwicklung von Kindern und Jugendlichen von großer Bedeutung sind. Unterstützung dafür gibt es für Kinder aus sozial schwachen Familien u. a. im Rahmen des Bildungspakets der Bundesregierung.

4) Kulturvermittlung ausbauen, neue Formen und Formate entwickeln.

Schon jetzt suchen und finden die LWL-Kultureinrichtungen ständig neue Formen der Vermittlung ihrer Themen und Sammlungen. Durch die digitale Transformation, durch soziale Medien und durch Kooperationen entstehen neue Möglichkeiten der Kulturvermittlung, die der LWL aktiv nutzen wird.

5) Die Ausgleichsfunktion mit den Service- und Unterstützungsleistungen für das Kulturleben in den Kommunen stärken und weiterentwickeln.

In den Kommunen wachsen die Herausforderungen bei der Sicherung und Weiterentwicklung von Kultur. Der LWL wird seine Service- und Unterstützungsleistungen deshalb ausbauen und den neuen Bedarfen anpassen. Netzwerkentwicklung und die Unterstützung von ehrenamtlichem Engagement sind dabei wichtige Aufgabenfelder.

6) Die Sprecherrolle für die Kultur in Westfalen-Lippe wahrnehmbar ausüben und die Sichtbarmachung der kulturellen Landschaft in Westfalen-Lippe verbessern.

Im Zusammenspiel der Kultur in Westfalen-Lippe ist der LWL die wichtigste Stimme und auf vielen Feldern auch ein Impulsgeber. Diese Außenwirkung und die Sprecherrolle für die Kultur in Westfalen-Lippe wird das LWL-Kulturdezernat aktiv wahrnehmen. Von der großen überregionalen Wahrnehmung der LWL-Einrichtungen profitieren auch andere lokale Kulturangebote und -einrichtungen. Denn wer in eine Stadt kommt, um zum Beispiel ein LWL-Museum zu besuchen, kann dort auch andere Angebote entdecken.

7) Die Entwicklung kultureller Lebensqualität in den ländlichen Regionen nachhaltig unterstützen.

Neben einem lebendigen Kulturangebot in den Städten zu bestehen, wird für Kultureinrichtungen in ländlichen Regionen in Westfalen-Lippe zunehmend schwerer. Der LWL kann hier durch Netzwerkbildung, durch die Unterstützung von Mobilität und durch die zentrale Wahrnehmung verschiedener Fachaufgaben dafür sorgen, dass die Menschen in Westfalen-Lippe überall die Möglichkeiten kultureller Betätigung behalten.

8) Kultur in Westfalen-Lippe digital sichern, erschließen, vermitteln und vernetzen.

Die digitale Transformation stellt nicht nur das Kulturmarketing vor Herausforderungen, sie bringt vor allem für die Sicherung und Sichtbarmachung von Kultur große Aufgaben und Chancen mit sich. Gleichzeitig entsteht eine Kultur, die digitale Prozesse in ihre Arbeit miteinbezieht oder digitale Kunstwerke schafft. Diese Entwicklungen wird der LWL begleiten und mitgestalten.

9) Netzwerke und Kooperationen fördern und ausbauen – regional, national und international.

Der LWL wirkt als Netzwerker und Impulsgeber. Die von der LWL-Kultur initiierten und begleiteten Netzwerke ermöglichen durch die Verbindung und den Austausch von Ressourcen, Erfahrung und Wissen, was einzelne Kultureinrichtungen und Kulturschaffende alleine nicht vermögen. Sie werden in Zeiten knapper werdender finanzieller Spielräume gerade auf der lokalen Ebene immer wichtiger. Der LWL wird die Bildung von Netzwerken wertschätzen, weiterhin fördern, die Zusammenarbeit koordinieren und durch neue Formate die kulturelle Infrastruktur und das kulturelle Angebot sichern.

10) Freiräume für Neues ermöglichen.

Veränderung liegt im Wesen der Kultur. Um sich zu entwickeln, brauchen Kultureinrichtungen und Kulturschaffende Freiräume und Unterstützung. Diesen Raum für Neues bieten und schützen die LWL-Kultureinrichtungen.
 

Besondere Herausforderungen und wichtige Handlungsfelder
Um die kulturpolitischen Ziele zu erreichen, müssen in unterschiedlichen Arbeitsbereichen der LWL- Kultur Weichen gestellt und Schwerpunkte verschoben werden. In anderen Sparten kann sich die Arbeit nach heutigem Kenntnisstand in bestehenden Bahnen gut weiterentwickeln und dennoch die Erfordernisse künftiger Kulturvermittlung bedienen.

Für das „Kulturpolitische Konzept“ hat das LWL-Kulturdezernat deshalb einige Handlungsfelder als besondere Schwerpunkte identifiziert, die in naher Zukunft mit besonderen Herausforderungen konfrontiert sein werden und die besonderer Maßnahmen für eine zukunftstaugliche Entwicklung bedürfen.

Diese fünfzehn Handlungsfelder stellen die vorrangigen Entwicklungsprojekte der kommenden Jahre dar. Daneben sind alle anderen Bereiche der LWL Kultur selbstverständlich weiterhin wichtig und von großem Interesse.
 

Die Zukunft wird kooperativ

Netzwerke koordinieren, ausbauen und stärken

⇒ Was wir wollen

• Kulturakteure in Westfalen-Lippe über teilräumliche und institutionelle Grenzen hinaus vernetzen

• Vorhandene Kompetenzen durch Netzwerke und gegenseitige Unterstützung stärker nutzen und damit zur Sicherung der kulturellen Infrastruktur in den Kommunen beitragen

• Konzeptbasierte Kulturpolitik befördern und unterstützen

• Überblick und Transparenz über das Netzwerk-Angebot schaffen


⇒ Was wir tun

• bestehende Kooperationen und Netzwerke stärken und ausbauen, neue Netzwerke nach Bedarf initiieren, koordinieren und moderieren

• Netzwerkarbeit in strategischen Zusammenhängen sehen

• Modellhafte neue Formen der Zusammenarbeit und der gegenseitigen Stärkung, zum Beispiel „kulturfachliche Knotenpunkte“ entwickeln

Die Netzwerkarbeit spielt als besonders wichtiges Querschnittsthema an vielen Stellen in diesem „Kulturpolitischen Konzept“ eine Rolle, wird aber wegen ihrer zentralen Bedeutung in den Entwicklungsprozessen der nächsten Jahre als eigenes Handlungsfeld benannt.

Der LWL ist bei der Weiterentwicklung und Betreuung von Netzwerken in der Kultur seit Jahren der zentrale Akteur und wird diese Rolle künftig auf Wunsch der haupt- und ehrenamtlich Tätigen in den Kommunen und den Kultureinrichtungen in kommunaler und freier Trägerschaft in Westfalen-Lippe noch stärker wahrnehmen.

Der Anspruch, sich westfalenweit für Kultur einzusetzen und die Kulturlandschaft weiter zu entwickeln und regional, überregional, national und international zu kommunizieren, kann nur partnerschaftlich gelingen, indem mit vereinten Kräften die Ressourcen gebündelt und neue Wege beschritten werden. Die Arbeit in Netzwerken ist dafür eine wichtige Grundlage. In der kreativen Gesellschaft von morgen können Netzwerke der Individualisierung entgegenwirken und die Arbeit der Institutionen ergänzen.

Netzwerke sind selbstbestimmte, informelle und manchmal fragile Gebilde, die der gegenseitigen Information, dem Austausch von Wissen und Erfahrung, der gegenseitigen Unterstützung, der gemeinsamen Umsetzung von Projekten und der Organisation von Lernprozessen dienen. Sie helfen bei der Qualitätsentwicklung und der Wirkungsoptimierung der Kulturarbeit und ermöglichen Weiterentwicklungen auch bei beschränkten Ressourcen. Diese lose Verfasstheit der Netzwerke, meist ohne eigene Rechtsform, bringt aber auch einen hohen Moderationsbedarf mit sich.

Mit „Kultur in Westfalen“ stärkt der LWL bereits die kulturelle Infrastruktur in Westfalen-Lippe durch gezielte, punktuelle Kooperation und Vernetzung und macht sie besser sichtbar. Seit dem Start 2010 hat sich „Kultur in Westfalen“ erfolgreich entwickelt und immer mehr Kulturaktive und Kulturorganisationen gewonnen, die zusammen an verschiedenen Themen arbeiten. Als zentrale Kommunikationsplattform hat sich die jährlich stattfindende „Westfälische Kulturkonferenz“ etabliert. Sie versammelt seit 2011 regelmäßig rund 400 Kulturschaffende, Kulturanbieter*innen, Förderer*innen und Partner*innen von Kultur in Westfalen-Lippe. Kultur in Westfalen leistet damit einen wesentlichen Beitrag zu der notwendigen Vernetzung. Die Effekte sind bereits in Kooperationen und Netzwerken wie bei „Literaturland Westfalen“ oder dem „Netzwerk Kulturplanung“ sichtbar.

Im „Netzwerk Kulturplanung“ treffen sich ein bis zweimal jährlich rund 30 Kommunen, die eine Kulturentwicklungsplanung erarbeitet haben oder einen Planungsprozess beginnen wollen, zum fachlichen Austausch und zur gegenseitigen Unterstützung. Das Netzwerk hat sich längst weiterentwickelt und diskutiert Themen und Anliegen, die alle kommunalen Kulturverwaltungen umtreiben: Kunst im öffentlichen Raum, der Einsatz von Social Media oder das Instrument Kultur(bei)rat.
Dieses Netzwerk ist ein direktes Ergebnis der Kulturagenda Westfalen, dem Kulturentwicklungsprozess für Westfalen-Lippe. Die Kulturagenda Westfalen stellt einen bundesweit einzigartigen Kommunikationsprozess dar, in dem viele Kulturakteure eine gemeinsame Zukunftsvision und konkrete Ziele für die Entwicklung der Kultur in der Region erarbeiten. Dieses strategische Projekt des LWL-Kulturdezernats zielt darauf, Kommunikation, Kooperation und Vernetzung voranzutreiben und den gesellschaftlichen Stellenwert von Kultur zu verbessern. Sie ist ein offenes Angebot zur Beteiligung und konkurriert nicht mit anderen Kulturentwicklungsvorhaben in der Region, versucht aber, Synergien herzustellen und zu nutzen.

Konzeptionelle Grundlage ist die von über 150 Kulturakteuren*innen aus ganz Westfalen-Lippe gemeinsam erarbeitete Vision „Kultur Westfalen 2025“. In neun Pilotplanungsprozessen wurden auf dieser Basis kulturpolitische Diskurse und Kulturplanungen überall in der Region neu initiiert. Eine solche Zahl von Kulturplanungen in einem Verbund hat es zuvor bundesweit nirgendwo gegeben. Mittlerweile arbeiten mehr als zwei Dutzend Kommunen, in mehr oder weniger starker methodischer Anlehnung an die Kulturagenda Westfalen, an Strategien, mit denen sie die Kultur in ihren Kommunen sichern und für die Zukunft stärken wollen.
Auch die Kommissionen des LWL setzen mit ihren Netzwerken und Forschungsverbünden Maßstäbe in der Zusammenarbeit von fast 500 professionell und ehrenamtlich Forschenden in Westfalen-Lippe. So hat die Altertumskommission für Westfalen mit ihrer Arbeit zu den Wegen der Jakobspilger in Westfalen immer wieder Dutzende Vertreter*innen von Heimat- und Wandervereinen, Kirchen, Touristik, Psychiatrie, Gastronomie- und Beherbergungsbetrieben zusammengebracht. In einen durch die Kommission angestoßenen Prozess bringen sich also hier und zu vielen anderen Themen zahlreiche Akteure*innen aus der Region ein und stellen gemeinsam eine Forschungs- und Vermittlungsleistung auf die Beine, die einzelne Institutionen alleine nicht leisten können und von der viele Bürger*innen in Westfalen-Lippe in ihrem Alltag Gebrauch machen.

Diese Beispiele zeigen ganz praktisch, was aus einer gelungenen Vernetzung entstehen kann. Weitere Beispiele sind das Netzwerk „Preußen in Westfalen“ und das „Bündnis für regionale Baukultur in Westfalen-Lippe“. Solche Netzwerke müssen aktiv weiterentwickelt und durch neue Kooperationen ergänzt werden. Bewusst wollen wir die Bildung von weiteren Netzwerken unterstützen, die Groß und Klein, Stadt und Land, Profis und Laien, Haupt- und Ehrenamt miteinander verbinden, die räumliche, mentale, institutionelle und organisatorische Grenzen überwinden oder die Kulturschaffende und Kulturanbieter*innen zusammenbringen. Zudem ist gerade angesichts schwieriger Haushaltslagen vieler Städte und Kreise in Westfalen-Lippe die Sicherung der kommunalen Kulturarbeit durch eine stärkere interkommunale Zusammenarbeit von wachsender Bedeutung. Schließlich gibt es besonders in kleinen Kommunen immer weniger kulturfachliches Personal. Das ist sicherlich ein Grund dafür, dass sowohl in den Kulturplanungen der Kulturagenda als auch in den Befragungen zur Überarbeitung des „Kulturpolitischen Konzeptes“ besonders der vom LWL erwartete Unterstützungsbedarf deutlich geworden ist. Dabei stellt sich auch die Frage, wie die Kompetenzen der Mitarbeiter*innen in die bestehenden Netzwerke eingespeist werden können. Und es gilt, Überblick und Transparenz zu schaffen: Für die Entscheider*innen (Welche Netzwerke und Kooperationen sind zu fördern? Wo gibt es vielleicht weiße Flecken?) und für die Nutzer*innen und Kulturakteure*innen (Wie finde ich das für mich passende Netzwerk?).

Die Akteure*innen wissen sehr genau, was sie in den Netzwerken suchen und was sie erwarten. Ihre wichtigsten Anliegen und Themen sind Wissenstransfer, Datenaustausch und digitale Transformation, strategische Kulturentwicklung sowie eine stärkere Sichtbarwerdung und Sichtbarmachung.
Und sie wissen: Die Qualität eines Netzes ist entscheidend für seine Tragfähigkeit.

Die Teilnehmenden formulierten insgesamt klar: „Netzwerke werden vom LWL gewünscht, wertgeschätzt und gefördert durch personelle und finanzielle Ressourcen. Die zentrale Kommunikationsplattform ist die ‚Westfälische Kulturkonferenz‘.“
Weitere Netzwerke sollten zukünftig entwickelt werden.


Die Sicherung der lokalen Kulturarbeit trotz schwieriger Haushaltslage und die Förderung der interkommunalen Zusammenarbeit in der Kultur gewinnen also weiter an Bedeutung. Eine wichtige Möglichkeit dafür ist die Nutzung, Weiterentwicklung und Schaffung „Kulturfachlicher Knotenpunkte“.

Kulturfachliche Knotenpunkte sind Organisationen/Einrichtungen, die:

• zu einem einzelnen Thema über fachliche Kompetenzen und praktische Erfahrungen verfügen und ggfs. sogar zu dem Thema forschen und Wissen sammeln, nicht nur Spezialwissen nach innen (Raum Westfalen-Lippe) haben, sondern auch Fachkenntnisse von außen (NRW, Bund, Europa) aufnehmen,

• Personen haben, die diese Kompetenzen und Erfahrungen an andere vermitteln können bzw. bei denen Beratung und Vermittlung von Wissen zu den Aufgaben der Organisation gehört,

• Schnittstellenfunktionen über räumliche oder institutionelle Grenzen übernehmen,

• als qualifizierte Anlaufstelle für Ratsuchende fungieren können sowie den Erfahrungsaustausch und die Möglichkeit des Voneinander-Lernens anbieten.

Damit ergeben sich Überschneidungen zu Netzwerken, Universitäten und ähnlichen Organisationen.

Die Kulturdienste des LWL sind schon heute exemplarisch als „Kulturfachliche Knotenpunkte“ aktiv, was die Workshopteilnehmer*innen bereits erkannt und als ein Ergebnis formuliert haben. Diese Rolle gilt es auszubauen.

Die Serviceleistungen des LWL durch die Arbeit der eigenen „Kulturfachlichen Knotenpunkte“ in Museen und Kulturdiensten sollen weiterentwickelt werden. Systematisch wird erfasst, welche Leistungen angeboten werden. Darüber hinaus ist die Ermittlung der kulturfachlichen Potenziale in Kommunen und Kulturorganisationen, die für andere Kommunen und Kulturorganisationen als Fachkompetenz hilfreich sein können, eine wichtige Aufgabe. Eine gute Information über alle Potenziale, die zur gegenseitigen Unterstützung zur Verfügung stehen, muss unter Nutzung der neuen digitalen Techniken aufgebaut und ständig aktualisiert werden.

Darauf basierend wird mit Unterstützung des LWL eine kulturfachliche Arbeitsteilung entstehen, die die Qualität der Kulturarbeit angesichts der bereits erwähnten Personaldefizite fördert. Damit kann erreicht werden, dass systematisch in ganz Westfalen-Lippe fachliche Knotenpunkte für Kulturplanung, einzelne kulturelle Sparten und Projekte entstehen.

Durch ein Netzwerk „Kulturfachlicher Knotenpunkte“ für Kulturplanung und Handlungsfelder und Projekte der Kulturarbeit soll ein System der gegenseitigen Beratung, Unterstützung und Kooperation in Kulturplanung und Kulturarbeit geschaffen werden. Kompetenzen und Potenziale, die bisher nur in einzelnen Kommunen oder Kultureinrichtungen vorhanden sind, sollen für andere ohne großen Kostenaufwand und ohne neue Infrastruktur nutzbar werden. Damit wird es möglich, strategische kulturpolitische Steuerung zu verbessern, die Kompetenzen vieler Fachkundiger einzubeziehen, gute Lösungen in der Kulturarbeit voranzubringen und ein produktives Klima der Kooperation und Gemeinsamkeit zu erzeugen.

Die Knotenpunkte sollen Menschen und Organisationen zu bestimmten Themen zusammenbringen, und die interkommunale Zusammenarbeit stärken.
Dafür müssen die besonderen kulturfachlichen Potenziale, die in den Kommunen und Kulturorganisationen in freier Trägerschaft vorhanden sind, ermittelt, kommuniziert und handlungsfähig gemacht werden. Das System „Kulturfachliche Knotenpunkte“ erfordert für seine Wirksamkeit eine Koordination durch den LWL. Um aktiv werden zu können, benötigen die Fachleute in den „Kulturfachlichen Knotenpunkten“ finanzielle Unterstützung, damit sie zur eigenen Entlastung Arbeitskapazität in Form von Honorar- und Werkverträgen oder Volontariaten einkaufen können, damit sie beratend und unterstützend tätig werden können.

Die besondere Qualität entsteht in der systematischen Entwicklung lokaler Zusammenarbeit in der Kulturarbeit in einer riesigen Region und dem bevölkerungsreichsten Bundesland. Dies lässt sich auf andere Regionen und Bundesländer übertragen, da es ein vergleichbares Vorgehen bisher in Europa noch nicht gibt. Die Stärkung und optimale Nutzung der endogenen Potenziale in der Region wird zu einem Qualitätssprung in der Kulturarbeit führen, macht Erhalt und Weiterentwicklung des Kulturangebotes auch in schwierigen Haushaltssituationen leichter möglich und verbessert die kulturelle Versorgung, besonders auch in ländlichen Gebieten. Mit der koordinierenden und moderierenden Unterstützung des LWL entstehen Systeme der Kooperation und des gegenseitigen Lernens. Die in Zukunft immer wichtiger werdende lokale Kooperation in der Kulturentwicklung wird dadurch beispielgebend gefördert.
 

Begreifbare Dinge und digitale Welten

Die digitale Transformation

⇒ Was wir wollen

• Digitale Sicherung, Erschließung, Verknüpfung und Schaffung nutzerfreundlicher Zugänge zu den vielfältigen Sammlungsbeständen der LWL-Kultur

• Nutzung innovativer digitaler Methoden in Sammlung, Forschung und Dokumentation

• Ergänzung klassischer Ausstellungskonzepte durch digitale Formen der Präsentation und Vermittlung

• Neue Wege einer individuelleren Zielgruppen-Ansprache durch stärker interaktive, partizipative und narrative Formate

⇒ Was wir tun

• Digitale Agenda als Grundlage eines Gesamtkonzeptes zur digitalen Präsenz aller Bereiche der LWL-Kultur

• Entwicklung individueller digitaler Strategien für die LWL-Kultureinrichtungen

• Einsatz von gemeinsamen Standards und Normdaten bei der Erschließung

• Nutzung digitaler Formen der Kommunikation und des Wissensaustausches im Kultur-Netzwerk des LWL

„Bei dieser Herausforderung geht es absolut nicht um Technologie, der wir uns oft als Problemlöser verschrieben haben. In erster Linie geht es um das Publikum und die Art und Weise, wie digitale Technologien ihr Verhalten verändern: am Arbeitsplatz, zu Hause, unterwegs, lernen, spielen, hinterfragen, sozialisieren, teilen, kommunizieren. Für immer.“ (Jane Finnis, https://s3-euwest 1.amazonaws.com/ambition-downloads/lets-get-real-2.pdf)

Für die Kultur ist die digitale Transformation längst kein Spezialaspekt mehr, sondern ein zentralesQuerschnittsthema und eine elementare Herausforderung.
Der digitale Wandel wird in den kommenden Jahren und Jahrzehnten enorme Auswirkungen auf die kulturelle Disposition unserer Gesellschaft haben. Dem müssen sich alle Kultureinrichtungen stellen, wenn sie in Zukunft ihre gesellschaftliche Relevanz bewahren und durch die digitalen Möglichkeiten kulturelles Erbe und kulturelle Identität zeitgemäß vermitteln wollen.

Die digitale Transformation ist weit mehr als eine vorübergehende Erscheinung und erfordert als Antwort deshalb mehr als nur neue Marketingstrategien. Es geht eben nicht allein darum, digitale
Medien für die Öffentlichkeitsarbeit zu nutzen, sondern zu reflektieren, wie die Digitalisierung auch Kernbereiche und interne Prozesse unserer Arbeit verändert. Hierbei wird das Analoge um neue digitale Wege der Sicherung, Erschließung, Bereitstellung, Vermittlung sowie der Wissensproduktion und des Austausches erweitert oder abgelöst. Exemplarisch für die vielen bereits heute in den LWL-Kultureinrichtungen eingesetzten digitalen Anwendungen und Formate seien hier drei Beispiele genannt:

Ein einzigartiges digital-visuelles Fenster in die Region ist das Online-Bildarchiv des LWL-Medienzentrums für Westfalen (www.bildarchiv-westfalen.lwl.org). Mehr als 55.000 Fotografien aus der Zeit von 1843 bis heute veranschaulichen Städte, Dörfer und Landschaften – Industrie und Landwirtschaft, regionstypisches Handwerk und Brauchtum, Kunst und Architektur und nicht zuletzt die Menschen und ihren Alltag im Wandel der Zeiten. Für die schulische und außerschulische Bildungsarbeit stehen sämtliche Fotografien kostenlos zum Download bereit, zusätzlich gibt es Themensammlungen mit Lehrplanbezügen sowie kostenloses interaktives Online-Unterrichtsmaterial für das Lernen mit digitalen Bildquellen.

Ein weiteres Beispiel einer bereits seit 2004 etablierten digitalen Informationsquelle ist das Internetportal Westfälische Geschichte des LWL-Instituts für westfälische Regionalgeschichte (www. westfaelische-geschichte.lwl.org). Konzipiert als ein themenspezifischer Informationspool, hält das Portal vielfältige Service- und Informationsangebote bereit. Darunter sind Einführungstexte in Epochen und Themen, Links, Biografien, Quellen, Ereignisse, Medien und Karten. So ist u. a. die „Digitale Westfälische Urkunden-Datenbank“ (DWUD) – mit rund 90.000 Urkundenregesten die größte regionale Regesten-Datenbank Deutschlands – einBaustein des Portals. Eine Fachanwendung, die digital organisierte Arbeitsabläufe sowohl innerhalb der Verwaltung und Wissenschaft ermöglicht, als auch in der Kommunikation mit externen Geschäftspartnern*innen und Behörden modernen Ansprüchen gerecht wird, ist das (Geo)Informationssystem DELOS. Es ist das datenführende System für die Fachbereiche der Denkmal- und Kulturlandschaftspflege, Archäologie sowie der paläontologischen Bodendenkmalpflege in Westfalen. DELOS bildet darüber hinaus die Basis für die Integration von Fachdaten weiterer LWL-Kultureinrichtungen, sowie für eine mögliche Bereitstellung kulturfachlicher Informationen für eine breite Öffentlichkeit.

Diese Beispiele zeigen, dass die digitale Transformation alle Aufgabenbereiche erfasst: „Sammlung, Erforschung und Dokumentation“ ebenso wie „Vermittlung, Information und Beratung“.
 

Sammlung, Erforschung und Dokumentation
Insgesamt erlebt die wissenschaftliche Forschung im Zeitalter der digitalen Transformation einen rasanten Veränderungsprozess: Dazu tragen computergestützte Forschungsmethoden und Lehre
ebenso bei, wie digitale Werkzeuge für den wissenschaftlichen Alltag, die „Retrodigitalisierung“ historischer Quellen und Literatur, neue Möglichkeiten der Visualisierung und Präsentation von
Forschungsergebnissen sowie moderne Publikationsformen. Gleichzeitig eröffnet die digitale Transformation für die wissenschaftliche Arbeit neue Möglichkeiten der Kommunikation und des
Austausches innerhalb von wissenschaftlichen Netzwerken.

Auch bei Wissenschaftlern*innen und bildungsaffinen Gruppen sinkt im Zeitalter des Digitalen die Verweildauer in Bibliotheken und Archiven, während der Wunsch nach Online-Recherche und
Online-Präsentation steigt. Archive, Bibliotheken und Museen stehen, ob sie es wollen oder nicht, in Konkurrenz mit anderen Informationseinrichtungen. Die Unikalität der Bestände schützt diese nicht vor dem Vergessenwerden: Je schwerer sie aufzufinden sind, umso unwahrscheinlicher ist es, dass sie genutzt werden. Ihr möglicherweise unübertrefflicher Wert für historische und andere Fragenstellungen muss wahrnehmbar, auffindbar, recherchierbar und nutzbar sein und bleiben. Über die reine Onlinestellung hinaus erfordert dies die Anwendung eingeführter Standards und, wenn möglich, offener Lizenzen (Linked open data).

Der Wert eines Kulturobjekts hängt für die Wissenschaft wie für die Öffentlichkeit maßgeblich davon ab, dass es zuverlässig aufbereitet, umfassend und standardisiert dokumentiert, sowie einfach zugänglich ist. Ohne eine Kontextualisierung durch die Verknüpfung mit Erschließungsinformationen steht ein Digitalisat isoliert da, ist nicht identifizierbar und so praktisch wertlos. Entsprechend wichtig ist eine gründliche Dokumentation u. a. auf Basis einheitlicher offener Standards und Normdaten (Metadaten). Die digitale Reproduktion von Kulturgütern und deren sorgfältige, digital gestützte Dokumentation und Zugänglichmachung liegen deshalb im genuinen Interesse des kulturellen Aufgabenfeldes Sammlung, Erforschung und Dokumentation. Dabei darf die Digitalisierung das Objekt nicht gefährden, sondern soll dessen intensive Nutzung bei gleichzeitiger künftiger Schonung des Originals ermöglichen, was im Prozess der digitalen Transformation einen gewissenhaften und sachverständigen Umgang mit den Originalen erfordert.

Besondere Bedeutung hat die digitale Transformation für die Sicherung des immateriellen Kulturerbes, weil es nicht physisch existiert und deshalb mit besonderer Sorgfalt aufgezeichnet werden muss. Zugleich existieren zunehmend Kulturgüter (Kunstwerke, Texte, Filme, Datenbanken etc.), die von vornherein digital entstanden sind (Born Digitals) und entsprechend genuin digitales Sammlungsgut darstellen. Ihre Bewahrung erfordert neue Strategien und andere Werkzeuge, Techniken und Strategien, als der Erhalt analoger Kulturgüter. Nicht zuletzt müssen sich Gedächtnisinstitutionen die Frage stellen, wie digitale Langzeitspeicherung und -archivierung im Hinblick auf die Schnelllebigkeit der Technik überhaupt aussehen kann. Immer „up to date“ zu bleiben, bedeutet also vor allem auch, „digitale Anschlussfähigkeit“ zu gewährleisten.

Abbildung: Der interaktive, digitale Spieletisch zum „Westfälischen Friede“ der Dauerausstellung im LWL-Museum für Kunst und Kultur ist eines der Highlights für Besucher*innen, Foto: LWL / H. Neander

Vermittlung, Information und Beratung

Scheinbar alle Informationen dieser Welt werden heute digital bereitgestellt und rezipiert. Weil kaum noch wahrgenommen wird, was im Netz nicht zu finden ist, gewinnt die digitale Präsenz für Kultureinrichtungen enorm an Bedeutung. Es entstehen neue Möglichkeiten, Nutzer*innen zu erreichen und an Kultur zu beteiligen. Digitale Medien öffnen Wege zu jüngeren und bisher wenig an klassischer Kultur interessierten Personen und müssen daher als Vermittlungswege aktiv genutzt werden.

Der Umgang mit neuen Medien bedingt nicht nur neue Vermittlungsformen für die Inhalte, sondern schafft auch neue „Spielregeln“ für das Miteinander der Kulturakteure*innen. Die digitale Transformation eröffnet gleichzeitig eine Chance, Kultur mithilfe digitaler Medien auf neue Weise zu gestalten und zu vermitteln. Kulturprogramme können vielseitiger und gezielter kommuniziert werden. Mit der Nutzung von Social-Media-Angeboten stehen neue, effiziente Formen interaktiver Vernetzung und weitreichender Vermarktung von Inhalten und Angeboten zur Verfügung. Weit über die Nutzung der neuen und nicht mehr ganz neuen Sozialen Medien als Marketingkanäle für die weiterhin analogen Kulturangebote hinaus, bietet die digitale Transformation neue Chancen. Mit ihr lässt sich Kulturgut orts- und zeitungebunden sowie barrierearm zugänglich machen und vielschichtig präsentieren. Digitale Instrumente können dabei helfen, Menschen mit Beeinträchtigungen und marginalisierte soziale Gruppen auf Kulturangebote aufmerksam zu machen und ihnen neue Formen des Kulturerlebens zu zeigen. Zugleich können Museen und andere Kultureinrichtungen ihr Vermittlungsangebot digital erweitern: zum einen durch zusätzliche Informationsangebote beim Besuch der Einrichtungen selbst (z. B. durch Ausstellungs-Apps, kurze Erklärvideos, „Augmented- und Virtual-Reality“, 3D-Rekonstruktionen, „Animationen“ etc.), zum anderen durch innovative Formen der virtuellen Aufbereitung und Präsentation von Informationen im Netz (z. B. mit virtuellen Zeitreisen, interaktiven Formaten, Digitorials, Online-Kursen, digitalen Sammlungen etc.), die den in den Kultureinrichtungen vorhandenen Wissensschatz weithin verfügbar machen. Analoge Angebote werden damit nicht zwingend ersetzt, sondern ergänzt. Digitale Erweiterungen unterstützen die Vor- und Nachbereitung von Besuchen, halten die Inhalte temporärer Ausstellungen über das Ausstellungsende hinaus verfügbar, und machen die Bestände in den Depots und damit den ganz übe überhaupt sichtbar.

Kultureinrichtungen eröffnet die digitale Transformationmso die Möglichkeit, die von ihnen bewahrte und gepflegte kulturelle Überlieferung weltweit zu vermitteln und sichtbar zu halten, sowie diese in einen Bezug zu inhaltlich verwandten Beständen zu stellen. Gleichzeitig ermöglicht eine digitale Präsentation für breite Bevölkerungskreise die Teilhabe am kollektiven Kulturerbe und ein lebenslanges Lernen. Aber auch wenn die Nutzer*innen von Kultur insgesamt digitaler werden, sind nicht alle gleich. Es kommt künftig immer stärker darauf an, sie individuell und passgenau anzusprechen, online wie offline.

Mit der digitalen Transformation werden sogar völlig neue Formen der Beteiligung möglich: Wenn eine Sammlung vollständig digitalisiert ist, können sich Nutzer*innen online ihre eigene Auswahl
zusammenstellen oder über Votings sogar an der Zusammenstellung von Ausstellungen beteiligt werden. Das schafft die für viele Menschen so wichtigen Möglichkeiten der aktiven Beschäftigung
mit der Kultur. Der LWL verstärkt permanent seine digitale Präsenz und Sichtbarkeit, sowohl im Bereich der Ausstellungen und Präsentation der Sammlungen, als auch bei den Vermittlungsformaten.
Dabei sind digitale und analoge Präsentation stets als sich ergänzend zu verstehen.

Ziel ist es also, die unter dem Dach der LWL-Kultur vorhandenen und administrierten Exponate und das gesammelte Wissen für Interessent*innen von außen möglichst einfach erreichbar, auffindbar und nutzbar zu machen: In Form eines Exponate- und Wissenspools, der Querverbindungen zwischen den Beständen einzelner Häuser und Institute aufzeigt, in einen größeren Zusammenhang stelltund Interessent*innen auf einfache und komfortablem Weise mit allen verfügbaren Exponaten und Informationen in Kontakt bringt.

Die digitale Agenda
Die LWL-Kultureinrichtungen haben eine große Reichweite und damit eine Verantwortung für die Vermittlung der kulturellen Vielfalt und Geschichte in Westfalen-Lippe. Dieser Anspruch gilt auch im Wettbewerb mit immer vielfältigeren digitalen Angeboten. Neben dem Umgang mit digital erzeugten Inhalten („born digitals“) steht der LWL zudem vor zusätzlichen Herausforderungen bei der digitalen Erschließung, Zurverfügungstellung und Archivierung analoger Bestände und Daten. Die LWL-Kultur will die digitalen Möglichkeiten offensiv nutzen und zu ihrer Weiterentwicklung
beitragen.

Mit der Digitalen Agenda der LWL-Kultureinrichtungen hat die LWL-Kultur im Dezember 2016 einen ersten Schritt getan, um die wichtigsten Bereiche digitalen Arbeitens zu benennen.
Alle Handlungsfelder der LWL-Kultureinrichtungen besitzen heute neben der analogen auch eine digitale Dimension. Der digitale Transformationsprozess geht dabei weit über eine Umwandlung
bestehender analoger in digitale Inhalte hinaus. Die digitale Welt schafft für Kultur vielmehr neue Inhalte, Wege und Möglichkeiten des Arbeitens, Forschens und Erlebens. Daher spielen digitale
Aktivitäten sowie die Kenntnisse digitaler Handlungsfelder und Vorgehensweisen bei unserer Arbeit im Innern wie nach außen eine zentrale Rolle. In den folgenden Bereichen setzt sich die LWL-Kultur besondere Ziele:

Nach außen
Die digitale Präsenz Westfalen-Lippes fördern und erhöhen: Um das reiche Kulturerbe Westfalen-Lippes in der Region selbst und weltweit stärker sichtbar zu machen, soll u. a. in strategischer Partnerschaft mit der Deutschen Digitalen Bibliothek (DDB) eine übergreifende und nachhaltige Online-Infrastruktur für die Zugänglichmachung, Vernetzung und Präsentation digitalisierter
Sammlungen aufgebaut werden. Sie soll sowohl die LWL-Einrichtungen untereinander, als auch andere Kulturakteure in der Region miteinander vernetzen. Zudem sollen Beratungsangebote und
Förderungen etabliert werden, um kulturellen, kommunalen Einrichtungen in Westfalen-Lippe den Weg zur digitalen Transformation zu ermöglichen und zu erleichtern. Ziel ist, das westfälisch-lippische Kulturerbe so umfassend und unmittelbar wie möglich für Bildung, Wissenschaft und die breite Öffentlichkeit sicht- und nutzbar zu machen.

Nutzerfreundlichkeit: Nutzer*innen haben diemWahl zwischen vielfältigen Zugangsformen zu digitalen Inhalten. Es ist Aufgabe von Kultureinrichtungen, die digitalen Inhalte und Anwendungen zur Verfügung zu stellen, dafür Sorge zu tragen, dass alle Nutzer*innen partizipieren können und technische Barrieren überwunden werden. Eine große Herausforderung stellt die steigende Zahl mobiler Nutzungsszenarien dar. Neben strukturierten und auf die Nutzer*innengruppe zugeschnittenen Inhalten müssen auch nutzerfreundliche Benutzeroberflächen geschaffen werden. Voraussetzung hierfür ist eine gezielte Analyse des Nutzungskontextes und der Nutzer*innengruppen.

Partizipation: Die LWL-Kultureinrichtungen verfügen über eine lange Tradition in der Einbindung ehrenamtlicher Tätigkeiten. Im Digitalen erhält dieser Bereich neue Impulse durch die Möglichkeiten zur Mitarbeit an kollaborativen Plattformen wie Wikipedia oder zur ortsunabhängigen Beteiligung an Forschungsprozessen im Rahmen von Citizen Science-Projekten. Diese Möglichkeiten wollen die LWL-Kultureinrichtungen aktiv wahrnehmen. Hierzu gehört auch die Auseinandersetzung mit der Frage, welche Inhalte zur weiteren Nutzung frei zur Verfügung gestellt werden sollen und können.

Inklusion: Menschen mit Behinderungen können mit Hilfe digitaler Angebote besser und selbstbestimmter am kulturellen Leben teilhaben. Der Einsatz von Screenreadern, die Möglichkeit der Tastaturbedienung, Gehörlosenvideos oder auch barrierefrei gestaltete Audio- und Videoguides sind nur einige Stichworte. Mit dem Projekt „Inklusives Internet“ hat der LWL dieses Thema verbandsweit in den Blick genommen.

Rechtliche Rahmenbedingungen: Als großer überregionaler Kulturträger ist der LWL gefordert, sich auch politisch in die Diskussionen um das Urheberrecht und andere Gesetze beispielsweise zum
Umgang mit verwaisten Werken einzuschalten. Die LWL-Kultureinrichtungen machen es sich zur Aufgabe, die sie betreffenden rechtlichen Entwicklungen und Ausgestaltungen zu beobachten und ihre Sicht als Kultur- und Wissenseinrichtungen aktiv in die Diskussion einzubringen. Im Umgang mit Nutzungsrechten können Mitarbeiter*innen, die im dienstlichen Auftrag mit der gebotenen Sorgfalt digitale Ressourcen nutzen und publizieren, gegen rechtliche Risiken abgesichert werden.

Nach innen
Digitalisierung und digitale Langzeitsicherung von Inhalten: Die große Mehrzahl an Objekten in den LWL-Museen steht nach wie vor nur analog zur Verfügung. Es ist für die Vermittlung und den Schutz des kulturellen Erbes von großer Bedeutung, diese soweit es möglich und sinnvoll ist zu digitalisieren, zu erschließen und der Öffentlichkeit zur Verfügung zu stellen. Dazu bedarf es der Entwicklung von Priorisierungskriterien, der Abstimmung von Standards zur Digitalisierung und ausreichender Finanzmittel. Hierbei soll vorhandenes Know-how in den Kultureinrichtungen vernetzt werden. Ebenso wichtig ist die Entwicklung von Konzepten für eine digitale Langzeitarchivierung, um das wachsende digitale Kulturerbe Westfalens dauerhaft zu sichern. Besonderes Augenmerk verlangen dabei die sogenannten „born digitals”, also Objekte, die schon bei ihrer Entstehung rein digital sind, bei deren Verlust also nicht auf analoge Vorlagen zurückgegriffen werden kann.

Verknüpfung und Austausch von Daten: Der zunehmende Umfang an digitalen Daten ermöglicht neue Fragestellungen über einzelne, isolierte Datenbestände hinaus. Grundvoraussetzung ist, dass die Digitalisate angemessen inhaltlich erschlossen werden. Der Wert digitalisierter Kulturdaten steht und fällt mit der Qualität und Standardisierung ihrer inhaltlichen Beschreibung. Die Schaffung von abgestimmten Metadaten und Schnittstellen ist dabei die Grundlage für den internen und externen Austausch von Kulturdaten (Interoperabilität). Ziel sollte es sein, LWL-weit gezielt nach Informationen, Daten und Exponaten suchen zu können. Hierbei muss die Selbständigkeit der einzelnen Angebote sowie die Identifizierbarkeit der Daten gewahrt bleiben und die Verwendung normierter Vokabulare gefördert werden.

Technische Infrastruktur: Der Einsatz mobiler Endgeräte wie Notebooks, aber vor allem auch Tablets und Smartphones, sowie die Nutzung der damit verbundenen Infrastruktur, ist für immer mehr Mitarbeiter*innen aus ihrem privaten Umfeld nicht mehr wegzudenken. Entsprechende Arbeitsmittel werden zunehmend auch im dienstlichen Umfeld wichtiger. Neben der Ausstattung mit der für die jeweilige Tätigkeit notwendigen Hardware ist nicht nur eine schnelle Leitungsanbindung der Arbeitsplätze von Bedeutung, sondern auch die Schaffung mobiler Arbeitsmöglichkeiten (u. a. Geräte für den Außeneinsatz, mobile Datenzugänge). Die steigende Menge an digitalen Daten erfordert wachsende Anbindungen, die einen dauerhaft verzögerungsfreien Zugriff ermöglichen. Dies betrifft auch die steigende Nachfrage nach WLAN-Ausstattungen für die Besucher*innen der Einrichtungen. Hier müssen die LWL-Kultureinrichtungen mit der allgemeinen Entwicklung und veränderten Erwartungshaltungen Schritt halten. Bei der Software-Ausstattung sollten zunehmend auch spezialisierte, webbasierte Anwendungen wie Cloud- oder Newsletterdienste berücksichtigt werden. Ebenfalls muss der Austausch großer Datenmengen über ein Filehosting möglich sein. Als überregional bedeutende Forschungseinrichtungen benötigen einige LWL-Kultureinrichtungen darüber hinaus spezialisierte Hard- und Software, z. B. für den Bereich moderner 3D-Scan- und Druckverfahren.

Das in dieser Entwicklung erworbene Know-How wird das LWL-Kulturdezernat perspektivisch auch Kultureinrichtungen in kommunaler und ehrenamtlicher Trägerschaft zugänglich machen und
diese aktiv bei der Entwicklung und Umsetzung einer Digitalstrategie unterstützen.

Engagierte Köpfe und kluge Hände

Die Mitarbeiter*innen im LWL Kulturdezernat

⇒ Was wir wollen

• Vielfältigere professionelle Kompetenzen der LWL-Kulturmitarbeiter*innen

• Bild der LWL-Kultur als attraktiver Arbeitgeber auch durch moderne Angebote zur Work-Life-Balance

• Nachhaltiger und strukturierter Einsatz digitaler Medien

• Einbeziehung der Teams der LWL-Museen für ein positives Besucher*innenerlebnis

⇒ Was wir tun

• Förderung der vielfältigen Kompetenzen in den Teams der LWL-Kultur und Einbeziehung in die Erarbeitung von Abläufen und Konzepten

• Anpassung von Arbeitsbedingungen und Stellenausschreibungen an moderne Anforderungen

• Ergänzung der Arbeitsplätze durch moderne Technik

• Maßnahmen zur Steigerung der Servicequalität in den Museen und Kultureinrichtungen

Veränderte Rahmenbedingungen stellen auch neue Anforderungen an die LWL-Kultur als Arbeitgeber. Die von Mitarbeiter*innen benötigten Kompetenzen verändern sich ebenso wie die Anforderungen an einen modernen Arbeitsplatz und das Miteinander mit unseren Kunden*innen, Förderern*innen und Partnern*innen.

Die LWL-Kultur benötigte schon immer Mitarbeiter*innen mit breit gefächerten Kompetenzen. Naturwissenschaftler*innen, Archäologen*innen, Kunsthistoriker*innen etc. waren und sind weiterhin gefragt. Doch zusätzlich werden neue Berufsbilder wie Veranstaltungsmanager*innen, Social Media-Experten*innen, Marketingfachleute, Gestalter*innen, Designer*innen und Fachexpertise im kulturpolitischem Bereich wichtig.
Denn bei einer Ausstellung oder einem anderen Kulturangebot geht es nicht mehr nur um die reine Präsentation oder Vermittlung, sondern gleichzeitig um eine professionelle Vermarktung, die Sichtbarkeit in Sozialen Medien, die Ergänzung mit digitalen Vermittlungsformen bis hin zur Virtual Reality und die Umsetzung in digitalen Medien zusätzlich zum klassisch gedruckten Ausstellungskatalog. Jedes dieser Arbeitsfelder macht spezielle Kompetenzen notwendig und hat damit Einfluss auf die benötigten Mitarbeiter*innen. Zusätzlich spielen der demografische Wandel und der Zuwachs an Menschen, die in Deutschland Zuflucht gefunden haben, eine Rolle, wenn andere Sprachkompetenzen oder Mitarbeiter*innen mit Migrationshintergrund und besonderen interkulturellen Kompetenzen gefordert sind.

Der Umgang mit digitalen Medien und digitalen Anwendungen ist längst selbstverständlich und wird weiter an Bedeutung zunehmen. Deshalb müssen die Profile in den Stellenausschreibungen verändert und die Stellenpläne entsprechend angepasst werden, um Professionalität und Nachhaltigkeit zu gewährleisten. Bislang werden Blogs u.ä. häufig von den Volontären*innen bedient, die aber nur begrenzt zeitlich in der jeweiligen Einrichtung arbeiten. Danach kann es passieren, dass solche Instrumente, die grundsätzlich bedeutsam für die Kunden*innenbindung- und -gewinnung sind, brachliegen, bis wieder jemand Zeit und Kompetenzen hat, sich der Aufgabe zu widmen. Soziale Medien dürfen aber eben nicht dem zufälligen Vorhandensein von Mitarbeiter*innen überlassen werden, die gerade Spaß am Bloggen haben. Ohne Kontinuität mit einer entsprechenden personellen Besetzung können potenzielle Zielgruppen weder interessiert noch dauerhaft als Adressaten*innen gewonnen werden.

Deshalb sollte überlegt werden, wie personelle Ausstattung für digitale Aufgaben angemessen gesichert werden kann, ohne die analogen Angebote, die nach wie vor für einen erheblichen Anteil der Menschen von hohem Wert sind, zu vernachlässigen.

Aber auch die Ansprüche, die Arbeitnehmer*innen heute an die Ausgestaltung ihres Arbeitsumfeldes stellen, haben sich verändert. Nicht nur die Vergütung, sondern auch Work-life-balance hat entscheidenden Einfluss auf die Wahl eines Arbeitgebers. In Einstellungsgesprächen wird häufiger nach individuellen Zeitangeboten gefragt und Heimarbeitsplätze werden gewünscht. Um kompetentes und motiviertes Personal anzuwerben, macht der LWL entsprechende Angebote.

Gleiches gilt für leistungsbezogene Bezahlung. Arbeitszeitregelungen und Vergütungen sind Teil der allgemeinen Personalstrategie des LWL und dürfen mit Blick auf die Notwendigkeit, gutes Personal insbesondere in den ländlichen Regionen zu gewinnen und zu halten, nicht außer Acht gelassen werden. Für die LWL-Kultur und ihre Dienststellen ist wichtig, strategisch im Blick zu behalten, dass die Mitarbeiter*innen mobiler arbeiten möchten. Dies erfordert eine angemessene Ausstattung mit der entsprechenden Technik. Bei Einstellungen müssen digitale Kompetenzen systematisch in die Arbeitsplatzbeschreibungen aufgenommen werden, Mitarbeiter*innen können mit regelmäßigen Fort- und Weiterbildungen auf aktuelle und zukünftige Entwicklungen vorbereitet werden.

Die Service-Mitarbeiter*innen der LWL-Kultur sind der erste Anlaufpunkt für die Besucher*innen und damit wichtige Botschafter*innen. Sie können mit einem positiven ersten Kontakt im Museum, sei es an der Kasse oder bei der Besucher*innenführung, dafür sorgen, dass Besucher*innen gerne wiederkommen. Dazu ist mehr als ein klassisches Serviceverständnis notwendig. Aufgrund baulicher Besonderheiten der Museen ist es zum Beispiel nicht immer möglich, vollständige Barrierefreiheit zu erreichen. Hier können freundliche Angebote des Servicepersonals zur individuellen Hilfe bauliche Unzulänglichkeiten ausgleichen. Dem Museumsteam muss es insgesamt gelingen, ein positives Umfeld für den Kunden*innen zu schaffen.

Darin sind wir bereits vorbildlich. Die LWL-Industriemuseen haben sich seit Jahren kontinuierlich im Bereich Service qualifiziert und das Q-Siegel erhalten. Diese Kompetenzen können weiter gesteigert und flächendeckend gesichert werden.
 

Museen in Bewegung für eine Region im Wandel

Die Museumslandschaft Westfalen-Lippe

⇒ Was wir wollen

• Unterstützung der lokalen Museen in Westfalen-Lippe

• Kooperationen der Museen in Westfalen-Lippe zur besseren Nutzung personeller, finanzieller und digitaler Ressourcen sowie gegenseitige Ergänzung und Bereicherung bei musealen Sammlungen

• Etablierung von Beratungsleistungen und Aufzeigen von Fördermöglichkeiten im Hinblick auf die digitale Transformation

• Flächendeckende Museumsentwicklungspläne der LWL-Museen

• Unterstützung eines NRW-Museumsverbandes zur Stärkung der Häuser


⇒ Was wir tun

• Museen in kommunaler und ehrenamtlicher Trägerschaft fachlich beraten und begleiten

• Ausbau von Netzwerken und regionaler Zusammenarbeit durch Intensivierung bestehender und Schaffung neuer Unterstützungsleistungen

• Zielgerichtete Förderung von Häusern, die anerkannte Museumsstandards erfüllen

Die Museen in Westfalen-Lippe sammeln, bewahren, erforschen und vermitteln das materielle und immaterielle Erbe der Region, bieten Orientierung über unsere Herkunft und Geschichte und thematisieren gegenwärtige Probleme sowie wichtige Fragen des zukünftigen Zusammenlebens.
Sie wirken damit direkt in die Gesellschaft und geben Impulse für ihre Erneuerung. Mit seinen eigenen Museen nimmt der LWL dabei eine aktive Rolle ein, über die Beratung und Förderung bietet er zudem subsidiäre Hilfe für die kommunal getragenen Häuser und für privatwirtschaftlich geführte Museen, vor allem für die große Gruppe der ehrenamtlich geführten Vereinsmuseen. Diese Strukturen müssen durch zielgerichtete Maßnahmen weiterentwickelt werden.

Für die meisten Museen in Westfalen sind die Erforschung der Provenienz ihrer Objekte und die Kolonialismusforschung noch weitgehend neue Aufgaben, für die umfangreiches Spezialwissen erforderlich ist. Die Suche und Identifizierung von NS-verfolgungsbedingt entzogenem und anderweitig unrechtmäßig erworbenem Kulturgut ist als nationaler Auftrag seitens der Bundesrepublik Deutschland, der Bundesländer sowie der kommunalen Spitzenverbände anerkannt. Im Nachgang zu dem im Herbst 2013 bekannt gewordenen spektakulären „Fall Gurlitt“ und der damit einhergehenden Diskussion, besteht ein gesteigertes öffentliches Interesse an der Erforschung der Herkunft von Museumsobjekten. Darauf will auch der LWL reagieren. In den LWL-Museen wird dieser Auftrag im Rahmen der Objektdokumentation und Forschung laufend geleistet, ein besonderer Personalbedarf wird lediglich am LWL-Museum für Kunst und Kultur gesehen. Hier ist mit Drittmitteln eine auf zwei Jahre befristete Stelle für eine Provenienzforscherin eingerichtet worden. Einen Überblick zum Sachstand in den LWL-Museen und -Kulturdienststellen hat die Verwaltung im Juni 2017 gegeben.

Für die Mehrheit der kommunalen Museen und kleinen Sammlungen fehlt die Möglichkeit, diese intensive Forschungsarbeit an der eigenen Sammlung selbst zu organisieren und zu finanzieren. Hier fällt dem LWL-Museumsamt eine Schlüsselrolle zu. Die Einrichtung fungiert als erster Ansprechpartner und Beratungsstelle für diese Häuser. Eine Kunsthistorikerin ist zertifizierte Provenienzforscherin und nimmt an verschiedenen Arbeitskreisen der Provenienzforscher*innen in NRW teil. In einem wesentlich vom LVR getragenen Projekt wird nach tragfähigen Strukturen in NRW für die Beratung dieser Museen gesucht. Tendenziell wird eine Lösung im Rahmen der existierenden Strukturen angestrebt. Das LWL-Museumsamt wird mit dem LVR 2020/21 eine Wanderausstellung zum Stand der Provenienzforschung entwickeln.

Ausbau und Optimierung von Netzwerken:
Qualitatives Wachstum in der regionalen Kultur wird aufgrund begrenzter finanzieller Mittel in Zukunft vornehmlich durch Kooperationen und Netzwerke entstehen, bei denen bestehende Einrichtungen ihre Leistungen abstimmen, optimieren und miteinander vernetzen. Beispielgebend ist hier das Netzwerk „Preußen in Westfalen“ zu nennen. Darin übernimmt der LWL nach innen eine moderierende Funktion und nach außen eine Sprecherrolle. Damit solche Netzwerke mit einer Zusammenarbeit auf Augenhöhe entstehen, muss es einen Bedarf aus der regionalen kulturellen Landschaft geben, dem die LWL-Kultur mit überzeugenden Konzepten begegnet, die zur Mitwirkung motivieren.
Ebenso muss die Zusammenarbeit zwischen den Landschaftsverbänden und dem Land NRW intensiviert und besser abgestimmt werden. Kostenintensive Doppelstrukturen und Konkurrenzen sind nicht mehr vertretbar. Ein Blick auf die 1970er und 80er Jahre zeigt, wie gewinnbringend kooperative Strukturen für die Sache und für die Akteure*innen sein können: In einem gemeinsamen finanziellen Kraftakt von LWL, LVR und dem Land NRW gelang damals der zeit- und kostenintensive Aufbau der beiden Industriemuseen als Mammutprojekt, parlamentarisch begleitet von der Koordinierungskommission Industriemuseen. Ähnliche Modelle werden auch heute gebraucht, zum Beispiel für die digitale Transformation in den Museen. Dies ist eine Aufgabe, an der alle Akteure*innen zielgerichtet und abgestimmt mitwirken müssen. Kommt eine konzertierte Aktion nicht zustande, besteht die Gefahr unnötig hoher Kosten und unvereinbarer Parallelsysteme. Aktivitäten und Strukturen in Bayern können hier Orientierung geben und beispielgebend sein.

Zur Situation der Museen in kommunaler Trägerschaft:
Die kommunalen Museen in Westfalen-Lippe zeigen nach dem Museumsboom in den 1970er bis frühen 1990er Jahren mit zahlreichen Neugründungen inzwischen Tendenzen des Rückbaus. In den letzten Jahren haben viele Kommunen die finanziellen Leistungen an ihre Museen reduziert. An die Stelle kommunaler Regiebetriebe traten zunehmend privatrechtliche Konstruktionen und bürgerschaftliches Engagement. Diese Hybridformen haben, auch wegen der geringen Zinserträge, sehr häufig zu chronischer, struktureller Unterfinanzierung, fragilen Betrieben und gesunkenen fachlichen Standards geführt, insbesondere bei den musealen Kernaufgaben. Die kontinuierliche Pflege von Gebäuden und Sammlungen sowie die notwendige finanzielle Ausstattung der Vermittlungsarbeit unterblieben, Personal wurde abgebaut. Folge dieser Entwicklung sind deutliche Verluste an inhaltlicher und personeller Qualität sowie an gesellschaftlichen Bindungen an die Institution Museum. Im Zuge von Museumsschließungen verwaiste Sammlungen konnten bisher in Museen „der Nachbarschaft“ aufgenommen werden. Das wird künftig nicht immer möglich sein. Der Deutsche Museumsbund (DMB) empfiehlt deshalb, öffentliche Fördergelder in erster Linie den qualifiziert arbeitenden Häusern zukommen zu lassen, die eine Erfüllung der Museumsstandards des DMB und von ICOM anstreben und erreichen können. Darauf hat der LWL sowohl in seinen Förderrichtlinien, als auch in seinen Maßnahmen zur strukturellen Entwicklung der Museumslandschaft in der Region reagiert. Fördermittel können also künftig nur zur Qualifizierung besonderer Potenziale in der westfälischen Museumslandschaft eingesetzt werden.

Unterstützung der vereinsgeführten Museen:
Quantitativ befinden sich die meisten Museen in Westfalen-Lippe in der Trägerschaft von Vereinen. Über die Hälfte aller Häuser in der Region wird ehrenamtlich betrieben. Diese Häuser haben Probleme, die sich von denen der kommunalen Museen signifikant unterscheiden. Zunächst führt der demografische Wandel dazu, dass vielen – wenn auch nicht allen – Häusern der Nachwuchs und damit die Perspektive fehlen. Damit ist auch die Frage nach der Zukunft der Sammlungen berührt. Wer nicht weiß, ob der Verein die nächsten zehn Jahre noch überlebt, packt Probleme nicht mehr an. Kommt es zur Auflösung des Museums, droht der Sammlung ein ungesteuerter Verlust. Auch ein geschwundenes gesellschaftliches Interesse an der Ortsgeschichte und veränderte Rezeptionsgewohnheiten tragen dazu bei, dass vielen Häusern Orientierung und Motivation verloren gegangen sind. Schließlich sind die Museumssammlungen oft selbst ein Problem: Fehlende Sammlungskonzepte bedingen unspezifische Sammlungen, deren Herkunft und Geschichte ungeklärt sind und die sich für eine zukunftsorientierte Vermittlung wenig eignen.

Diese Problematik greifen das LWL-Museumsamt und der Westfälische Heimatbund auf. In Abstimmung mit Beratungseinrichtungen und Heimatverbänden in anderen Bundesländern wird an einer umfassenden Problemanalyse und Lösungsansätzen gearbeitet. Als erster Schritt ist eine gemeinsame Tagung im Sommer 2020 verabredet, bei der eine Modellregion in den Fokus gerückt werden soll, um Lösungsansätze insbesondere für den ländlichen Raum aufzuzeigen. Ziel soll es sein, gesellschaftliche Akzeptanz des Engagements, Besuchererfolg und Nachhaltigkeit der ehrenamtlichen Arbeit zu verbessern und gelungene Neuausrichtungen anhand von „best practice“-Beispielen aufzuzeigen. Unverkennbar ist schon jetzt: Ehrenamtlich geführte Museen haben eigene Qualitäten und Chancen, die nur durch Fort- und Weiterbildung gestärkt und entwickelt werden können. Der LWL hält dafür die notwendigen Strukturen und Instrumente vor.

Museumsentwicklungspläne der LWL-Museen:
Die LWL-Museen bündeln die Kulturgeschichte der Region Westfalen-Lippe mit vielfältigen inhaltlichen Schwerpunktsetzungen und vermitteln sie an 20 Standorten in diesem Raum, überwiegend an authentischen historischen Orten. Sie nehmen ihre Aufgaben mit besonders hohem fachlichem Anspruch wahr und wirken dadurch beispielgebend in die Museumslandschaft der Region. Über ihre strategischen Ziele, ihr Aufgabenverständnis, ihre Maßnahmen, Fachanwendungen und ihren Personalaufbau geben die Museumsentwicklungspläne Auskunft. Sie müssen vollständig und jeweils aktualisiert vorliegen, damit die darin festgehaltenen fachspezifischen Entwicklungen für andere Planungsprozesse öffentlich zugänglich sind und sie der Museumslandschaft Orientierung geben.

Stärkung der fachlichen Kompetenz der kommunalen und vereinsgetragenen Museen:
Der LWL muss seine Ausgleichsfunktion künftig durch verschiedene Maßnahmen stärker und nachdrücklicher unter Beweis stellen. Dabei muss er einerseits seine bestehende Unterstützung der regionalen Museumslandschaft deutlicher vermitteln, andererseits sollten die LWL-Museen durch bespielhafte Projekte auch Aufgaben für die kommunalen und möglicherweise auch vereinsgetragenen Museen wahrnehmen oder sich exemplarisch für diese engagieren. Stärker als bisher muss die Museumslandschaft durch Tandemstrukturen gemeinsam gedacht und entwickelt werden. Auf lokaler Ebene kommen diese zunehmend in Gang, was sich beispielhaft an der Zusammenarbeit im Kreis Borken zeigt. Hier soll das 2017 eröffnete Museum „kult“ in Vreden die wissenschaftlichen Belange der kleineren kommunalen Museen im kreisangehörigen Raum koordinieren und unterstützen, in Teilen sogar übernehmen, während das operative Geschäft bei den Kommunen verbleibt. Pionier einer solchen Struktur ist das Glockenmuseum Gescher, dessen Leitung nicht mehr neu besetzt wird. Ähnliche Strukturen hat das LWL-Museumsamt auch für das neu ausgerichtete Sauerland-Museum empfohlen, wo sehr viele vereinsgetragene Häuser auf Unterstützung hoffen.

Solche Tandemstrukturen sind gerade in ländlichen Räumen erfolgversprechend. Hier können beispielgebende Verbindungen zu den LWL-Museen oder zu anderen Facheinrichtungen hergestellt werden. Seit Jahren gibt es etwa gute kooperative Arbeitsbeziehungen zwischen dem LWL-Museum für Kunst und Kultur und Kloster Bentlage oder zwischen der Literaturkommission für Westfalen und Haus Nottbeck bzw. Burg Hülshoff. Solche Kooperationsverbünde zwischen Museen in Stadt und Land werden nicht nur vom Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVB) seit Jahren gefordert, sondern auch aus den Mitgliedskörperschaften explizit gewünscht, weil sie die fachliche Qualität erhöhen und die kommunalen Mitglieder von Kosten und Fachaufgaben entlasten können.

Konkret kann die Zusammenarbeit durch die Intensivierung bestehender und Schaffung weiterer Unterstützungsmaßnahmen gefördert werden:

• Optimierte Beratung und Förderung der westfälischen Museen und Gedenkstätten: Anhebung der Fördermittel, stärkere Unterstützung bei Inklusionsmaßnahmen, Ausweitung der Förderlinien bei Gedenkstätten, Beratung zur Provenienz- und Kolonialismusforschung, Beratung, Unterstützung und Förderung von Digitalisierungsaktivitäten

• Serviceleistungen, die einen Ausgleich in der regionalen Museumslandschaft herbeiführen (Wanderausstellungen, Fortbildungen, Museumsportale, Evaluationen, Publikationen)

• Präparationen für kommunale Museen bei Bedarf durch das LWL-Museum für Naturkunde

• Kompensationsfunktionen, z. B. im Bereich der Industriemuseen, da sich diese, abgesehen von wenigen Beispielen, nicht in kommunaler Trägerschaft befinden und der LWL für die gesamte Landschaft hier eine sehr kostenintensive und komplexe Aufgabe wahrnimmt

• Strukturelle Maßnahmen (z. B. Gemeinschaftsdepots in Trägerschaft der Westfälisch-Lippischen Vermögensverwaltungsgesellschaft mbH (WLV))

• Konzepte für verwaiste Sammlungen: Schaffung von Aufnahmekapazitäten für hochwertige Exponate und Konvolute in den LWL-Museen

• Exemplarische Bündnisse zwischen LWL-Museen und kommunalen bzw. vereinsgetragenen Häusern (Tandemstrukturen)

Qualifizierung der Museumssammlungen:
Museumssammlungen umfassen Objekte, Konvolute und Sammlungen, die über einen langen Zeitraum zusammengetragen wurden. Das Museum hat die verantwortungsvolle Aufgabe, diese Objekte für die Nachwelt zu erhalten. Dies setzt jedoch einen (selbst-)kritischen Umgang mit der Sammlung und dem eigenen Sammeln voraus. Für die angemessene Bewahrung der Sammlungen braucht es qualifizierte Magazine, Fachpersonal und Ressourcen für Restaurierungen. Dies alles verursacht hohe Kosten, die immer wieder zur Kritik an Museen führen.

Voraussetzung für jede Sammlung ist eine auf die Zukunft ausgerichtete individuelle Sammlungsstrategie, die in einem schriftlichen Konzept niedergelegt ist. Ein Museum ist keine Annahmestelle für Sperrmüll oder Haushaltsauflösungen. Es hat das Recht und sogar die Pflicht, Objekte und Konvolute zurückzuweisen, die nicht mit dem Sammlungskonzept vereinbar sind. Hier sind viele Museen sehr lange zu unkritisch gewesen. Sie müssen ermutigt werden, künftig auch Druck von außen zu widerstehen, um nicht am Ende nur ein Sammelsurium zu verwahren.

Ein Sammlungskonzept muss permanent weiterentwickelt und geprüft werden, um auf neue Fragestellungen reagieren zu können. Die Sammlungsüberprüfung erfolgt im Sinne der Handreichung „Migration und kulturelle Vielfalt“ des Deutschen Museumsbundes aus dem Jahr 2015. Ebenso können alte Schwerpunkte obsolet sein und müssen aufgegeben werden. Dann kann es notwendig sein, sich von ganzen Sammlungen oder Objektgruppen zu trennen. Tausch, Schenkung, Verkauf, Entsorgung oder Rückgabe an Vorbesitzer*innen sind Möglichkeiten der Abgabe. Sie tragen zur Qualifizierung und Profilierung einer Sammlung bei. Dazu hat der Deutsche Museumsbund einen Leitfaden entwickelt. Das LWL-Museumsamt berät und unterstützt alle Museen bei der Qualifizierung ihrer Sammlungen mit der richtigen Schrittfolge: Sammlungskonzept erstellen, Sammlung dokumentieren und bewerten, Entsammlung prüfen und ggf. durchführen, Sammlung richtig lagern und Restaurierungsbedarfe erkennen und umsetzen.
Zusammen mit dem Westfälischen Heimatbund und den Museumsverbänden bietet es Fortbildungen zu diesen Feldern an. Auch bestehen Fördermöglichkeiten für kommunale und vereinsgeführte Museen.

Ausrichtung der Museen an Gegenwart und Zukunft:
Museen sind nicht nur Bewahrer des dinglichen kulturellen Erbes – sie geben auch Impulse für Gegenwart und Zukunft. Den bildungspolitischen Auftrag der Museen sieht ICOM – der internationale Dachverband aller Museen weltweit – ausdrücklich in der zukunftsgerichteten Entwicklung der Zivilgesellschaft. Dies geschieht einerseits durch eine aktive Vermittlungsarbeit, die breite Teile der Gesellschaft und immer neue relevante Zielgruppen in den Blick nimmt, um ihnen Angebote zu machen und ihre Partizipation zu fördern. Das Museum wird so zum Kraftwerk der Gesellschaft, es stimuliert ein persönliches Wachstum. Aktuelle Bestrebungen versuchen, bildungsferne Gruppen sowie Menschen mit einer Migrationsgeschichte anzusprechen und zu aktivieren. Dafür wird angestrebt, Besucherbetreuer*innen mit interkultureller Kompetenz zu gewinnen.

Zum anderen richtet sich der Blick von Museen auch auf gegenwärtige Kulturereignisse und zeitgeschichtliche Phänomene. Dies betrifft zum einen Strömungen der Gegenwartskunst, darunter performative und mediale Formate, zum anderen aber auch aktuelle Themen. Dazu zählte etwa die Ausstellung „Homosexualität_en“ im LWL-Museum für Kunst und Kultur 2016. Auch zeitgeschichtliche Phänomene und Prozesse, wie etwa das Ende des Bergbaus, die Gentechnik, Verschwörungstheorien oder das Artensterben, gehören dazu. In diesen Fällen kann und will das Museum eine gesellschaftliche Diskussion anregen und stützen und einen Beitrag zu künftigen Schlüsselproblemen geben. Das Museum kann, darf und will auch Verstörendes und Schwieriges ansprechen und ist dadurch auch Motor oder Katalysator gesellschaftlicher Entwicklungen. Wichtig ist dabei, stets den Brückenschlag zwischen Ausstellungen und ihrem Gegenwartsbezug im Auge zu behalten.
Museen sind in der heutigen Zeit immer mehr zu sogenannten „dritten Orten“ geworden, in denen gesellschaftliche Diskurse stattfinden. Dies macht sie zu bedeutsamen Treffpunkten in der Region für die Bürger*innen.

Übernahme neuer Museen:
Immer wieder werden an den LWL Forderungen zur Übernahme oder zur institutionellen Förderung von lokalen Museen herangetragen. Grundsätzlich ist eine Übernahme oder institutionelle Förderung von Museen vorstellbar, die nicht nur an eine örtliche Umgebung gebunden sind und die ein zentrales gesellschaftliches Thema mit qualifiziertem Objektbestand verbinden. So könnte eine von den LWL-Museen bisher nicht repräsentierte Gattung oder ein wichtiges Thema in Form eines eigenen Museums übernommen werden. Für die Einzelfallprüfung durch politische Gremien müssen jedoch Entscheidungskriterien entwickelt werden, die durch die Politik beschlossen werden. Diese bieten dann Verwaltung und externen Partnern*innen eine klare Orientierung.

Gründung eines Museumsverbandes NRW:
Um mittlere Häuser in ganz Nordrhein-Westfalen noch besser stärken und vernetzen zu können, unterstützt der LWL weiter die Gründung eines Museumsverbandes NRW. Ein solcher Verband auf Basis einer Vereinigung der beiden bisherigen regionalen Museumsverbände ergänzt bestehende Netzwerke und sorgt für eine starke Repräsentation gerade der mittelgroßen Häuser. Ihre Bedarfe und Forderungen können so noch besser ermittelt und artikuliert werden. Das Land NRW spielt in diesen Plänen neben den beiden Landschaftsverbänden eine wichtige Rolle.
 

Wie Westfalen-Lippe arbeitet, lebt und klingt

Herausforderungen am Beispiel von Industriekultur, Freilichtmuseen und Literatur

⇒ Was wir wollen

• Stärkere Profilierung und Sichtbarmachung der Standorte und Institutionen als Kulturfachliche Knotenpunkte

• Ansprache neuer Nutzer*innengruppen und Umsetzung neuer Formen der Präsentation

• Stellung des LWL als Vorreiter und Impulsgeber, auch für andere Kulturakteure*innen und die umgebenden Sozialräume

• Neue Wege angesichts der Herausforderungen in der Entstehung, Produktion und Vermittlung von Kultur

⇒ Was wir tun

• Öffnung der LWL-Institutionen in den Bereichen Industriekultur, Freilichtmuseen und Literatur für neue Besucher*innengruppen

• Entwicklung digitaler Formen der Kulturproduktion und -vermittlung

• Stärkung der Zusammenarbeit verschiedener Kulturakteure*innen

• Ansprache und Einbeziehung neuer Zielgruppen

Nahezu alle Arbeitsbereiche des LWL befinden sich in einem andauernden Prozess der Wandlung, um auch weiterhin neue Interessen der Besucher*innen zu identifizieren, inhaltliche Schwerpunkte auszubilden und zu verstärken, sowie innovative Vermittlungsformen zu entwickeln. Am Beispiel der Industriekultur, der Freilichtmuseen und der Literatur im LWL lassen sich viele inhaltliche Herausforderungen und die passenden Entwicklungsstrategien exemplarisch aufzeigen.

Die Industriekultur ist heute ein starkes Markenzeichen der Region und ein bundesweites Alleinstellungsmerkmal. Über 500.000 interessierte und begeisterte Gäste haben allein im Jahr 2017 die acht Standorte des LWL-Industriemuseums besucht. Sie erleben die industriegeschichtliche Vergangenheit der Region anhand von originalen Schauplätzen und baulichen Zeitzeugen. Diese lebendige Auseinandersetzung der Region mit ihrer industriellen Geschichte ist auch international vorbildlich und stellt die Weichen für die Zukunft, indem aktuelle gesellschaftliche Fragestellungen aufgeworfen werden.

Ein aktives Erinnern bedeutet nicht, in der Vergangenheit stehen zu bleiben, sondern mit dem vorhandenen Wissen in die Zukunft zu blicken. Dafür brauchen die Menschen der Region authentische Orte, die inhaltlich auf hohem Niveau erschlossen sind. Beispielhaft genannt werden können „Zeche Nachtigall“ mit dem einzigen noch begehbaren Stollen oder die Möglichkeit, Glaskünstlern*innen an dem einzigen noch originalen Glasbläserofen bei der Arbeit zuzusehen. Genauso einmalig ist das Schiffshebewerk in Henrichenburg. Das LWL-Industriemuseum ist mit seinen Angeboten dabei kultureller Knotenpunkt, Wirtschaftsfaktor und Impulsgeber. Die Standorte reflektieren als Leuchttürme des Strukturwandels die Identität der Region, indem sie die Geschichte der Menschen und der Orte erzählen. Genau dieser wichtige Stellenwert und die NRW-weite Sichtbarkeit werden mit aktiven Maßnahmen gesichert und weiterentwickelt, insbesondere auch durch Kooperationen mit dem Landschaftsverband Rheinland.

Übergeordnetes Ziel ist es, durch eine Bündelung der Kräfte die von den Landschaftsverbänden maßgeblich verantwortete Industriekultur in NRW als Alleinstellungsmerkmal für NRW auf Augenhöhe mit den anderen prominenten Kultursparten zu platzieren. Dabei gilt es, das Thema Industriekultur als im hohen Maße gesellschaftlich relevant, im Heute verankert und offen für Zukunftsfragen zu präsentieren und den Rang der NRW-Industriekultur durch eine deutliche Sichtbarkeit und Strahlkraft auch außerhalb des Ruhrgebiets in gesamt NRW ins Licht zu setzen.

Auch die beiden bundesund europaweit herausragenden Freilichtmuseen des LWL sind Besuchermagnete und ziehen jährlich rund 340.000 Menschen an. Im LWL-Freilichtmuseum Detmold und im LWL-Freilichtmuseum Hagen erleben Besucher*innen spannende Ausstellungsthemen, handwerkliche Vorführungen, innovative Vermittlungsprogramme und vielfältige, auf die Inhalte der Museen bezogene, Veranstaltungen. Mit dem heutigen Erfolg wird der Weitblick der Gründungen in den 1960er-Jahren belohnt, als der LWL sich in Hagen mit fortschrittlichen Konzepten einerseits den Themen Technik, Gewerbe, Handwerk und deren Geschichte widmete und zudem in Detmold verschiedene Zeitepochen und soziale Schichten des ländlichen Lebens abbildete. Die Freilichtmuseen ziehen schon immer ein weit umfassenderes Publikum an, als andere Museumstypen: Angesprochen werden Besucher*innen nahezu jeden Alters, mit unterschiedlichen Bildungsabschlüssen, vielfältigen Besuchsmotiven und Besuchssituationen – von der Familie über Einzelpersonen bis hin zu sogenannten informellen Minigruppen. Dies kann allerdings nur gelingen, wenn Strategien für zukunftsorientierte, moderne Museen entwickelt werden, die gesellschaftlich relevante Themen in den Mittelpunkt rücken. Bauliche Erweiterungen und die Beschäftigung mit zukunftsgewandten Themen wie der künftigen Entwicklung der Arbeitswelt, der Landwirtschaft oder Medizin tragen dazu bei.

Vor der Herausforderung eines strukturierten Aufbruchs in die Zukunft der Kulturvermittlung steht auch die Literatur in der LWL-Kultur. Sie ist in Westfalen-Lippe seit jeher bedeutsam und in der Arbeit des Landschaftsverbandes heute fest verankert.
Die Literaturkommission für Westfalen mit dem Museum für westfälische Literatur auf Gut Nottbeck in Oelde, der Droste-Forschungsstelle und dem Westfälischen Literaturarchiv ist als wissenschaftliche Einrichtung in den Bereichen Forschung und Vermittlung aktiv.

Mit dem „Literaturland Westfalen“ [lila we:] hat sich 2011 zudem ein Netzwerk gegründet, das mit landesweit vorbildlichen Projekten sowohl literaturhistorische Gesellschaften und Vereine und die Literaturbüros wie auch Museen, Archive, Bibliotheken, Volkshochschulen und andere Einrichtungen der Literatur- und Autor*innenförderung miteinander verbindet. Das Gemeinschaftsprojekt ist vorbildhaft und hat bereits zur Diskussion über die Etablierung einer vergleichbaren Struktur in anderen Regionen (z. B. dem Ruhrgebiet) geführt. Mit einem gemeinsamen Marketingauftritt und einem informativen Internetportal rückt [lila we:] die facettenreiche Literaturlandschaft Westfalensstetig und immer wieder neu in den Fokus. Die Bandbreite reicht von Lesungen hochausgezeichneter Schriftsteller*innen über die beliebten Slam-Formate bis zu Workshops mit wichtigen Vertreter*innen der lokalen Szenen und einem gemeinsamen Literaturfestival. [lila we:] ist also Netzwerk, Dachmarke und Veranstaltungsportal. Angesiedelt ist die Federführung derzeit beim Literaturbüro in Unna e.V. Die Gesellschaft zur Förderung der westfälischen Kulturarbeit e.V. zeigt ergänzend dazu bereits seit den 1950er-Jahren Kontinuität in der Förderung der Literatur in Westfalen, unter anderem durch die jährliche Vergabe des GWK-Förderpreises für Literatur.

Diese vorhandenen Strukturen und Initiativen sind vielfältig, die Kontakte unter den Akteur*innen oft eng. Doch die Ansprüche, die Institutionen und vor allem eine diverse Öffentlichkeit an die Darstellung und Vermittlung von Kultur stellen, gehen auch im Feld der Literatur inzwischen weit darüber hinaus. Hier besteht Aufholbedarf, sowohl in den Institutionen als auch bei den Möglichkeiten, die die Freie Szene hat.

Die Industriekultur, die Freilichtmuseen und die Literatur im LWL müssen also entschiedene Schritte unternehmen, um ihre aktuelle Attraktivität und ihren lebendigen Charakter in einer sich wandelnden Gesellschaft in Westfalen-Lippe zu bewahren.

So wird das LWL-Industriemuseum noch stärker gesellschaftspolitisch agieren, integrierende Angebote an das unmittelbare soziale Umfeld machen und auch außerhalb der eigenen Museumsmauern Angebote zu den Menschen bringen. Weil vom/ von der Einzelbesucher*in hin zu Gästen mit Migrationshintergrund oder Kindern und Jugendlichen aller sozialen Gruppen sehr unterschiedliche Menschen die Museumsorte besuchen, sind verstärkt individuelle Zugänge zum Ort und seiner Geschichte notwendig. Dazu bietet das Industriemuseum gerade durch seine Gründungsgeschichte, seine Orte und Anziehungskraft besondere Chancen, vielen unterschiedlichen gesellschaftlichen Gruppen inhaltliche Anknüpfungspunkte aufzuzeigen. Dies zeigt die Akzeptanz der Formate, Angebote und vielfältigen museumspädagogischen Programme der Standorte. Neue und überarbeitete Formate werden in Zukunft noch mehr Raum für einen individuelleren Zugang zum Museum und seinen Inhalten bieten und auch neuen Besucher*innengruppen Anreize zum Entdecken der Orte geben.

Die Industriemuseen sind und bleiben nicht zuletzt deshalb Besucher*innenmagnete, weil sie Museen in Bewegung sind, die Kultur zum Anfassen und Erleben bieten. Neue erlebnis- und zukunftsorientierte Anknüpfungspunkte und moderne Vermittlungskonzepte werden die Industriekultur noch stärker mit allen Sinnen erfahrbar und „begreifbar“, spannend und lebendig machen.

Dafür setzen wir auf zwei Ebenen an:

Unsere Denkmäler und die Ausstellungen werden ihre Geschichte und die Geschichte der Menschen, die hier gearbeitet und gelebt haben, mit neuen Formaten erzählen. Szenografische Ansätze, Kooperationen mit Schriftsteller*innen, Kulturschaffenden und Hochschulen sowie weitere Schulpartnerschaften und der verstärkte Einsatz von modernen Medien können Inhalte und Gebäude neu interpretieren und aktuelle sowie zukunftsorientierte Fragestellungen widerspiegeln. So entsteht eine andere bzw. zusätzliche Ebene eines emotionalen, sinnlichen und intellektuellen Zugangs zur Industriekultur, mit der auch neue Besucher*innengruppen erreicht werden können.

Neue Interessent*innen können aber auch durch außergewöhnliche Kooperationen erschlossen werden. Ein besonderes Beispiel: Der vergünstigte Eintritt ins Dortmunder LWL-Industriemuseum Zeche Zollern bei Vorlage einer Stadionkarte des BVB bringt diesen Museumsort in die Wahrnehmung und erreicht zum Beispiel im Umfeld von internationalen Fußballspielen auch Gäste von außerhalb, die mit einer völlig anderen Zielsetzung in die Region gekommen sind und dennoch auch industriegeschichtliche Eindrücke mit nach Hause nehmen. Dies stärkt auch die Wahrnehmung nach außen und die Bekanntheit. Gerade die Empfehlungen von Besucher*innen an Besucher*innen nehmen an Bedeutung zu. Diese Sichtbarkeit über die Grenzen von Westfalen-Lippe hinaus kann auch durch eine stärkere Einbindung in landesweite, nationale und internationale Netzwerke unterstützt werden.

Wer neue und gesellschaftlich relevante Gruppen erreichen will, muss auch im eigenen Haus dem Wandel gegenüber offen sein. Wir wollen die Potenziale unserer Orte auch durch Experimente und neue Formate erweitern und damit eine noch stärkere überregionale Akzeptanz erwirken. Der Kern der LWL-Industriekultur, die Vermittlung von Wissen und Werten, wird so für die Zukunft fit gemacht und weiterentwickelt.

Auch die LWL-Freilichtmuseen werden zukünftig intensiv veränderte Publikumsanforderungen und Aspekte wie Diversität, sowie das sich ändernde Verhalten nicht nur von Jugendlichen in der „digitalen Lebenswelt“ in Ansprache und Vermittlung berücksichtigen. Besucher*innen sollen individueller, persönlicher angesprochen werden, zum Beispiel mit passenden Angeboten für Kinder, Jugendliche und Migrant*innen, Menschen mit Behinderungen sowie für weitere gesellschaftliche Gruppen.

Wichtige Grundlagen hierfür schaffen wird das „LWL-Kompetenzzentrum für Besucherforschung“ am LWL-Freilichtmuseum Hagen, das als Netzwerk von besucher*innenforschungsorientierten Kultureinrichtungen in unterschiedlicher Trägerschaft in Westfalen-Lippe angelegt ist.

Dabei beinhaltet der große Vorteil der Freilichtmuseen, nämlich ihre Publikumsresonanz, auch eine gewisse Gefahr: Weit mehr als andere Museumstypen bewegen sich Freilichtmuseen auf dem Freizeitmarkt, konkurrieren mit zahlreichen nicht nur kulturellen Einrichtungen wie Zoos, Stadtfesten oder Freizeitparks um die Zeit, die Gunst und das Geld der Besucher*innen. Um hier zu bestehen, reicht die kulturelle und wissenschaftlich-inhaltliche Seriosität der Museen alleine nicht aus. Ein zeitgemäßes Marketing muss neben der Erhöhung der öffentlichen Wahrnehmung und der individualisierten Kunden*innenansprache in Zeiten des digitalen Wandels insbesondere auch die Stärkung der unverwechselbaren Profile der beiden Freilichtmuseen des LWL in den Mittelpunkt stellen.

Museen sind Wissensspeicher. Das LWL-Freilichtmuseum Hagen generiert und bündelt durch sein „Kompetenzzentrum für Handwerk und Technik“ Forschung und dokumentiert das materielle wie das immaterielle Erbe. Zurzeit legt es einen Schwerpunkt auf die audiovisuelle Dokumentation „aussterbender“ Berufe und technischer Fähigkeiten.
Das LWL-Freilichtmuseum Detmold setzt sich seit vielen Jahren für die Erhaltung der Pflanzenvielfalt und den Schutz seltener, vom Aussterben bedrohter Tierrassen, wie die Senner Pferde und die Lippegans, ein. Damit sind beide Museen mit ihren jeweiligen Inhalten vielfältige Orte der Kommunikation und der regionalen Geschichtskultur.

Die Intensivierung der Bildung von Netzwerken mit anderen inhaltlich verwandten Museen und sonstigen Stakeholdern wie Organisationen des Handwerks oder Interessengruppen aus dem ökologischen Bereich kann diese Entwicklung weiter vorantreiben. So wird das LWL-Freilichtmuseum Hagen mit dem „LWL-Kompetenzzentrum für Besucherforschung“ die Kooperation mit dem LWL-Museumsamt für Westfalen sowie der „DASA- Arbeitswelt Ausstellung“ in Dortmund intensivieren.

Zudem wird die Aufgabe einer sich ständig reflektierenden und auf gesellschaftliche Entwicklungen reagierenden Kulturvermittlung und Museumspädagogik die kommenden Jahre prägen. Noch stärker als zuvor soll den Erwartungen der Besucher*innen Rechnung getragen und das Wissen verstärkt in unterhaltsamen Formaten und oftmals digital vermittelt werden (Stichwort: Infotainment). Weil heutige Generationen den unmittelbaren persönlichen Bezug zur Geschichte des ländlichen  Lebens, wie auch zur Geschichte von Handwerk und Technik, weitgehend verloren haben, reicht die Präsentation von Objekten bei Weitem nicht mehr aus. Gefragt sind in Ausstellungen vielmehr Bezüge zu aktuellen gesellschaftlichen Entwicklungen und aktuelle oder an die Gegenwart heranreichende Inhalte und Themen.

Beispiele sind die Themenjahre und die frühere Ausstellung „ZimmerWelten“ im LWL-Freilichtmuseum Detmold aus dem Jahr 2000 oder Ausstellungen zu Themen wie Rationalisierung und Ausbildung im LWL-Freilichtmuseum Hagen oder die Ausstellungen zu „Wanderarbeitern“ im Ziegeleimuseum in Lage.

Weitere Anstrengungen zu neuen Ausstellungsformaten, zu innovativen Präsentationsformen, z. B. eine per App erschließbare Ausstellung, sowie Bemühungen um kritische Hintergrundinformationen und die Partizipation müssen unternommen werden.

Unmittelbar mit dieser Entwicklung verbunden ist auch eine moderate Ausweitung der Sammlungstätigkeit. Beide LWL-Freilichtmuseen verfügen über Sammlungskonzepte, die in ausgewählten Bereichen bis an die Gegenwart herangeführt werden sollen, um die Brücke zwischen dem Museum und der Lebenswirklichkeit der Besucher*innen schlagen zu können. Dabei bringt die digitale Transformation neue Herausforderungen mit sich, um möglichst alle vorhandenen Objekte digital zu erfassen und einen großen Teil von Ihnen auch digital sichtbar zu machen.

Aber auch die Gestaltung und die Infrastruktur des Geländes müssen an sich verändernde Besucher*innengruppen, den demographischen Wandel sowie die heutigen Ansprüche an Barrierefreiheit und Inklusion angepasst werden. Neue Wege sowie zahlreiche Sitzgelegenheiten und Verweilmöglichkeiten im weitläufigen Museumsgelände des LWL-Freilichtmuseums Hagen sind ein Anfang. Sie sind durch geeignete Beförderungsmittel für Menschen mit körperlicher Einschränkung und durch geeignete Präsentationsmöglichkeiten zu ergänzen. Dafür stehen an beiden Standorten unterschiedlich große Flächen zur Verfügung, die für die Weiterentwicklung der Präsentation genutzt werden können. Mit solchen inhaltlichen Erweiterungen und baulichen Maßnahmen sichern die Freilichtmuseen des LWL ihre Zukunftsfähigkeit maßgeblich.

Auch die Literatur im LWL sieht sich neuen Ansprüchen an die Vermittlung gegenüber, wenn die Einbeziehung einer breiteren Öffentlichkeit, also von Gruppen unterschiedlicher Altersstufen, Bildungsgrade, Befähigungen und Hintergründe gelingen soll. Denn Literatur wird noch immer als Kunstform vor allem der höheren sozialen Schichten und als hochkulturelles Distinktionselement angesehen. Die Selbstwahrnehmung derjenigen, die sich für Literatur und literarische Veranstaltungen interessieren, und die Fremdwahrnehmung der Außenstehenden stimmen in diesem Fall oftmals überein: Literatur ist demnach etwas „für Intellektuelle“, also für den akademischen Mittelstand. Jedoch ist auch in diesem Teil der Bevölkerung zu beobachten, dass Literatur immer weniger als Gut an sich zählt. Didaktische Methoden im Deutschunterricht an Schulen können gleichzeitig das Interesse für Literatur oftmals nicht mehr wecken. Selbst dort, wo offenere Konzepte zum Tragen kommen, wird Literatur von den Schülern*innen oftmals als anstrengend, als fernab der eigenen Erlebnisse und Erfahrungen gesehen.

Leidenschaft für Literatur kann nur mit neuen Formen von Vermittlung initiiert, wachgehalten und gefördert werden. Doch die Erneuerungsimpulse fehlen in der Literatur, verglichen mit den Museen oder den Darstellenden Künsten, bisher weitgehend. Literaturhäuser machen redliche und qualitativ hochwertige Programme, erreichen aber mit den immer gleichen Formaten und einer eher betriebsintern interessanten Programmierung immer weniger Menschen. Eine Öffnung, wie bei Museen und Theaterhäusern hin zu Themen der (Stadt-)Gesellschaft und zu partizipativen Komponenten, ist in der Literatur bisher erst vereinzelt erfolgt.

Mit einer Öffnung und der möglichen Teilhabe möglichst vieler Menschen durch neue Formate literarischer Vermittlung kann Westfalen-Lippe zum (bundesweiten) Vorreiter werden. Die LWL-Kultur wird dabei eigene Akzente setzen und gleichzeitig Institutionen fördern und unterstützen, die sich dieser Offenheit verschreiben – in den Häusern wie im öffentlichen Raum, online wie offline. Die vorhandenen Instanzen und ihr Netzwerk untereinander bieten hierfür eine gute Basis. Allerdings ist eine weitere nationale und auch internationale Vernetzung stärker zu forcieren.

Mit dieser Verbindung regionaler, bundesweiter und internationaler Institutionen und Initiativen entsteht dann ein Programm, das sich nicht nur auf urbane Räume konzentriert, sondern auch die nicht-urbanen, ländlichen Regionen einbezieht und dort ein attraktives kulturelles Angebot schafft. Der Schlüssel zur Bewahrung des Erbes der westfälischen Literatur liegt also gerade in der Verbindung mit anderen regionalen und nationalen Literaturen.

Einige dieser zukünftigen Entwicklungen lassen sich gut am Beispiel „Droste“ zeigen:
Abbildung: Burg Hülshoff - Geburtsort der Dichterin und heute mit dem CfL lebendiger Treffpunkt in der Region, Foto: BOK + Gärtner / Roland Borgmann

Die Aufbereitung und Digitalisierung des Meersburger Nachlasses von Annette zu Droste-Hülshoff, durchgeführt durch das LWL-Archivamt für Westfalen sowie die Droste-Forschungsstelle, begleitet durch die Droste-Stiftung – in Kooperation mit der Stiftung Preußischer Kulturbesitz als Eigentümerin des Nachlasses – wird zukünftig auch eine Internationalisierung der wissenschaftlichen Beschäftigung mit dem Werk der Dichterin möglich machen. Auch diese muss und wird durch den LWL aktiv gestaltet werden. Die Perspektive ist in diesem Kontext auch der Ausbau der Droste-Forschungsstelle der Literaturkommission für Westfalen zu einem Droste-Institut. Diese Zukunftspläne sind verknüpft mit dem zweiten Punkt:

Mit dem Ausbau der Burg Hülshoff, dem Geburtsort der Annette von Droste zu Hülshoff, entsteht derzeit ein Ort, der exemplarisch für eine neue Verquickung von literarischer Kunst und Vermittlung, für die Verbindung verschiedener lokaler bis internationaler Ebenen sein wird. Als vielgestaltige Institution bringt das dortige Center for Literature (CfL) Ausstellung/Museum, Kulturtourismus, Forschung und Veranstaltung zusammen, stiftet durch Residenzen einen direkten Austausch zwischen Menschen aus Westfalen-Lippe und Kulturschaffenden aus anderen Regionen und bringt seine Themen national und international ins Gespräch.

Um kulturelle Teilhabe an der Literatur in Westfalen- Lippe auf eine breitere Basis zu stellen, muss sie sich in mehrfacher Hinsicht der wachsenden gesellschaftlichen Diversifizierung stellen:

Ein mehrsprachiges Angebot an literarischen Veranstaltungen und Workshops kann der Realität vieler städtischer wie ländlicher Gemeinden in Westfalen-Lippe Rechnung tragen. Denn längst ist Deutsch nicht mehr die einzige Sprache, die gesprochen wird und zu hören ist. Hier steckt jedoch gerade eine Chance, die deutsche Sprache auf andere, spielerische Art zu vermitteln – durch die Kraft von Literatur, von (Live-)Übersetzungen, durch den Dialog über sprachliche Feinheiten, Gemeinsamkeiten und Unterschiede. Mehrsprachigkeit ist also auch ein Schlüssel, um kulturelle Abstände und Nähen zu vermessen und zu verstehen. Die dafür notwendigen Budgets für Übersetzungsleistungen sind kein Luxus, sondern integraler Bestandteil einer zukünftigen, sich mehr und mehr etablierenden mehrsprachigen Gesellschaft sowie der zugehörigen Institutionen und sollten zukünftig mit entsprechenden Summen in Projekt- förderungen berücksichtigt werden.

Auch die Inklusion von Menschen unterschiedlicher Fähigkeiten muss ein Thema dieser Öffnung des literarischen Feldes sein. So wie der LWL die Prozesse der Inklusion insgesamt als wichtige Aufgabe ansieht und die Kommunen sowie Individuen bei deren Umsetzung als Dienstleister unterstützt, kann er auch in der Literatur Pionierarbeit leisten und Institutionen wie Projekten Mittel zur Verfügung stellen, um ihre jeweiligen Programme beispielsweise in Gebärdensprache, Leichter Sprache etc. rezipierbar zu machen.

Nicht zuletzt können neue literarische Formate auf die digitale Transformation nicht nur reagieren, sondern sie aktiv mitgestalten. Gerade in den täglich von uns allen benutzten Medien feiert das geschriebene Wort ein großes Revival. Ob in Mails oder SMS, bei WhatsApp oder Twitter: Wenn Menschen miteinander kommunizieren, sprechen sie schreibend oder schreiben, als sprächen sie von Angesicht zu Angesicht. Welche neuen Formen der Sprache hier entstehen und wie literarische Texte künftig audiovisuelle, interaktive oder immersive Elemente verbinden können, gilt es zu ergründen. Darin liegt die Chance, dass auch die Generation der „Digital Natives“ Literatur mit digitalen Formaten als erlebbare und offene Kunst kennen lernt und sie aktiv mitprägt.

Dazu sind konkrete Schritte notwendig:
Ein neues Programm für junges Publikum, in dessen Rahmen Jugendliche und etablierte Autor*innen neue Formen von Poesie erfinden können, wird von derzeit vier Partnern entwickelt und gefördert: Literaturbüro NRW in Düsseldorf, NRW-KULTURsekretariat Wuppertal, NRW Landesbüro Freie Darstellende Künste und Burg Hülshoff – Center for Literature (CfL). Ziel ist es, Poesie im analogen wie im digitalen Raum entstehen zu lassen, indem Texte in Verbindung mit anderen medialen Ebenen – etwa Audio und Video – lustvoll präsentiert werden und so auch das „Sprechen im Schreiben“ und das „Schreiben im Sprechen“ performt wird. Die vier Projektpartner bereiten die ersten Schritte gemeinsam vor und bauen ein Netzwerk für die weitere Realisierung auf. Dazu werden neben Schulen und Bibliotheken auch weitere literarische und künstlerische Institutionen gehören, zudem lokale Behörden als diejenigen, die für den öffentlichen Raum als einem der Schauplätze des Programms verantwortlich sind.

Als Standbeine der Literatur im LWL sollten das Literaturland Westfalen [lila we:] als Netzwerk von Kulturschaffenden und Veranstalter*innen wie auch die Literaturkommission für Westfalen als wissenschaftliches Gremium sich den skizzierten Herausforderungen widmen. Der Ausbau und die Diversifizierung von [lila we:] sollte angestrebt werden, insbesondere eine Öffnung hin zu weiteren künstlerischen wie gesellschaftlichen Feldern, um mit alten wie neuen Akteur*innen kreative Antworten auf die Fragen von Mehrsprachigkeit, Inklusion und digitaler Transformation zu finden. Die Literaturkommission für Westfalen wiederum sollte die Veränderungen, die dem literarischen Betrieb bevorstehen, ebenfalls aktiv begleiten, wissenschaftliche Standards sichern, Forschung in diese Richtung unterstützen bzw. vorantreiben und an der Vermittlung der Ergebnisse mitarbeiten. Eine stärkere Verbindung von der Literaturkommission für Westfalen und [lila we:], also Forschung und Veranstaltung/Vernetzung literarischer Institutionen ist sinnvoll.

Abbildung: Die Droste - Dichterin mit Weltruhm und noch immer mit ihren Werken präsent. Foto: Annette von Droste zu Hülshoff - Stiftung / Harald Humberg

Residenzprogramme können zudem die Literatur an verschiedenen Orten in Westfalen-Lippe und in der Vernetzung mit anderen internationalen und interkulturellen Akteuren*innen sichtbar machen. Stipendiat*innen sollten dabei durch Netzwerke wie [lila we:] und Institutionen wie dem Künstlerdorf Schöppingen oder der Burg Hülshoff – Center for Literature betreut und bei der Realisierung interdisziplinärer Projekte unterstützt werden. Denn je intensiver eine Vernetzung über Marketingaktivitäten hinaus auch ästhetisch wie inhaltlich anspruchsvolle Kooperationen zwischen residierenden Kulturschaffenden aus dem In- und Ausland fördert, desto stärker kann sich die Region Westfalen-Lippe als Vorreiter einer kooperativen, künstlerisch avancierten und offenen literarischen Kultur zeigen.

Die Industriekultur, die Freilichtmuseen und die Literatur unter dem Dach des LWL stehen also vor großen Herausforderungen und finden ihre Antworten in gleichem Geist aber mit individuellen Schwerpunktsetzungen. Die Zukunftsthemen Vernetzung, neue Vermittlungskonzepte und die zusätzlichen Möglichkeiten der digitalen Transformation für die Kultur werden hier in völlig unterschiedlichen kulturellen Arbeitsfeldern erprobt und weiterentwickelt. Damit können die Entwicklungsprozesse in der Industriekultur, den Freilichtmuseen und der Literatur in den nächsten Jahren beispielhaft auch für andere Bereiche der LWL-Kultur sein.
 

Zeigen, was war - begreifen, was ist

Erinnerungsorte und Geschichtskulturen

⇒ Was wir wollen
• Individuelle Ansprache von Besucher*innen und Identifizierung von Themenfeldern der regionalen Geschichtskultur

• Gestaltungsräume, damit Menschen ihre Themen, Erfahrungen und Vermittlungsformen in die Geschichtskultur ihrer Region einbringen können

• Inklusion, Partizipation und Multiperspektivität auch an Erinnerungsorten

• Entwicklung, Förderung und Stärkung der Erinnerungsorte durch Beratung, Begleitung und finanzielle Unterstützung

⇒ Was wir tun
• Unterstützung von Städten, Kreisen, Kommunen und Vereinen bei ihrer Erinnerungsarbeit

• Aufgreifen neuer Themen aus der jüngeren Geschichte

• Neue Vermittlungsformate für die Geschichtskultur und stärkere Einbeziehung von Kindern und Jugendlichen

• Erarbeitung einer Förderstrategie zur langfristigen Stärkung der Erinnerungsorte


Wegen ihres Gegenwartsbezugs und ihrer Identitätsrelevanz sind Geschichtskulturen seit langem ein wichtiges Handlungsfeld der Kulturpolitik. Erinnerungen geben Orientierung, erklären die Gegenwart anhand von Rückblicken in die Vergangenheit und antworten auf gesellschaftliche Grundsatzfragen: Welche Lehren ziehen wir aus der Vergangenheit? In welcher Gesellschaft wollen wir leben? Welche Erfahrungen nutzen uns für die Zukunft?

In Kommunen und Städten ist dieses Orientierungsbedürfnis größer denn je: Im Zeitalter der Globalisierung und digitalen Transformation setzen Erinnerungen lokale und regionale Ankerpunkte. Das gilt nicht nur für Landmarken, Denkmäler und Gedenkstätten, wie die Porta Westfalica mit Kaiser-Wilhelm-Denkmal und KZ-Dokumentationsstätte, die Senne als schöner Naturraum aber auch als Standort des Stalag Stukenbrock, den Teutoburger Wald mit Externsteinen und Hermanns-Denkmal, das Jüdische Museum Dorsten, die Standorte des LWL-Industriemuseums oder die Möhne- oder Biggetalsperre. Auch Erinnerungsorte im übertragenen Sinne prägen regionale Geschichtskulturen nachhaltig. Der Pumpernickel, westfälische Mundarten, Literatur und Musik, die Geschichte des Ruhrbergbaus oder die des Fußballs befördern eine lebendige Erinnerung vor Ort. Sie sind somit auch eine Ressource regionaler Markenbildung und gewinnen für den Tourismus an Gewicht. Darüber hinaus geben sie Impulse für gesellschaftliche Debatten und eröffnen Foren für den gesellschaftlichen Austausch vor Ort. Der LWL ist auf diesem Feld vielfältig aktiv.

Geschichtskultur vor Ort lebt immer auch vom Engagement der Bürger*innen. Das Ehepaar Magda und Günter Achterkamp aus Rheine-Mesum, das vom LWL für ihr ehrenamtliches Engagement für Opfer des Nationalsozialismus mit dem LWLPreis für Westfälische Landeskunde ausgezeichnet wurde, ist nur ein herausragendes von vielen Beispielen. Die Fachleute des LWL stehen bei ihrer Arbeit in diesem Themenfeld also immer in einem wertvollen Austausch mit den ehrenamtlich engagierten Bürgern*innen in Westfalen-Lippe.

Erinnerungen können in Kommunen und Städten aber auch schnell für Streit und mediale Aufregung sorgen. Die immer wieder aufbrechenden Auseinandersetzungen um Straßennamen geben für dieses Konfliktpotenzial nur ein Beispiel von vielen. Entsprechend wichtig ist die geschichtskulturelle Expertise des LWL, die Debatten versachlichen, Konflikte auflösen und einen konstruktiven Austausch zwischen verschiedenen Erinnerungsakteuren ermöglichen kann. Zudem geben LWL-Einrichtungen der Geschichtskultur direkte Impulse. Schließlich tragen Ausstellungen und Sammlungen der Museen, Befragungen von Zeitzeugen, die Produktion und Publikation von Büchern, Bildbänden, Filmen, Websites und anderen Medien, das Bewahren von Zeitzeugnissen, Veröffentlichungen und Veranstaltungen zur Geschichte und Gegenwart Westfalens zu einer vielfältigen Erinnerungslandschaft der Region bei. Und schließlich sind Geschichtskulturen Gegenstand landeskundlicher Forschungen, z. B. der Kommissionen und Fachdienste. Die Kulturpolitik des LWL legt somit die Grundlage für eine differenzierte, zeitgemäße und vielfältige Erinnerungslandschaft in Westfalen-Lippe.

In naher Zukunft wird sich das Arbeitsfeld aufgrund fünf zentraler Entwicklungen stark verändern.
Zunächst einmal werden Erinnerungen an die deutsche Vergangenheit auch in Westfalen zu einem immer internationaleren Phänomen. Der sich intensivierende internationale Austausch über das
Schicksal von Verfolgten, Kriegsgefangenen und Zwangsarbeiter*innen mit westfälischen Kommunen und Kultureinrichtungen verdeutlicht diesen Trend ebenso, wie der zunehmende Austausch zwischen ehemaligen Besatzungssoldaten und ihren westfälischen Stationierungsorten.

Zweitens werden die Grenzen zwischen Geschichts und Popkultur fließender, wie etwa die Inszenierungen des „Dritten Reichs“ in Großbritannien und den USA in Comics, Krimis, Serien und Spielfilmen belegen. Auch die zunehmende Präsenz kultureller Angebote im Internet wird die Popularisierung der westfälischen Zeitgeschichte noch verstärken.

Drittens kommen in der Einwanderungsgesellschaft neue Traditionen und Erinnerungen zusammen. Damit erweitern sich die Anforderungen an eine Geschichtskultur Westfalen-Lippes, die sowohl neue Adressat*innen einbinden, als auch neue Themen in den Fokus nehmen muss. Geschichtskulturen sind heute mehr denn je im Plural zu verstehen und ebenso vielfältig wie die Gesellschaft selbst.

Darüber hinaus werden viertens Kinder und Jugendliche als Adressat*innen in Zukunft noch wichtiger. Gedenkstätten und Gedenkveranstaltungen sind für Schulen und Jugendgruppen zwar schon lange wichtige außerschulische Lernorte. Seit mehreren Jahren werden Kinder und Jugendliche aber immer häufiger selbst zu Akteur*innen des Erinnerns: Sie erforschen und schreiben Lokal- und Regionalgeschichte, befragen Zeitzeug*innen und sammeln Zeugnisse, organisieren Gedenkveranstaltungen, gestalten Gedenkstätten mit, entwickeln themenbezogene Ortsführungen, Ausstellungen, Web-Auftritte, Podcasts, Hörspiele und Broschüren. Insofern erfordert eine offene und vielfältige Geschichtskultur neue Vermittlungsformate, um sowohl Kinder und Jugendliche als auch unterschiedliche gesellschaftliche Gruppen in städtischen und ländlichen Regionen zu erreichen. Wichtig ist daher auch die Verstärkung systematischer Bildungspartnerschaften zwischen Schulen und außerschulischen historischen Lernorten wie Gedenkstätten, Archiven und Museen.

Gerade für Kinder und Jugendlich sind außerschulische Lernorte mit Denkmalbedeutung geeignet, konkret Geschichte zum Anfassen zu erleben. Im LWL-Projekt „Europa in Westfalen“ zum Kulturerbejahr 2018 ist es exemplarisch gelungen, mit 22 außerschulischen Lernorten, die jeweils an denkmalgeschützten Standorten angesiedelt sind, nachhaltige museumspädagogische und denkmalkundliche Konzepte für Kinder und Jugendliche zu entwickeln. Und fünftens werden nicht nur neue Akteure*innen, sondern auch der generelle Generationswandel ganz neue Themen für die Geschichtskultur relevant machen. Zwar wird der Nationalsozialismus seine geschichtspolitische Relevanz auch in Zukunft nicht verlieren. Insofern bietet die LWL-Kultur seit/ab 2019 eine neue Förderstruktur zur Professionalisierung der Arbeit an Erinnerungsorten zum Nationalsozialismus an. Allerdings werden neue Bezugspunkte das geschichtskulturelle Spektrum erheblich erweitern:
Erinnerungen an die Britische Besatzung und den Kalten Krieg, an die Migration nach und aus Westfalen-Lippe, an die Proteste von 1968 in westfälischen Städten und in der „Provinz“, an die Öko-, Frauen- und Friedensbewegungen seit den 1970er und 1980er Jahren oder an den Strukturwandel im Bergbau, in der Textilindustrie und Landwirtschaft und viele andere Themen gewinnen bereits jetzt erheblich an Bedeutung.
Sechstens sollte der Tatsache Beachtung geschenkt werden, dass die zurzeit noch gegenwärtige Erlebnisgeneration nach und nach ausstirbt. Dies führt dann siebtens dazu, dass eine Generation mit anderen Rezeptionsgewohnheiten andere Anforderungen stellt, die es zu befriedigen gilt.

Die Kulturpolitik steht also im Bereich der Geschichtskultur vor neuen Herausforderungen und muss aktiv gestaltet werden, um das Geschichtsbewusstsein Westfalens fit für das 21. Jahrhundert zu machen. Die Berücksichtigung von Diversität, Inklusion, Partizipation und Multiperspektivität sind hierfür wichtige Aufgabenfelder, in denen neue Vermittlungsformen und Mitmachformate entwickelt werden. Gleichzeitig muss die Geschichtskultur thematisch vielfältig und offen für unterschiedliche Bevölkerungsgruppen bleiben, um sowohl den Anforderungen einer globalisierten und digitalisierten Gesellschaft als auch den regionalen Bedürfnissen und Traditionen vor Ort gerecht zu werden. Für eine Bereicherung regionaler Geschichtskulturen um neue Themen sollte der LWL zudem der Grundlagenforschung neue Impulse geben, um westfälische Zeitgeschichte in ihrer Vielfalt sichtbarer zu machen. Gerade für die Zeit seit den 1970er Jahren weiß man noch erstaunlich wenig über die Geschichte von Kommunen und Städten. Doch gerade dort liegen die Wurzeln der globalisierten und digitalisierten Gegenwart, lässt es sich den Anfängen des heutigen Lebens „vor Ort“ nachspüren. Diese Vielfalt und Offenheit erfordert eine noch intensivere Beratung  von Kommunen und Städten, Vereinen, Initiativen, Gedenkstätten und Bildungseinrichtungen sowie eine engere Vernetzung von Akteuren*innen in Westfalen-Lippe, um Ressourcen zu bündeln, Synergien freizusetzen und den Erfahrungsaustausch zu befördern.

Der LWL wird zukünftig als Moderator, Berater und Impulsgeber mehr denn je gefragt sein. Mit seinen eigenen Forschungen und Vermittlungsangeboten, seinen Beratungsleistungen für Kommunen und Städte und mit seinen Impulsen für neue Formen und Vermittlungsformate der Geschichtskulturen vor Ort kann der LWL als großer Partner und Dienstleister „in der Fläche“ wirken.
 

Geschichtszeugnisse der Region erforschen, bewahren und entwickeln

Paläontologie, Archäologie, Denkmalpflege, Bau- und Landschaftskultur

⇒ Was wir wollen
• Das Bewusstsein für das paläontologische, archäologische und baukulturelle Erbe stärken

• Die fachlich unabhängige Beratung von Verfahren in Fragen der paläontologischen und archäologischen Bodendenkmalpflege sowie der Baudenkmalpflege

• Die Verantwortung für die historischen Kulturlandschaften in den Planungsprozessen im Rahmen unserer Rolle als Träger öffentlicher Belange deutlich machen

• Den Einfluss der gebauten Umwelt auf die Menschen in Westfalen-Lippe vermitteln und die Bedeutung guter Bau- und Planungsprozesse für deren Gestaltung verdeutlichen

⇒ Was wir tun
• Die erfolgreiche Beratung der Planungspartner* innen in den Gemeinden, Städten und Kreisen sowie im Bereich der ehrenamtlich und freiberuflich Tätigen im Sinne des Erhalts des paläontologischen, archäologischen und baulichen Erbes sowie der Bau und Landschaftskultur fortsetzen

• Bildungsarbeit sowie regionale und überregionale Veranstaltungen zu den Themen Paläontologie, Archäologie, Denkmalpflege sowie Bau- und Landschaftskultur verstetigen

• Öffentlichkeit, Fachwelt, Verwaltung und Politik durch Publikationen und Ausstellungen umfassend und laufend aktualisiert informieren

• Fortgesetzt für die Notwendigkeit verlässlicher Rahmenbedingungen für den Erhalt des materiellen Erbes werben

Mit den Fachleuten in den Bereichen Paläontologie, Archäologie, Denkmalpflege, Bau- und Landschaftskultur trägt das LWL-Kulturdezernat zur Sicherung des materiellen Erbes der Region bei und gestaltet so das Erscheinungsbild der kulturellen Landschaft Westfalen-Lippes entscheidend mit. Die paläontologische und archäologische Bodendenkmalpflege sowie die Baudenkmalpflege erfolgen dabei im Rahmen eines gesetzlichen Auftrages nach dem Denkmalschutzgesetz (DSchG NRW).

Der Blick in die regionale Geschichte, der Erhalt und die Pflege der Bau- und Bodendenkmäler, eine gut gestaltete bauliche Umwelt und der Erhalt sowie die angemessene Weiterentwicklung der Kulturlandschaften werden an Bedeutung gewinnen. Auf der einen Seite wächst ein Teil der Bevölkerung, für den geschichtliche Zusammenhänge oder auch die Bedeutung einer Kirche nicht mehr selbstverständlich sind. Auf der anderen Seite nimmt das Bewusstsein der Menschen für die Gestaltung ihrer Umgebung und die damit einhergehende Lebensqualität zu. Die öffentliche Beschäftigung mit Bau- und Bodendenkmälern, geschichtlichen Zeugnissen und mit der künftigen Gestaltung des Lebensraumes verstärkt sich.

Baukultur und Architektur, auch als Zeugnis der Geschichte, sind explizit eine Zukunftsaufgabe. Fragestellungen sind dabei u.a., was für die nachfolgenden Generationen erhalten, wie die Bestandsgebäude gepflegt und wie unsere zukünftigen Städte, Dörfer, Siedlungen, Gebäude gestaltet werden sollen. Die gebaute Architektur und die Stadtgestaltung spiegeln nicht nur die Bedürfnisse und Werte der Menschen wider, sie wirken sich auch unmittelbar und zum Teil unbewusst auf ihre Lebensgestaltung und ihr Verhältnis zu ihrer Umwelt aus. Baukultur beschreibt den Umgang der Gesellschaft mit der gebauten Umgebung. Transparente Prozesse und der interdisziplinäre Austausch über diese Themen gewinnen zunehmend an Bedeutung. Der LWL unterstützt dies durch Tagungen, Exkursionen, Workshops, Vorträge und einen Mobilen Baukulturbeirat. Die Zunahme von Siedlungs-, Gewerbe- und Infrastrukturflächen, die industriell betriebene Landwirtschaft und die Auswirkungen der Energiewende im Zusammenspiel mit dem Klimawandel gefährden sowohl das paläontologische, als auch das archäologische und das bauliche Erbe in den Kulturlandschaften. Aufgabe der LWL-Experten*innen wird es sein, das Bewusstsein für die Bedeutung der dauerhaften Bewahrung der historischen Kulturlandschaften zu schärfen und diesen Belang in alle Planungsprozesse einzubringen.

Die Zuweisung neuer Aufgaben durch die Politik bzw. den Gesetzgeber (z. B. Sondengängerfunde, Schatzregaleinführung etc.) hat im Bereich der Archäologie seit 2013 zu einer spürbaren Arbeitsverdichtung geführt. Dazu trägt auch der enorme Zuwachs an Ausgrabungsaktivitäten in den letzten Jahren bei, der durch zunehmende Wirtschaftstätigkeit verursacht wird. Trotz Einführung des Verursacherprinzips und eingesetzter Grabungsfirmen obliegt der LWL-Archäologie für Westfalen die Qualitätskontrolle der Ausgrabungen. Mit dem derzeitigen Personalbestand ist eine geordnete Überwachung nicht gesichert, da das wissenschaftliche und grabungstechnische Personal zum Teil in anderen Aufgaben wie Gutachten, Planbearbeitungen bei Bauleitplanungen, Erstellung von Leistungsverzeichnissen für Ausschreibungen, Unterschutzstellungsanträgen, Fundmeldungen oder Datenmanagement der Fundstellenregister gebunden ist.

Abbildung: Das Plesiosaurier-Fossil ist der erste seiner Art in Deutschland und ist mit etwa 201 Millionen Jahren, der bisher älteste Fund eines Plesiosauriers weltweit. Das Original befindet sich im Besitz des LWL-Museums für Naturkunde in Münster, in der paläontologischen Landessammlung und wird in der Dauerausstellung „Dinosaurier – Die Urzeit lebt!“ präsentiert. Foto: LWL/C. Steinweg

In der Paläontologie stellen sich sehr ähnliche Herausforderungen wie in der Archäologie. Die Mehrzahl der paläontologischen Bodendenkmäler wird bei Straßen- und Kanalbauarbeiten sowie bei Steinbrucharbeiten oder bei Tiefentsandungen entdeckt. Hier zeigt sich eine große Bedeutung von ehrenamtlich engagierten Bürger*innen: Ohne ehrenamtliche Fundmeldungen blieben viele paläontologische Bodendenkmäler unentdeckt und würden mit hoher Wahrscheinlichkeit zerstört werden. Es wird daher ein immer engmaschigeres Netz an ehrenamtlichen Melder*innen aufgebaut.

Unsere Partner sind Gemeinden, Städte und Kreise, die die Begleitung in paläontologischen, archäologischen und denkmalfachlichen Fragen sowie bei der Weiterentwicklung der Bau- und Landschaftskultur als einen wichtigen Service des LWL wahrnehmen. Sie kommen aktiv mit Fragen auf die Expert*innen des LWL-Kulturdezernats zu und nutzen den Sachverstand z. B. bei der Gestaltung von Erinnerungsorten, bei der Einordnung von Bau und Bodendenkmälern oder bei der Instandhaltung  sowie in Zukunft zunehmend bei der Neunutzung geschützter Bauten.

In den genannten Bereichen wird die Arbeit des LWL-Kulturdezernats, anders als beim Betrieb von Museen, meistens für die Bürger*innen nicht direkt sichtbar. Deutlich sichtbar sind aber die Ergebnisse dieser Arbeit. Die Expertise des LWL in den Bereichen Paläontologie, Archäologie und Denkmalpflege sowie Bau- und Landschaftskultur wird ebenso deutlich im Rahmen von Projekten, etwa aus Anlass des Kulturerbejahrs 2018, in Workshops und Veranstaltungen oder in Onlineangeboten für Fachleute oder interessierte Bürger*innen.

Um in der Zukunft in der Paläontologie, der Archäologie, der Denkmalpflege, Bau- und Landschaftskultur zeitgemäßer Beratungspartner der Region zu bleiben und gleichzeitig die eigene Arbeit noch besser sichtbar zu machen, werden sich die Arbeitsfelder entwickeln:

Neben der Fortsetzung der im Rahmen der Evaluation des DSchG NRW bestätigten guten Beratung der Partner*innen vor allem bei Gemeinden, Städten und Kreisen, werden die Fortbildungsangebote für Partner*innen in den Bau- und Planungsverwaltungen sowie im Bereich der freiberuflich Tätigen und Ehrenamtlichen weiterentwickelt. Gleichzeitig müssen Bemühungen erfolgen, die Alleinstellungsmerkmale der LWL-Expert*innen (Wissensschatz zur Geschichte der paläontologischen, archäologischen und baulichen Denkmäler, überregionale Kompetenz bei der Frage der Beurteilung der Denkmal- eigenschaft sowie bei der Beratung von Instandsetzung und Instandhaltung) und die Ergebnisse ihrer Arbeit deutlicher zu zeigen.

Die Sichtbarkeit des LWL in den Bereichen Paläontologie, Archäologie, Denkmalpflege, Bau- und Landschaftskultur lässt sich neben der laufenden Arbeit in Projekten und Netzwerken erhöhen. Thematische Sonderprojekte und die Förderung der Zusammenarbeit mit Partner*innen bei Gemeinden, Städten und Kreisen, Ehrenamtlichen sowie mit Berufsverbänden und Fortbildungseinrichtungen sind daher notwendig.

Die digitale Transformation erfordert in allen fünf Bereichen eine Anpassung und Weiterentwicklung der Arbeitsmittel und Werkzeuge sowie eine Aktualisierung der Öffentlichkeitsarbeit und die Ansprache neuer Zielgruppen. Dazu ist ein strukturiertes Digitalmanagement notwendig, das gerade in Zeiten zunehmender Arbeitsgeschwindigkeiten eine digitale Vernetzung der einzelnen Teilbereiche (Verwaltung, Wissenschaft, Museen) gewährleistet. Auch der Einsatz neuer Methoden, wie zum Beispiel die geophysikalische Magnetprospektion, 3D-Visualisierung, sowie zunehmende digitalisiert Dokumentations- verfahren, führt zu einem erhöhten Arbeitsaufwand.

Die demographische Entwicklung im Bereich der Wissenschaftler*innen und Grabungstechniker*innen macht allerdings in den kommenden Jahren eine Neubesetzung zahlreicher Stellen notwendig; hierbei ist die Nachfrage nach qualifiziertem Fachpersonal hoch, aber der Arbeitsmarkt in manchen Teilbereichen angespannt.

All dies muss mit eigenen Ressourcen und auch mit zusätzlichen Drittmitteln für Projekte gelingen. Der bei Letzteren zu beobachtende Rückgang führt bereits zu Problemen, beispielsweise bei der Finanzierung von Grabungs- bzw. Forschungsprojekten oder Sonderausstellungen.

Gemeinsam ist den Bereichen Paläontologie, Archäologie, Denkmalpflege, Bau- und Landschaftskultur die Notwendigkeit, die Bedeutung der Arbeitsfelder immer wieder gegenüber der Öffentlichkeit und der Politik zu vermitteln. Alle fünf Themenfelder sind wichtige öffentliche Interessen, die von einer fachlich unabhängigen und versierten Stelle, wie in diesem Fall dem LWL, vertreten werden müssen. Dazu sind klare und verlässliche Rahmenbedingungen notwendig, die den Schutz der Boden- und Baudenkmäler sichern und die Unabhängigkeit der Beratung gewährleisten.

Das nötige Fachwissen sowie die notwendige Erfahrung in Verfahrensabläufen und deren Steuerung sind beim LWL umfassend vertreten. Dies stellt ein herausragendes Alleinstellungsmerkmal für Westfalen-Lippe dar, das es zu erhalten gilt.

Wege ebnen, Türen öffnen

Inklusion gestalten

⇒ Was wir wollen
• Vermittlung der Kultur an Menschen, egal welcher Herkunft, Bildung oder sozialen Zugehörigkeit

• Berücksichtigung von Behinderungen spielen bereits in der Planung von Ausstellung und in der thematischen Auswahl eine Rolle

• Gemeinsame Arbeit von Menschen mit und ohne Behinderungen für die Besucher*innen der Museen

• Wertschätzung von Menschen mit Behinderungen als Besucher*innen der Museen

⇒ Was wir tun
• Berücksichtigung der Inklusion über die rein bauliche Barrierefreiheit hinaus

• Inklusive Planung von Neubauten und Modernisierungen

• Einbeziehung von Menschen mit Behinderungen verstärkt als Mitarbeiter*innen auch im Servicebereich

• Enge Kooperation mit den Behindertenverbänden für eine praxisnahe Arbeit und für ein steigendes Interesse dieser potenziellen Besucher*innen an den Museen

Der LWL setzt sich schon seit Jahrzehnten für ein möglichst selbstbestimmtes Leben von Menschen mit Behinderungen ein. Damit war die Inklusion schon lange vor dem Inkrafttreten der UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen eine wichtige Aufgabe des LWL und nicht nur eine Verpflichtung aus der Landschaftsverbandsordnung.

Zwar ist die Inklusion als ein Teilbereich einer Berücksichtigung von Diversität zu verstehen, der sich dieses „Kulturpolitische Konzept“ in einem eigenen Handlungsfeld widmet. Dennoch hat die Inklusion mit einem eigenen Aktionsplan innerhalb des LWL ein besonderes Gewicht, weshalb sie in diesem Themenfeld besonders behandelt wird.

Die LWL-Kultur versteht den Begriff der Inklusion nicht nur im Zusammenhang mit Menschen mit einer Behinderung, sondern im Sinne der Einbeziehung aller Menschen. Kultur sollte jedem und jeder, egal welcher Herkunft, Bildung oder sozialen Zugehörigkeit, zur Verfügung stehen. Für die LWL-Kultur bedeutet dies, dass Inklusion viel mehr ist als die rein bauliche Barrierefreiheit. Sie ist wichtiger Teil des gesamten Handelns.

Abbildung: Führungen in Gebärdensprache im LWL - Museum für Kunst und Kultur, Foto: LWL / Hanna Neander

Längst bieten die LWL-Museen zahlreiche Führungen und museumspädagogische Programme für Menschen mit besonderen Bedürfnissen an - von museumspädagogischen Angeboten für Menschen mit dementiellen Erkrankungen über Tastführungen über Gebärdensprache für gehörlose Menschen bis hin zu Angeboten in Leichter Sprache. Diese integrativen Angebote sind ein Schritt auf dem Weg zu einer inklusiven Gesellschaft. Spezielle Video- und Audioguides sind ebenso erhältlich, wie museumspädagogische Programme, die auf unterschiedliche Zielgruppen ausgerichtet sind. Die LWL-Museen haben sich ferner mit dem Siegel „ServiceQ – ServiceQualität Deutschland“ zertifizieren lassen und damit einen weiteren Schritt in Richtung Besucher*innen- und Serviceorientierung gemacht. Die regelmäßig überprüften Qualifizierungen haben interne Prozesse optimiert und für die Besucher*innen einen spürbaren Mehrwert im Rahmen der Besucher*innenbetreuung geschaffen.

Die Standorte des LWL-Industriemuseums zeigen inzwischen mit dem Qualitätssiegel „Reisen für alle“, dass sie lohnende Ziele auch für Menschen mit Handicaps sind. Schon vorab können sie online sehen, was in den einzelnen Museen möglich ist. Auch andere Institutionen der LWL-Kultur wollen ihre barrierefreien Angebote derart sichtbar platzieren. Schließlich wurden in einigen Häusern bereits Ausstellungen realisiert, die die Situation von Menschen mit Behinderungen direkt zum Thema machen, wie „Leben in der Dunkelheit“ im LWL-Museum für Naturkunde in Münster.

Gerade diese Berücksichtigung der Inklusion stellt aber hohe Anforderungen an die pädagogische Qualität der Führungen und museumspädagogischen Angebote. Dazu sind gut geschulte und eng mit den konzeptionellen Überlegungen des Hauses verbundene Mitarbeiter*innen notwendig.
Bei Neubauten und Modernisierungen berücksichtigt der Bau- und Liegenschaftsbetrieb des LWL die Inklusion von Anfang an mit. Ein Beispiel dafür ist das LWL-Museum für Kunst und Kultur in Münster, in dessen Neubau in stetem Austausch mit Behindertenverbänden ein weitgehend barrierefreies Museum geschaffen wurde.

Im regelmäßig erscheinenden „LWL-Aktionsplan Inklusion“ sind die Fortschritte und weiteren Planungen regelmäßig nachzuvollziehen.

Trotz dieser vielfältigen Angebote und hohen Standards, die die LWL-Museen bereits aufweisen, gibt es Entwicklungspotenzial:

Ausschreibungen für Ausstellungsgestaltungen müssen künftig ein Design mit größtmöglicher Barrierearmut einfordern. So müssen Beschilderungen lesbar sein, Vitrinen sollten mit dem Rollstuhl unterfahren werden können und eine Lichtgestaltung muss so flexibel sein, dass die Exponate sowohl von Rollstuhlfahrer*innen als auch von anderen Besucher*innen reflektionsfrei betrachtet werden können. Die Barrierefreiheit muss dabei über dem Konzept stehen, damit möglichst viele Menschen eine Ausstellung besuchen und auf sich wirken lassen können. Dieser Herausforderung müssen sich die Ausstellungsgestalter*innen stellen.

Ein weiteres Ziel der LWL-Kultur ist der verstärkte Einsatz von Mitarbeiter*innen mit Behinderungen. Gerade im Bereich der Besucherführer*innen ist es positiv, wenn Menschen mit einer Behinderung als Besucherführer*innen geschult werden und dann für Führungen zur Verfügung stehen. Dabei sollen sie selbstverständlich nicht nur mit Gruppen arbeiten, die eine vergleichbare Behinderung aufweisen. Es kann vielmehr eine sehr interessante Erfahrung sein, wenn eine Gruppe ohne Sehbehinderung von einem blinden Menschen geführt wird und das Museum dadurch auf andere Weise erfährt und erlebt. Inklusion versteht die LWL-Kultur nicht nur als Einbahnstraße.

Für die Serviceangebote bedeutet dies, dass es Angebote auf den Webseiten in Leichter Sprache geben muss, barrierefreie pdf-Dateien zum Standard werden und bei Beratungen, z.B. im Bereich des LWL-Museumsamtes oder der LWL-Denkmalpflege, Landschafts- und Baukultur in Westfalen Menschen mit Behinderungen in ihren Anliegen so weit wie möglich unterstützt werden. Dieser Bedarf wird aller Wahrscheinlichkeit nach weiter ansteigen.

Und dennoch wird auch in Zukunft nicht immer alles überall machbar sein, insbesondere, weil in einigen LWL-Museen historische Bausubstanz eine wichtige Grundlage der Ausstellung ist. Gerade die authentische Präsentation macht den Charme eines alten Arbeiterhauses oder einer Zechenanlage aus. Hier sind Augenmaß und die Einbeziehung des menschlichen Faktors erforderlich. Denn neben der Bereitstellung von Rampen oder Rollstühlen und Rollatoren oder anderen Hilfsmitteln ist es wichtig, dass freundliche und hilfsbereite Menschen da sind, um mögliche Barrieren gemeinsam mit den Besuchern*innen zu bewältigen. Deshalb soll das Personal in den LWL-Museen in Schulungen verstärkt auf den Umgang mit unterschiedlichen Arten von Behinderungen vorbereitet werden, um Unsicherheiten abzubauen und ein ungezwungenes Miteinander zu ermöglichen.

Bei all diesen Schritten hilft ein verstärkter Kontakt mit Behindertenverbänden, der künftig fester Bestandteil der Aktivitäten aller LWL-Einrichtungen sein wird. Die frühzeitige Einbindung bei baulichen Maßnahmen verhindert nicht nur, dass es später zu Enttäuschungen kommt, weil wichtige Aspekte übersehen wurden, sondern die aktive Einbeziehung und die damit verbundene Wertschätzung kann auch zu einem verstärkten Interesse von Menschen mit Behinderungen an den Museen führen.

 

Durch Mitmachen begeistern

Breite Partizipation von Alt und Jung am Kulturleben und bei den Angeboten des LWL

⇒ Was wir wollen
• Gemeinsame Arbeit von LWL-Institutionen und Bildungsinstitutionen an der Vermittlung von Wissen und Kompetenzen

• Kontakt von Jugendlichen aller Bildungsherkünfte mit der Kultur, innerhalb und außerhalb der Institutionen

• Erweiterung des Wahrnehmungshorizonts von Kindern und Jugendlichen durch die aktive Beschäftigung mit Kultur in eigenen Gestaltungsräumen

• Gewinnung von erfolgreich und auf Augenhöhe angesprochenen Kindern und Jugendlichen als Museumsbesucher*innen von morgen

⇒ Was wir tun
• Weiterentwicklung der partizipativen Angebote für Kinder und Jugendliche auch über die LWL-Kultureinrichtungen hinaus

• Ausbau von Partnerschaften mit Schulen und Jugendeinrichtungen

• Kostenlose Eintritte und ein Mobilitätsfonds, um jedem Kind und jedem Jugendlichen den Besuch von Kultureinrichtungen zu ermöglichen

• Gestaltungsräume für Kinder und Jugendliche in den Kultureinrichtungen und Museen des LWL

Kinder und Jugendliche besuchen die LWL-Kultureinrichtungen regelmäßig entweder mit der Familie oder im Rahmen der schulischen Angebote. Wenn Sie dabei Spaß haben, werden sie als Erwachsene eigenständig wiederkommen und damit die Besucher*innen von morgen sein.
Die LWL- Kultureinrichtungen, die Museen und Schulen sind der Vermittlung von Wissen und Kompetenzen sowie lebensweltlicher Orientierung und kultureller Bildung verpflichtet. So dienen beispielsweise schon jetzt die LWL-Museen in hohem Maße als außerschulische Lernorte. Die LWL-Kultur hat in der Zukunft noch stärker die Aufgabe, Partner bei der Vermittlung und der partizipativen Präsentation von Geschichte und Geschichten zu sein, den Wandel der Gesellschaft zu begleiten und Werte zu vermitteln.

Die LWL-Kultureinrichtungen, Schulen und sonstige Bildungseinrichtungen ergänzen sich in dieser Kompetenzvermittlung in idealer Weise. Schon heute bestehen Bildungspartnerschaften. Sie sollen durch eine systematische Kooperation der Institutionen verstärkt werden, damit die Arbeitsgrundlage für die Vermittlung von Informations- und Kulturkompetenz weiter optimiert wird. Vordringliches Ziel der Zusammenarbeit ist neben der inhaltlichen Vermittlung auch die Entwicklung und Förderung der Kulturkompetenz von Kindern und Jugendlichen und damit die kulturelle Integration in einer heterogenen Gesellschaft. Dies bringt im Museumsalltag die Notwendigkeit mit sich, Ausstellungen und Führungen mit hoher pädagogischer Kompetenz so zu gestalten, dass sich beispielsweise auch junge Menschen mit Migrationshintergrund darin wiederfinden, für die eine Beschäftigung mit der deutschen NS-Vergangenheit keine selbstverständliche Aufgabe ist.

Zu den bereits bestehenden Bildungspartnerschaften mit Archiven, Bibliotheken, Gedenkstätten, Medienzentren, Museen, Musikschulen, Sportvereinen und Volkshochschulen sollen künftig auch Bildungspartnerschaften in den Feldern „Bühne und Schule“ sowie „Natur und Schule“ etabliert werden. Beispielsweise existiert bereits seit 2005 die vom LWL gemeinsam mit dem LVR und dem Schulministerium getragene Initiative „Bildungspartner NRW“; sie unterstützt die systematische Zusammenarbeit von Schulen und lokalen Bildungs- und Kultur-Einrichtungen. In allen Fächern können außerschulische Partner den Fachunterricht bereichern. Sie bieten oft einzigartige Möglichkeiten zum Anfassen und Gestalten, Forschen und Recherchieren. Mehr als 1300 Schulen und über 350 außerschulische Partner*innen sind bereits Bildungspartner*innen NRW. Auch die „Museumspädagogische Landkarte“ für außerschulische Lernorte ist für viele Lehrer*innen ein wichtiges Arbeitsmittel bei der Unterrichtsplanung und der Gestaltung von Exkursionen.

Abbildung: LWL-Museum für Kunst und Kultur, Foto: LWL / Hanna Neander

Die LWL- Kulturinstitutionen wollen den Kontakt und die Zusammenarbeit mit Schulen und oben genannten Bildungsträgern verstetigen, intensivieren und ausbauen. Dazu sind auch innerhalb des LWL neue Kooperationen möglich und nötig. Eine stärkere Vernetzung der LWL-Kultur mit anderen Dezernaten, die im täglichen Kontakt mit Kindern und Jugendlichen stehen, schaffen für beide Seiten gewinnbringende neue Erkenntnisse sowie Chancen der Umsetzung und vermeiden parallel laufende Bemühungen auf gleichem Gebiet.

Die Zusammenarbeit soll in Formaten stattfinden, die zu einer aktiven Auseinandersetzung mit der Geschichte und Gegenwart der eigenen Lebenswelt der Kinder und Jugendlichen anregen und an Fragestellungen des unmittelbaren Schul- und Wohnortes anknüpfen.

Abbildung: Spielerisch lernen im LWL-Museum für Naturkunde. Foto: LWL/C. Steinweg

Das stellt auch an die partizipativen Angebote der LWL-Kultureinrichtungen an Kinder und Jugendliche besondere Herausforderungen. Über die bisherigen Formate hinaus müssen hier immer neue und pädagogisch fundierte Vermittlungskonzepte entwickelt werden, die auch die Umgebung eines Museumsstandortes miteinbeziehen. Wenn Besucher*innengruppen auf einer Tour durch die Natur oder die städtischen Räume Eindrücke und Ideen sammeln, die sie anschließend im Museum vertiefen können, weckt dies die Bereitschaft zur aktiven Beschäftigung mit den Themen und Exponaten des Museums. Um für Bildungsinstitutionen ein gefragter Partner zu sein, müssen die Standorte der LWL-Kultur aber ein anerkannt hohes pädagogisches Niveau halten und durch verbindliche Standards unabhängig von der vermittelnden Person absichern.
Von solchen pädagogischen Kooperationsangeboten profitieren sowohl die LWL-Institutionen, Museen und ihre Besucher*innen als auch beispielsweise die Schulen und Kindergärten. Eine solche Zusammenarbeit verschiebt den Blickwinkel der Kinder und Jugendlichen, erweitert deren Wahrnehmungshorizont nachhaltig und eröffnet auch Lehrern*innen und Museumsmitarbeitern*innen und Museumsbesucher*innen einen Blick auf die Lebenssituation und Gedanken der Kinder und Jugendlichen, zum Beispiel durch die Präsentation selbst erarbeiteter künstlerischer Ergebnisse. Für eine derart aktive Einbeziehung müssen die LWL-Kulturinstitutionen einen weit gesteckten Gestaltungsrahmen anbieten, von Fotos, Leinwandkollagen bis hin zu medialen Präsentationen an Bild- und Hörstationen. Sie müssen zudem verstärkt auf Kinder und Jugendliche zugehen und dabei auch etwas zu bieten haben.

• Durch Förderungen und Angebote soll es Schulen und Kindern leichter ermöglicht werden, beispielsweise das Museum zu erreichen.

• Bei Projekten und Ausstellungen muss von LWL-Seite eine zielgruppenorientierte Beteiligung mitgedacht werden. Welche Themen finden Kinder und Jugendliche spannend? An welcher Stelle könnten sie sich wie mit einbringen?

• Gestaltungsräume für Kinder und Jugendliche müssen vorhanden sein, beispielsweise in einer eigenen Abteilung für Projektarbeiten während einer Sonderausstellung oder anderen Projekten.

• Ressourcen in Form von Personal, Geldmitteln und geeigneten Räumlichkeiten – auch für die Herstellung und Durchführung von Angeboten – müssen in den Museen dafür zur Verfügung stehen.

Diese Anstrengungen sind dringend notwendig, denn es muss bedenklich stimmen, wenn die Fragebogenaktion der LWL-Kultur an den Schulen und die Jugendworkshops gezeigt hat, dass Jugendliche eine eher skeptische Haltung zum Museumsbesuch haben. Museen wirken „elitär“ und damit abschreckend, eher „langweilig“ und „verstaubt“. Gleichzeitig sind Kultureinrichtungen für die Bewohner*innen in ländlichen Räumen oft schwer zu erreichen, in Städten gibt es zunehmend junge Menschen, die in prekären oder sozial schwierigen Verhältnissen leben und wenig mit Kulturangebotenin Kontakt kommen

Abbildung: Ganz nah dran – Kinder beim museumspädagogischen Programm „Als Opa Lehrling auf Zollern war“ auf der Zeche Zollern, Foto: LWL-Industriemuseum/W. Fischer



Diesen Herausforderungen muss die LWL-Kultur mit konkreten Maßnahmen begegnen:

Verstärkte Kooperationen mit den Schulen und kostenloser Zugang zu den Museen: Der LWL fördert den Museumsbesuch mit kostenlosem Eintritt für Kinder und Jugendliche und beseitigt damit finanzielle Hürden. Wenn Schulen und/oder Kitas aus Westfalen-Lippe zudem Probleme haben, die Fahrt zu einem entfernter gelegenen Museum zu finanzieren, hilft der seit 2019 eingerichtete „Mobilitätsfond“ der LWL-Kultur mit einer unbürokratischen Erstattung der Fahrkosten mit dem Reisebus oder dem ÖPNV. Leichtere Zugänge, zum Beispiel durch Onlinebuchungen, sind ein weiterer Schritt hin zu einer unkomplizierten Vorbereitung solcher Besuche durch die Lehrer*innen.
Beteiligung von Kindern und Jugendlichen an Planungen für Ausstellungen: Sowohl bei Themen, als auch bei den Führungen und museumspädagogischen Angeboten sollen junge Menschen mitreden können. Wir wissen: Jugendliche möchten keine „klassische“ Führung, sondern kürzere Sequenzen, Interaktivität, die Möglichkeit, etwas auszuprobieren. Dazu müssen die eingesetzten Mitarbeiter*innen nicht nur fachlich kompetent und eng in die konzeptionelle Ausrichtung des Hauses eingebunden sein, sondern sie müssen sich auch laufend über neue Formen der museumspädagogischen Vermittlung informieren und im Dialog mit den Ausstellungsmachern*innen neue Formen entwickeln.

Eine Attraktion für Kinder und Jugendliche ist es, wenn sie ihr eigenes künstlerisches Potenzial entdecken und ohne Leistungsdruck verschiedene Kunstformen auszuprobieren können. Es kommt nicht in erster Linie darauf an, dass das geplante künstlerische Projekt ein Erfolg wird. Es geht um die Chance, die eigene Kreativität alleine oder gemeinsam mit anderen zu entdecken und umzusetzen. Dafür müssen Freiräume vorhanden sein, sowohl im tatsächlichen Sinn eines nutzbaren Raumes, als auch in finanzieller Hinsicht in Form entsprechender Budgets. So können Musikern*innen Proberäume zur Verfügung gestellt werden, in denen sie ohne Rücksicht auf etwaige Nachbarn üben können, andernorts können junge Menschen Ausstellungen planen und umsetzen, die dann der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden. Der LWL kann dafür nicht nur seine eigenen Kulturinstitutionen öffnen, sondern auch andere Kulturschaffende beraten und bei der Umsetzung begleiten.

Kultur in ländlichen Räumen muss Distanzen überwinden:
Während sich Menschen in den Westfälischen Groß- und Mittelstädten einem vielfältigen Kulturangebot gegenüber sehen, ist das Risiko größer geworden, dass Strukturen in einigen ländlichen Regionen verschwinden. Mit der „Westfälischen Kulturkonferenz“ 2018 hat der LWL bereits damit begonnen, Kommunen und Kreise durch Vernetzung und stärkere Kooperation in die Lage zu versetzen, Kulturangebote zu sichern und gemeinsam zu entwickeln. Der neue Mobilitätsfonds der LWL-Kultur zur finanziellen Unterstützung der Schulen und Kitas bei der Anreise zu Museen und Kultureinrichtungen ist ein wesentlicher Beitrag dazu, Kindern und Jugendlichen aus ländlichen Regionen die Teilhabe am kulturellen Schatz Westfalens zu ermöglichen.

Aus bisherigen Erfahrungen wissen wir, dass Projekte mit Kindern und Jugendlichen zwar sehr arbeitsintensiv sind, aber gleichzeitig einen absoluten Mehrwert für alle Beteiligten mit sich bringen.
Bildungseinrichtungen oder Schulen können in einem besonderen Projektzeitraum mit finanzieller Unterstützung Arbeiten umsetzen, die unter anderen Umständen so nicht möglich gewesen wären.
Kinder und Jugendliche erlernen Fähigkeiten, üben sich in neuen Formen der Präsentation jenseits der üblichen Formate und können ihre Ergebnisse professionell mit allen Möglichkeiten der LWL-Kultur einem breiten Publikum präsentieren. So erfahren sie Wertschätzung und Anerkennung. Währenddessen erkunden sie unwillkürlich das Profil unddie Inhalte der jeweiligen LWL - Kultureinrichtung in Verbindung mit dem Projekt und seiner Fragestellungin aktiver und partizipativer Form.

Für die LWL-Kultur können diese Projekte ein großer Gewinn sowie ein beispielsweise zusätzlicher Besuchermagnet für museumsferne oder sogar bildungsferne Gruppen sein. Denn das Sozialverhalten und das Verhalten zur Kultur, sowie die Bereitschaft zur Beschäftigung mit kulturellen Angeboten hängen nicht in erster Linie vom finanziellen Status des Elternhauses ab.
 

Mensch: Theater!

Im bereits beschriebenen Experiment der LWL-Kultur mit den spezialisierten Theaterpädagogen*innen der Gruppe „Mensch: Theater!“ und Jugendlichen ist Spannendes passiert:

Teilnehmende Jugendliche, die für ihre Mitarbeit an dem Projekt eine LWL-MuseumsCard erhalten hatten, die ihnen ein Jahr den freien Eintritt in nahezu alle LWL-Museen ermöglicht, erkannten diese als Schlüssel zur Kultur und nutzten sie zum Erstaunen der Betreuer*innen intensiv zu eigenen weiteren Museumsbesuchen.
Gerade junge Menschen in prekären Lebensverhältnissen müssen also aktiv an Kultur und kulturelle Einrichtungen, wie das Museum herangeführt werden, denn ihre Lebenswirklichkeit ist geprägt von einer Ablehnung und existenziellen Sorgen. Museumsbesuche spielen für sie zunächst keine Rolle. Wer sich aber auf neue Wege der Vermittlung begibt und sich aktiv an diese Adressaten*innen wendet, kann Interesse wecken und Museen zu attraktiven Orten werden lassen. Kulturpolitische Planung muss also auf neue Schnittstellen zwischen Jugendarbeit und Kulturarbeit zielen, zum Beispiel in Form von Kooperationen der LWL-Kultur mit dem LWL-Landesjugendamt.
 

Vielfalt leben und gestalten

Umgang mit Diversität

⇒ Was wir wollen

  • Diversität als alltäglicher Bestandteil der Kulturarbeit
     
  • Kulturangebote des LWL für alle Menschen, unabhängig von Herkunft, Alter, Geschlecht usw.
     
  • Ausstellungen oder Veranstaltungen entstehen in Wechselwirkungen zwischen Westfalen-Lippe und dem Rest der Welt
     
  • Perspektiven unterschiedlicher Identitäten finden sich auch durch Repräsentant*innen in den Institutionen wieder


⇒ Was wir tun

  • Gezielte Ansprache und Einbeziehung von Menschen aus unterschiedlichen Kulturen
     
  • Auswahl von Themen, deren Bedeutung über die Grenzen hinausreicht und so spezifische Zielgruppen ansprechen
     
  • Einbeziehung von Mitarbeiter*innen mit interkultureller Kompetenz
     
  • Ausbau des englischsprachigen Angebots an Broschüren und Informationen


Unsere heutige Gesellschaft ist durch zunehmende Vielfalt gekennzeichnet. Die Zeiten der scheinbar klaren und einfach zu verstehenden Mehrheitsgesellschaft sind vorbei. Auch wenn sie in den vergangenen Jahren in Medien und teils in der Politik – im abwertenden Gestus – als „Multikulti“ zusammengefasst wurde, geht Diversität weit über die Frage nach kultureller Herkunft hinaus.

Die Beschäftigung mit Diversität hat zwar durch eine zunehmende Zahl von Menschen mit Migrationshintergrund (oft in zweiter oder dritter Generation) an Bedeutung gewonnen, umfasst aber neben der Herkunft eines Menschen auch viele weitere Aspekte: Alter, Geschlecht, sexuelle Orientierung, Behinderung, Religion oder Weltanschauung sowie soziale Herkunft. Dem Konzept der Intersektionalität folgend, wissen wir, dass sich diese Kategorien oft in vielfacher Weise überschneiden und so Identitäten komplexer machen.
Die vereinfachende Reduzierung gesellschaftlicher Gruppen auf ein Merkmal wird den Individuen schon lange nicht mehr gerecht.

In der Kulturarbeit geht ein ernstzunehmender Umgang mit Diversität weit über die Frage hinaus, ob neue Zielgruppen erschlossen oder neue Mitarbeiter*innen gewonnen werden können. Vielmehr stellt die gesellschaftliche Realität der Vielfalt kulturelle Vermittlung vor ganz neue Aufgaben. Ähnlich wie die digitale Transformation ist auch der Wandel durch die Diversifizierung umfassend – und beide hängen zusammen.

Es liegt im Wesen der Kulturarbeit, neuen Entwicklungen stets offen gegenüber zu stehen und Vorreiter und Trendsetter zu sein. Ausstellungen, Bühnenstücke, Musik oder Skulpturen verbreiten über Grenzen hinweg aktuelle Themen und beeinflussen neue Techniken oder Stilrichtungen.

Kunst kann dabei sowohl Verbindendes zur Erscheinung bringen und so verständlich machen, wie auch spannungsreiche Abstände. Dies gilt für die Werke von Kulturschaffenden aus verschiedenen
Regionen der Welt, aber auch mit unterschiedlicher sozialer Herkunft, verschiedenen Sexualitäten oder Geschlechtern usw. Und es gilt ebenso für die Perspektiven, die wiederum andere mit anderen Hintergründen auf die jeweilige Kunst werfen. In jedem Fall arbeitet die Kunst im besten Fall mit Sensibilität und Empathie daran, dass Anliegen oder Fragestellungen auf den Punkt und zugleich in die Schwebe gebracht werden, dass sie also dringlich und zugleich komplex, ambivalent, uneindeutig sein dürfen. Die Vermittlung der Kunst in der Kulturarbeit wird dadurch aber nicht weniger vielschichtig und nicht weniger herausfordernd.

Für eine gelingende Kulturentwicklung in einer vielfältigen Gesellschaft gilt es also, Offenheit zu schaffen, religiöse und moralische Wertvorstellungen zu überdenken und dabei die eigene
Kulturgebundenheit nicht als einzigen Maßstab zu setzen. Multiperspektivität und Multikulturalität stellen für alle Menschen eine Kernkompetenz zur Lebensgestaltung in Zeiten der Globalisierung dar.

Eine Folgerung daraus betrifft die kulturelle Bildung der Jüngsten und Jungen: Die Kultur- und Sprachförderung muss in jedem Fall schon bei Kindern beginnen. Mehrsprachigkeit ist hier nur ein Problem, wenn sie nicht aktiv gestaltet wird. Menschen mit anderen kulturellen Hintergründen müssen gezielt angesprochen und als Akteur*innen in die Kulturarbeit einbezogen werden. Für die Arbeit mit diesen Zielgruppen müssen sich Kultureinrichtungen qualifizieren und spezifische Angebote und auch Arbeitsformen bzw. Strukturen entwickeln.
Denn in unserer zunehmend globalisierten Welt geht es nicht mehr – wie in Zeiten der wandernden Künstler*innen – um den Austausch der Kunst an sich. Reisemöglichkeiten und das Internet machen schließlich fast alle Kulturformen der Welt problemlos überall verfügbar und bieten die Chance, andere Kulturen kennenzulernen und Vorurteile abzubauen.

Eine Standardantwort auf das Warum, Wann oder Wie gibt es nicht, externe Unterstützung durch spezialisierte Agenturen oder vorformulierte Zieldefinitionen, Checklisten und Anleitungen helfen nur begrenzt. Die LWL-Kultureinrichtungen müssen also definieren, wie sie Diversität auf unterschiedlichen Ebenen abbilden wollen.

Dabei hilft es, bei Ausstellungen oder Veranstaltungen die westfälischen Bezüge in den Rest der Welt im Blick zu behalten. So zeigt sich immer wieder, dass Themen, die präsentiert werden, nicht nur regional oder lokal von Bedeutung sind, sondern weit über die Grenzen reichen. Beispiele gibt es genug: Ausstellungen zu Preußen, die Vietnam-Ausstellung oder die Ausstellung „Homosexualität_en“.
Das Ineinander und die produktiven Abstände verschiedener Identitäten bieten eine Plattform für den Austausch darüber, ein erweitertes Verständnis anderer Arten, ein Leben zu führen und sich in die Gesellschaft einzubringen.

Eine Themenbandbreite in der diversen Gesellschaft angemessen darzustellen, aufzubereiten, zu vermitteln, wird auf dem Wege von zum Beispiel Sonderausstellungen oder generell partizipatorischen Komponenten in der Kulturvermittlung auch künftig eine wichtige Aufgabe des LWL-Kulturdezernats sein.

Nur wenn das so entstehende Kulturangebot der Vielfalt unserer Bevölkerung und den unterschiedlich gelagerten Interessen entspricht, hält es für alle Menschen ein angemessenes Angebot bereit – für jüngere und ältere Menschen, für Familien genauso wie für Menschen mit unterschiedlichen Bildungsstandards etc.

Als eine Beispielfacette der Diversität sei hier das Thema „Migrationshintergrund“ genannt: Die Uni Hildesheim beispielsweise rät angesichts aktueller Erkenntnisse im Bereich „audience development“ dazu, dass die „kulturell sehr interessierte dritte Migrantengeneration stärker im Fokus stehen sollte. Zurzeit werden sie vor allem von kommerziellen Kulturveranstaltern*innen erreicht. Identitätsbildende Konzepte für die zweite und vor allem dritte Migrantengeneration müssen im gesellschaftlichen Leben sowie in medialen und kulturellen Darbietungen stärker unterstützt werden. Dabei kann es auch hilfreich sein, stärker kulturelle Ausdrucksformen des Herkunfts- wie des Aufnahmelands sowie neu entstehende „hybride“ Formen zu berücksichtigen, die sich speziell auf kulturelle Ausdrucksformen des Herkunfts- und des Aufnahmelandes beziehen.“ Menschen mit Migrationshintergrund interessieren sich also auch dann stärker für Kulturangebote in Westfalen-Lippe, wenn sie Bausteine ihrer eigenen Identität dort entdecken können.

Die Migrationsbewegungen haben eine große Bandbreite an Individuen mit unterschiedlichen Hintergründen nach Westfalen-Lippe gebracht. Sie können nicht als homogene Zielgruppe betrachtet werden. Eine Ausstellung über italienische Eismacher*innen und ihre Geschichte bringt erwiesenermaßen nicht mehr Italiener*innen in ein Museum. Wer aber wie das Westfälische Landestheater Castrop-Rauxel Autoren*innen mit Migrationshintergrund einlädt, mit Unterstützung und Anregung durch eine Theaterautorin Stücke für das Theater zu schreiben, das von einer Jury als bestes ausgewählte Stück zur Uraufführung bringt und anschließend in das reguläre Programmangebot des Theaters aufnimmt, nutzt die Impulse wirksam, die Menschen mit Migrationshintergrund in die Gesellschaft bringen. Diversität erschöpft sich also nicht in Sonderprojekten.

Eine Ausstellung im LWL-Museum für Kunst und Kultur spricht möglicherweise den/die syrische/n oder russische/n Studierende*n genauso an, wie seine/n deutsche/n Kommilitonen*innen, wenn ihn/sie das Thema der Malerei oder der/die Künstler*in interessieren. Gleiches gilt für Familien, die sich im LWL-Freilichtmuseum Hagen die Entwicklung bestimmter Handwerkstechniken anschauen wollen. Im Vordergrund stehen also immer das spannende Thema und die fundierte aber gleichzeitig attraktive Präsentation.

Angesichts der breit gefächerten Interessen der Menschen in der Region ist aber auch der Mut wichtig, immer wieder andere Themen zu präsentieren, die vielleicht auch einmal nur bestimmte
Zielgruppen ansprechen. Die große Bandbreite der thematisch unterschiedlich ausgerichteten LWL-Museen schafft hier den Freiraum für unterschiedliche Angebote und für Experimente.

Eine diverse Gruppe von Adressat*innen mit ganz individuellen Interessen und Zugängen stellt an die Macher*innen von Ausstellungen aber auch hohe Ansprüche. Bei allen Bemühungen um Sprachenvielfalt kann es nie möglich sein, Informationen in allen Sprachen vorzuhalten. Da Englisch die Sprache ist, die von den meisten Menschen verstanden und gesprochen wird, sollte das englischsprachige Angebot an Broschüren und Informationen in den Häusern selbst deutlich ausgebaut werden. Im Übrigen verfügen die Häuser zum Beispiel durch mehrsprachige Mitarbeiter*innen oder entsprechendes Informationsmaterial über ein breites Sprachangebot auf Abruf und können flexible Angebote machen, wenn Gruppen einen bestimmten Wunsch äußern.

Auf solche Herausforderungen muss sich auch die Personalentwicklung einstellen. Je mehr Diversität auch bei der Auswahl der Mitarbeiter*innen eine Rolle spielt, umso mehr Anregungen können in die Umsetzung von Projekten einfließen, um Akzeptanz in den jeweiligen Zielgruppen zu erreichen. Ebenso wie die Inklusion muss die Diversität künftig ein alltäglicher Bestandteil der Arbeit sein und ständig mitgedacht werden, damit möglichst vielen Menschen frei von Diskriminierungen der Zugang zur Kultur eröffnet wird.

Die „Allgemeine Erklärung zur kulturellen Vielfalt“ der Vereinten Nationen postuliert, dass kulturelle Vielfalt als Quelle des Austauschs, der Erneuerung und der Kreativität für die Menschheit ebenso wichtig ist, wie die biologische Vielfalt für die Natur. Kulturelle Vielfalt ist also eine Chance für gesellschaftliche Entwicklung und Fortschritt, zu dem die LWL-Kultureinrichtungen entscheidend beitragen wollen und werden.

Dass der Landschaftsverband Westfalen-Lippe der Charta der Vielfalt beigetreten ist, ist Absichtserklärung und Verpflichtung zugleich, der zunehmenden Diversität in allen Bereichen offen und mit Gestaltungswillen zu begegnen.
 

Expertise im Rampenlicht

Stärkere Sichtbarmachung der LWL-Kultur im regionalen, nationalen und internationalen Kontext

⇒ Was wir wollen

  • Stärkere nationale und internationale Wahrnehmung von Kulturangeboten in Westfalen-Lippe, auch durch die Teilnahme an nationalen oder internationalen Wettbewerben
     
  • Mehr Strahlkraft auch für die Kulturarbeit anderer Träger in Westfalen-Lippe
     
  • Nationale und internationale Netzwerke zur Steigerung der Sichtbarkeit der LWL-Kultur und der vorhandenen Expertise
     
  • Starke Einbringung in und Gestaltung von kulturpolitischen Debatten


⇒ Was wir tun

  • Überregionale, nationale und internationale Darstellung der hochwertigen Arbeit in den Museen und Kulturdiensten des LWL
     
  • Verstärktes Marketing für bestehende Netzwerke und Kooperationen
     
  • Entwicklung eines Informationsnetzwerkes zu Kooperationen des LWL und anderer Partner in Westfalen-Lippe
     
  • Teilnahme der Kunst- und Kulturangebote des LWL an überregionalen Wettbewerben


Während sich die Marketingaktivitäten der LWL-Kultur direkt an Bürger*innen wenden, muss auch die Sichtbarkeit in Richtung der Dialoggruppen gestärkt werden. Dazu gilt es, die vielfach vorhandene Expertise im LWL sichtbar zu machen, herausgehobene Experten*innen in ihren Funktionen und Netzwerken auch nach außen zu präsentieren und die Stimme des LWL in wichtigen kulturpolitischen Debatten hörbar zu machen.

Die große Vielfalt und Qualität der Kulturarbeit in den Museen und Kulturdiensten des LWL ist überregional und zum Teil auch national oder international interessant. Das gilt auch für viele Kultureinrichtungen und Kulturprojekte der Kommunen und der freien Träger in Westfalen-Lippe. Durch ein Konzept der nationalen und internationalen Öffentlichkeitsarbeit sollen die Aufmerksamkeit für diese Qualitäten gestärkt sowie überregionale, nationale und internationale Kooperationen der Museen und Kulturdienste des LWL kontinuierlich in den Fokus gerückt werden.

„Kultur in Westfalen“ ist ein wichtiger Impuls und eine wichtige Plattform für die regionale, überregionale und nationale Wahrnehmung des Kulturlebens in Westfalen-Lippe. Die jährlich
stattfindenden Kulturkonferenzen schaffen themenkonzentriert eine hervorragende Basis für den Informationsaustausch und die Entwicklung von Kooperationen. Sie sollten jedoch um ein
internationales Profil erweitert werden. Auch das Westfälische Gartennetzwerk“ kann durch eine internationale Einbindung in größere Kooperationen noch weitere Strahlkraft erhalten.

Sichtbar wird die Arbeit der Kulturfachleute im LWL auch durch die Tätigkeiten der Kommissionen. Im „Historischen Atlas westfälischer Städte“ beispielsweise tragen zahlreiche, oft ehrenamtlich engagierte Akteure*innen aus Altertumsvereinen oder Geschichtsvereinen unter der fachlichen Begleitung der Historischen Kommission für Westfalen Informationen zur Geschichte einzelner westfälischer Städte zusammen und stellen ihre Entwicklung seit der ersten Bestandsaufnahme in Karten und Texten für Bürger*innen anschaulich dar. Damit werfen professionelle Wissenschaftler*innen und ehrenamtlich arbeitende Fachleute gemeinsam ein einzigartiges Schlaglicht auf die Städte der Region, das die Forschung bereichert und die regionale Bevölkerung in Kontakt mit der Geschichte ihrer Lebensumgebung bringt.

Bei der überregionalen und internationalen Öffentlichkeitsarbeit können Kooperationen zwischen Kultureinrichtungen des LWL und anderen Kultureinrichtungen genutzt werden, um bei der
Öffentlichkeitsarbeit im „Huckepackverfahren“ Informationen Anderer mitzutransportieren. Durch themen- und projektorientierten fachlichen Austausch mit Kulturorganisationen in anderen Bundesländern werden Ländergrenzen überschreitende Kooperationen entwickelt. Die Grundlage hierfür soll ein neues Informationsnetz bilden, in dem alle Landesgrenzen überschreitenden Kooperationen und Projekte der LWL-Museen und Kulturdienste eingesehen werden können und als Anregung für neue Zusammenarbeiten verfügbar sind.

Regionale Partnerschaften des LWL-Kulturdezernats, zum Beispiel zur Region Gotland, der Provinz Westflandern oder im Rahmen von INTERREGVa Deutschland-Nederland werden aktiv unter
Einbeziehung vieler Museen und Kulturdienste entwickelt. Die Mitgliedschaft des LWL bei „Europa Nostra“ für den Schutz und die Erhaltung des europäischen Kulturerbes ist eine weitere Basis,
um im internationalen Austausch die Potenziale im Denkmalschutz und zur Bewahrung des Kulturerbes in Westfalen-Lippe zu kommunizieren und zu entwickeln. Mitgliedschaften und Mitwirkungen
der Kultureinrichtungen des LWL werden künftig intensiver genutzt, um internationale Aufmerksamkeit auf das Kulturleben in Westfalen zu lenken und grenzüberschreitende Kooperationen zu entwickeln.

Dazu sind konkrete Schritte notwendig:

  • Stärkung der Sichtbarkeit des LWL in den wichtigen kulturpolischen Debatten durch eine intensive Begleitung und Vorbereitung von Positionen und Beiträgen
     
  • Erarbeitung eines Konzeptes für die nationale und internationale Öffentlichkeitsarbeit
     
  • Recherche der nationalen und internationalen Verbindungen und der Projekte der Museen und der Kulturdienste
     
  • Strategische Bewerbung des LWL mit Projekten oder Aktivitäten um nationale und internationale Kulturpreise wie den „Kulturmarken Award“ zur Erreichung neutraler Wahrnehmungsplattformen
     
  • Weiterentwicklung der digitalen Präsenzen, um Inhalte und Experten*innen sichtbarer zu machen
     

Kultur präsentieren und Debatten gestalten

Das Marketing der LWL-Kultur

Was wir wollen

  • Marketingmaßnahmen, die Menschen für die LWL-Kultur begeistern
     
  • Ansprache neuer Zielgruppen durch vielfältige Marketingkanäle und außergewöhnliche Events
     
  • Vermittlung der guten Erfahrungen von Besucher*innen auch an andere Menschen
     
  • Kulturpolitische Themen aufgreifen und sichtbar machen
     

⇒ Was wir tun

  • Neuausrichtung des Marketings des LWL, um zusätzliche Zielgruppen und neue Kommunikationswege in den Blick zu nehmen
     
  • Stärkere Verzahnung von klassischen Marketingmaßnahmen und Onlinemarketing
     
  • Ausbaus des Empfehlungsmarketings auf Portalen und in Sozialen Medien
     
  • Intensiverer Auftritt des LWL mit seinen Kulturangeboten auch auf Messen und im Dialog mit Tourismusanbietern


Die LWL-Kultur ist mit den Leistungen und Veranstaltungen der Museen, Besucherzentren, Kulturdiensten und Kommissionen in Westfalen-Lippe präsent. Ausstellungen, Veranstaltungsangebote und Tagungen werden wahrgenommen und gut besucht, viele Menschen interessieren sich für museumspädagogische Programme, Bildmaterial oder den Zugang zu Datenbanken.
 

Aus dem Marketing der LWL-Kultur sind erfolgreiche „Produkte“ wie die „LWL-Museumscard“ und die „LWL-Museumstour“ entstanden, die für öffentliches Interesse und für die Bindung von Besucher *innen sorgen. Verbundprojekte wie „100 Jahre Bauhaus im Westen“ oder spezielle Maßnahmen zur besonderen Vermarktung von Kultur in den ländlichen Räumen stellen besondere Themen und Regionen in den Fokus.

Abbildung: Die jährlich erscheinende LWL-Museumstour gibt einen Überblick über das Angebot der LWL-Museen.


Gleichzeitig steht der Region auch die geballte Kompetenz der LWL-Kultur zur Verfügung. Schließlich ist der LWL einer der größten Anbieter von Museen und Kultur in Deutschland und verfügt mit dem größten Freilichtmuseum Deutschlands in Detmold, dem Planetarium im LWL-Museum für Naturkunde mit der bundesweit schärfsten digitalen Bildauflösung und vielen anderen Einrichtungen über zahlreiche Highlights von großen öffentlichen Interesse. Die Volkskundliche Kommission ist medial als Ansprechpartner bei Fragen zur Herkunft und Bedeutung von Feiertagen und Bräuchen präsent. Die Kommission für Mundartund Namenforschung erläutert Familiennamen und bietet damit einen Service, der bundesweit sonst nicht in dieser Form angeboten wird.

Konsequent wurden und werden dabei verschiedene bewährte und neue Kanäle der Kommunikation mit Bürger*innen und Besucher*innen genutzt, die sich laufend neu gewichten und verändern.
Das bedeutet für das Marketing der LWL-Kultur vor allem eine breitere Vielfalt von Kommunikationskanälen. „Klassische“ Marketingmaßnahmen und -medien wie Anzeigenwerbung, Plakate oder Flyer werden nicht vernachlässigt, zugleich werden längst neue digitale Kanäle bedient. Dies gilt in der gezielten Werbung für einzelne Standorte oder Events, zum Beispiel über Online-Werbung in Form von Bannern auf touristischen Seiten ebenso wie für die Kommunikation in sozialen Netzwerken.

Im Rahmen einer Gesamtstrategie muss diese Vielfalt gezielt weiterentwickelt werden, damit die LWL-Kultur ihre gut sichtbare Position in der Kulturlandschaft behaupten kann.

Dazu rückt das Marketing künftig noch mehr in den Fokus. Wenn Marketingmanager*innen und -assistent*innen, Expert*innen für Visuelle Kommunikation oder Social Media Manager*innen schon
frühzeitig in die Konzeption von Ausstellungen und Programmen eingebunden werden, kann die künftige Vermittlung und die Darstellung nach außen direkt mitgedacht werden. Ausstellungen, die zwar Depotschätze zeigen, aber an aktuellen Fragestellungen vorbei konzipiert werden und somit keine gesellschaftlich relevanten Diskussionen anstoßen, können auch nicht im Sinne der
Kurator*innen oder Wissenschaftler*innen sein. Marketing und Wissenschaft können sich also bei der Suche nach gesellschaftlich relevanten Themen gegenseitig unterstützen.

Ein Museum hat einen Bildungsauftrag und ist kein Vergnügungspark. Dennoch steht außer Frage, dass Menschen nach immer neuen und spannenden Attraktionen suchen und durch ungewöhnliche Angebote an ungewöhnlichen Orten angelockt werden. Das muss auch das Kulturmarketing berücksichtigen. Ein gutes Beispiel ist das 3. Ruhrpott BBQ 2018, Europas größte Grillmeisterschaft, die im LWL-Industriemuseum Schiffshebewerk Henrichenburg stattfand. 72 Teams aus elf Nationen kamen zusammen, um den Sieg zu erringen. Aus 14 Nationen reisten knapp 100 Juroren*innen an, um die besten Grillteller Europas zu bewerten und ein Preisgeld zu vergeben. Die zahlreichen Besucher*innen nutzten dabei die Gelegenheit, auch das Industriemuseum zu besuchen und nicht wenige werden zu einem späteren Zeitpunkt wiederkommen. Dies zeigt: Ein kreatives Veranstaltungsangebot und eine intensive Werbung dafür können neue Besucher*innen anziehen.

Persönliche Empfehlungen sind noch immer das überzeugendste Argument, auch wenn sie sich im Rahmen der digitalen Transformation von der klassischen Mundpropaganda teilweise hin zu
Erwähnungen und Erfahrungsberichten in sozialen Netzwerken verschoben haben - über Tweets und WhatsApp-Nachrichten werden interessante Erlebnisse kommentiert und verbreitet. Diese authentischen Empfehlungen können nur schwer organisiert oder beeinflusst werden. Die LWL-Kultur kann jedoch permanente Kontakte zu bestimmten Interessensgruppen und fachspezifischen Szenen aufbauen und pflegen, um zum Beispiel mit einer „Oldtimergruppe“ Informationen über ein bevorstehendes entsprechendes Treffen in einem der LWL-Freilichtmuseen auszutauschen, und entsprechende Empfehlungen innerhalb dieser Szene zu generieren. Dieses Empfehlungsmarketing lässt sich auch über gezielte Anreize wie Gutscheine fördern.

Um mehr Menschen zu interessieren und zu begeistern, sollen spezielle Communities in Museumsaktionen einbezogen werden. So soll die Verbreitung innerhalb einer speziell interessierten Gruppe gefördert werden. Die einzelnen Communities erreicht man dort, wo sie sich tagtäglich online bewegen. Neben der Zusammenarbeit mit klassischen Medien sind also längst andere „Influencer*innen“ wie Blogger*innen oder Podcaster*innen wichtige Ansprechpartner*innen geworden. Wenn diese aber auf ihren Kanälen positiv über eine Ausstellung oder ein Event informieren sollen, benötigen sie dazu ansprechende Inhalte, wie Filme und Bilder. Die LWL-Kultur hat mit ihren Standorten und Institutionen, mit Exponaten und Experten*innen für die visuelle Kommunikation viel zu bieten.

Was in der Hotellerie bereits Alltag ist, wächst auch im Kulturbereich immer weiter. So gibt es inzwischen auf der Tourismusplattform Tripadvisor eine Sparte „Aktivitäten“, in der Kulturangebote nach Städten geordnet präsentiert und von Besucher*innen bewertet werden. Dort steht das LWL-Museum für Kunst und Kultur mit 138 Bewertungen auf Platz 1 von 18 Museen in Münster, das LWL-Museum für Naturkunde mit 72 Bewertungen auf Platz 2 (Stand Herbst 2018). Die Kommentare reichen von überwiegend positiven Bemerkungen, wie „Architektonisch und die Sammlungen betreffend absolut sehenswert!“ bis zu Abwertungen, wie „Kann man sich sparen“. Zufriedene Besucher*innen sollten zu Bewertungen und Kommentaren animiert werden, Kritik kann durch die LWL-Kultur kommentiert und eingeordnet werden.

Daneben werden in Zukunft verstärkt spezielle Fach- und Kulturportale genutzt, um die Angebote und vor allem die Expertise der LWL-Kultur zu zeigen.

Wer wissen will, worüber sich die Menschen in Bezug auf die LWL-Kultur online unterhalten, muss dies mit modernen Strategien ermitteln und laufend beobachten. Inhalte müssen nicht nur informieren, sondern besser sein, auffälliger sein als andere, einen Mehrwert bieten, Position beziehen, anecken, um für Aufmerksamkeit zu sorgen.

Dazu muss die LWL-Kultur selbst präsent in den wichtigen sozialen Netzwerken sein und mit einer umfassenden Strategie nachhaltig die jeweils aktuell wichtigen Kanäle bedienen und verschiedene
Zielgruppen mit zugeschnittenen Inhalten versorgen. Damit dies dauerhaft und noch professioneller geschehen kann, brauchen die LWL-Kulturinstitutionen nicht nur neue Spezialist*innen und Aufgabenzuschnitte, sondern auch die geeigneten technischen Voraussetzungen.

Die Onlineauftritte müssen sich laufend den veränderten Gewohnheiten von Internetnutzer*innen, zum Beispiel bei der Onlinesuche anpassen. Tourist*innen suchen heute in der Regel nicht nach einzelnen Institutionen, sondern nach einfachen Schlagworten. Wer darüber nicht zu finden ist, wird nicht ausgewählt und besucht. Wenn Besucher* innen anschließend ihre Erfahrungen auf Plattformen wie Google und TripAdvisor teilen, ist ein gut geschultes und schnelles Management dieser Erwähnungen der LWL-Kultur, inklusive wirksamer Strategien für den Umgang mit kritischen Anmerkungen, notwendig.

Gleiches gilt für die Verkaufswege von Tickets und Inhalten. Wer ein Museum online entdeckt, will gegebenenfalls auch direkt Eintrittskarten erwerben. In Zeiten der digitalen Transformation muss es für alle LWL-Museen Online-Shops ein einheitliches Online-Buchungssystem geben, das es den Kunden*innen neben dem reinen Ticketkauf ermöglicht, sich beispielsweise über Eingrenzung
der Interessengebiete aus dem Angebot den passenden Workshop herauszusuchen.

Netzwerke können auch im Bereich des Marketings zusätzlichen Nutzen generieren. Die LWL-Kultur zieht bereits viele Menschen in die Region. Über eine gezielte Vernetzung mit „Tourismus NRW“ sowie anderen Partnern und Plattformen aus dem touristischen Bereich können aber neue Zielgruppen erreicht werden, die aus anderen Gründen nach Westfalen-Lippe kommen und die kulturelle Landschaft dann nebenbei entdecken. Gemeinsam mit Hotels oder Busreiseanbietern können gemeinsame Arrangements oder gegenseitige Rabatte entwickelt werden, in Medienpartnerschaften kann Reichweite gegen interessante Geschichten getauscht werden und außergewöhnliche Kombinationen zum Beispiel mit Sportstätten erschließen neue Adressaten*innengruppen.

Seit einigen Jahren präsentiert sich die LWL-Kultur mit ihrem Ausstellungsangebot auf der „Internationalen Tourismus Börse“. Neben der LWL-Museumstour, die einen Überblick über die Museumsstandorte und ihre inhaltlichen Schwerpunkte gibt, wird jeweils ein Schwerpunkt künftiger Ausstellungen gezeigt und zum Beispiel Busreiseorganisatoren vorgestellt. So konnte die Ausstellung „Luther. 1917 bis heute“ sehr gut vermarktet werden, gleiches gilt für die Ausstellungen, die unter dem Claim „FAKT oder FAKE“ vermarktet wurden. Dies gilt es auszubauen. So wird sichtbar, wie breit LWL-Kultur aufgestellt ist.

Während das Marketing der LWL-Kultur also neue Wege geht, von intensiver Onlinesichtbarkeit bis hin zu unerwarteten Werbeauftritten an ungewöhnlichen Orten, darf „Altes“ nicht verworfen
werden. Kanäle und Maßnahmen müssen vielmehr laufend überprüft und ausgewertet werden. Wenn beispielsweise der Newsletter des LWL-Freilichtmuseums Detmold nach wie vor eine Öffnungsrate von 95 bis 100 % und derzeit etwa 1.800 Abonnent*innen hat, dann ist er ein wichtiger Weg zu den interessierten Menschen in Westfalen-Lippe. Bei einem zunehmend breiten Marketingmix wird es umso wichtiger, dass die „LWL-Kultur“ einheitlich auftritt und die Marke sowie das Netzwerk aus Museen, Besucherzentren, Kulturdiensten und Kommissionen durch abgestimmte Maßnahmen und ein einheitliches Corporate-Design in der Wahrnehmung gestärkt wird. Das LWL-Kulturdezernat soll deshalb zukünftig stärker als Netzwerker für die interne Kommunikation dienen - als verbindendes Element zwischen den LWL-Kultureinrichtungen.

Für das Marketing ist es wichtiger als je zuvor, am Puls der Zeit zu bleiben. Die LWL-Kultur sollte sich zunehmend bei Fachtagungen, Workshops usw. über die neuesten Trends informieren, selbst
Präsenz zeigen sowie sich hier aktiv einbringen. Die Bereitschaft zum Ausprobieren und der Mut, auch einmal mit einer Idee zu scheitern, öffnen die Türen zu neuen Ergebnissen. Digitale und analoge
Marketingkanäle stehen dabei nebeneinander und müssen vernetzt geplant werden.

Wichtig ist also eine Gesamtstrategie, in der die LWL-Kultur nicht nur über ihre Häuser und Einrichtungen, sondern als Taktgeber für kulturpolitische Diskussionen wahrgenommen wird. Im
LWL-Kulturdezernat sind Überblick und Expertise vorhanden, um kulturpolitische Themen von Relevanz zu identifizieren und zu diskutieren. Es kann diese Expertise nutzen, um Beiträge zu wichtigen kulturpolitischen Debatten zu leisten und die Stimme des LWL gut hörbar einzubringen.

Die Strategien des LWL für die digitale Transformation, die Inklusion oder für neue Vermittlungsformen sind beispielgebend und können als Blaupause für andere Akteure*innen dienen. Die „Westfälischen Kulturkonferenzen“ sind als Plattform ein gutes Beispiel. Dort werden künftige Themen und Chancen des gemeinsamen Handelns ausgelotet.

Für die Strategien zum Umgang mit den kulturellen Herausforderungen der Zukunft will der LWL künftig zentraler Ansprechpartner*in und gut hörbare Stimme sein. Dazu gehört es auch, das Marketing, das für Aufmerksamkeit sorgt und die Besucher*innen in die Häuser der LWL-Kultur holt, entsprechend zu stärken.
 

Die Besten finden und zeigen

Eine Neuausrichtung der LWL-Kulturpreise

⇒ Was wir wollen

  • Stärkung der LWL-Kulturpreise in einer wachsenden bundesweiten Preislandschaft
     
  • Sicherung einer kompetenten Auswahl von überregional bedeutenden Preisträger*innen
     
  • Inhaltliche Beziehung der ausgezeichneten Kulturschaffenden zu Westfalen-Lippe
     
  • Verknüpfung der Preisvergaben mit dem Kulturleben in Westfalen-Lippe


⇒ Was wir tun

  • Erweiterung der LWL-Kulturpreisjurys durch überregionale Expert*innen
     
  • Ausweitung der Auswahlkriterien für die großen LWL-Kulturpreise
     
  • Stärkung der künstlerischen Arbeit von Preisträger*innen in Westfalen-Lippe
     
  • Ergänzung der Preisvergaben mit lokalen Kulturereignissen


Mit ihren großen und weithin beachteten Auszeichnungen, dem Annette-von-Droste-Hülshoff-Preis (Westfälischer Literaturpreis), dem Konrad-von-Soest-Preis (Westfälischer Kunstpreis) und dem Hans-Werner-Henze-Preis (Westfälischer Preis für Neue Musik), hat die LWL-Kultur in den vergangenen Jahren Kulturschaffende mit Wurzeln oder Arbeitsfeldern in Westfalen-Lippe sichtbar gemacht, Schlaglichter auf spannende Entwicklungen im kulturellen Schaffen der Region geworfen und künstlerischen Entwicklungsprozessen zusätzlichen Schwung verliehen. Auch der alle fünf Jahre vergebene „Westfälische Preis für Baukultur“ erfährt in der Branche große Akzeptanz.

Mit innovativen Preisformaten wie beispielsweise einem „Jugendpreis“ will der LWL neue Themen und Zielgruppen in den Blick nehmen.

Die großen LWL-Kulturpreise gilt es weiterzuentwickelnund dabei größere Ziele in den Blick zu nehmen, ohne den Bezug zu Westfalen-Lippe zu verlieren. Denn angesichts des vielstimmigen Konzerts lokaler, regionaler und bundesweiter Kulturpreise muss die LWL-Kultur darauf achten, ein klares Profil zu bewahren und dennoch zeitgemäße Strukturen der Auswahl und Auszeichnung von Preisträgern*innen etablieren, die überregionale Aufmerksamkeit sichern.

Dabei spielt die Zusammensetzung der Jurys eine wichtige Rolle. Juroren*innen bringen Kulturschaffende in die Auswahl und die interne Diskussion, die noch nicht in der allgemeinen Wahrnehmung stehen oder besondere und überraschende künstlerische Ansätze verfolgen. Um den Blick hier zu weiten, ist es hilfreich, die Jurys der LWL-Preise künftig auch mit Expert*innen aus national tätigen Institutionen zu besetzen. Der frische Blick auf Westfalen-Lippe und die Ausweitung des möglichen Kandidat*innenfeldes, die mit einer solchen Veränderung einhergehen, rechtfertigen auch den leicht erhöhten Mittelbedarf einer so überregional zusammengesetzten Jury.

Auch in Zukunft die besten Preisträger*innen für die großen LWL-Preise zu finden, ist darüber hinaus nicht nur eine Frage des Preisgeldes, das im Laufe der nächsten Jahre sicher immer wieder mit den Entwicklungen in anderen Bereichen der Kulturauszeichnungen abgeglichen und entsprechend angepasst werden muss. Auch der Suchradius muss sich zunehmend verändern.

Denn die großen Kulturpreise des LWL wollen in erster Linie großartige Kulturschaffende und Kultur sichtbar machen und sie in Bezug zur Region Westfalen-Lippe setzen. Der Geburts- oder Schaffensort einer/s Kulturschaffenden sollte zukünftig dafür nicht das maßgebliche Kriterium sein. Die Preise sollen zu einer Belebung der künstlerischen Arbeit in Westfalen-Lippe beitragen.

Die Weiterentwicklung der bestehenden LWL-Kulturpreise ist eine wichtige Aufgabe der kommenden Jahre.
 

Rückenwind für Ideen

Die Kulturförderung des LWL

⇒ Was wir wollen

  • Spartenübergreifende Förderung von Kultur, die in Westfalen-Lippe entsteht oder sich auf unsere Region bezieht
     
  • Förderung neuer und experimenteller Ausdrucks- und Vermittlungsformen in der Kultur
     
  • Unterstützung einer innovativen Kulturszene in Westfalen-Lippe
     
  • Künstlerische Qualität in den geförderten Projekten


⇒ Was wir tun

  • Weiterentwicklung der spartenübergreifenden Förderungen durch den LWL
     
  • Förderung von Ideen und Strukturen, u. a. der freien Kulturszene
     
  • Kulturpolitische Ziele des LWL als Rahmen der künftigen Förderkriterien
     
  • Ausrichtung der Förderung an der künstlerischen Qualität der Projekte


Neben den stark segmentierten Bundes- und Landesförderprogrammen hat sich die Kulturförderung durch den LWL und die LWL-Kulturstiftung als spartenübergreifende Unterstützung etabliert. Entsprechend weit gefasst soll der Blick auch bei künftigen Förderentscheidungen bleiben. Dennoch sind einige Feinjustierungen für die Zukunft notwendig.

Die LWL-Kulturstiftung wird weiterhin wichtige Sonderausstellungen in den Museen des LWL ermöglichen und unterstützen und daneben Projekte aus Einrichtungen der Gebietskörperschaften sowie der freien Szene fördern, die Westfalen-Lippe als Arbeitsort oder als eine Grundlage ihres künstlerischen Schaffens begreifen und sich auf diese Umgebung beziehen. Die Form der künstlerischen Arbeit ist dabei nachrangig.

Die im Verlauf eines breiten Partizipationsprozesses identifizierten kulturpolitischen Ziele des LWL stellen den Rahmen der künftigen Förderkriterien dar. Wir wollen also beispielsweise Projekte unterstützen, die sich an alle Menschen in Westfalen-Lippe wenden, die spezielle Zielgruppen wie Kinder und Jugendliche ansprechen, die Netzwerke bilden und fördern, die Kultur in Westfalen-Lippe digital entstehen lassen, erschließen und vermitteln oder die neue Formate der Kulturvermittlung entwickeln und erproben.

Entscheidungsgrundlage der Förderung durch die LWL-Kulturförderung oder die LWL-Kulturstiftung wird aber in jedem Fall die Umsetzung der künstlerischen Arbeit sein. Nicht die Ausrichtung an einem der Förderziele ist das Ausschlaggebende, sondern die Überzeugungskraft einer Idee oder einer künstlerischen Umsetzung.
 

Wissen, was andere brauchen – Wissen, das andere brauchen

Die Service- und Beratungsfunktion des LWL

⇒ Was wir wollen

  • LWL-Kulturdezernat als Beratungspartner der Gemeinden, Städte und Kreise
     
  • Kulturplanungsprozesse für eine konzeptbasierte Entwicklung der Kultur überall in Westfalen-Lippe
     
  • Sicherung der kulturellen Angebote vor Ort
     
  • Gemeinsame wirtschaftliche und zukunftsfeste Lösungen für Kultureinrichtungen in den Kommunen


⇒ Was wir tun

  •  Ausweitung der Service- und Beratungsfunktion für Gemeinden, Städte und Kreise
     
  • Unterstützung des semiprofessionellen und ehrenamtlichen Engagements
     
  •  Ausbau von Tandemstrukturen zwischen LWL-Institutionen und anderen Kultureinrichtungen
     
  • Sicherung und Stärkung von ehrenamtlichen Strukturen durch Konzepte und praktische Angebote


Die Kulturdienststellen, Kommissionen und Stabsstellen des LWL sowie der Westfälische Heimatbund sind wichtige Service- und Beratungspartner für die Kommunen und das Ehrenamt in ganz Westfalen-Lippe. Besonders durch die Veränderungen der kommunalen Verwaltungsreform in den 1990er Jahren, durch die viele kulturfachliche Aufgabenbereiche zusammengelegt oder reduziert, Kulturämter aufgelöst und Kulturdezernate mit anderen Aufgabenbereichen verschmolzen wurden, wird die Expertise der LWL-Kultur aus den Kommunen und Kreisen intensiv nachgefragt.

Seit dieser Zeit werden teilweise Kultureinrichtungen fachfremd geführt und es fehlen oftmals Ressourcen und spezielle Kenntnisse für Kulturplanungsprozesse. Fachleute des LWL ersetzen häufig mit ihren Kompetenzen zudem die vor Ort weggebrochenen personellen Strukturen. Wo etwa Restauratoren*innen, Dokumentare*innen, Archivare*innen, Archäologen*innen, Historiker*innen und Museumsfachleute fehlen, können die überörtlichen Anlaufstellen des LWL kompetent und sehr wirtschaftlich helfen und beraten, wie sich nicht zuletzt im großangelegten Vernetzungsprojekt „Kultur in Westfalen“ zeigte.

In den „Westfälischen Kulturkonferenzen“ und speziell in den Workshops und Befragungen im Vorfeld der Erstellung dieses „Kulturpolitischen Konzeptes“ haben sich die lokalen Akteure*innen
immer wieder dankbar für die Beratung und die überörtlichen Kompetenzen des LWL-Kulturdezernats gezeigt und eine Ausweitung dieser Serviceleistungen gefordert.

Vor diesem Hintergrund erfüllt der LWL mit seinen Serviceleistungen eine wichtige Ausgleichsfunktion für Westfalen-Lippe. Die LWL-Paläontologie, LWL-Archäologie für Westfalen, LWL-Denkmalpflege, Landschafts- und Baukultur in Westfalen, das LWL-Archivamt für Westfalen, das LWL-Medienzentrum für Westfalen, das LWL-Institut für westfälische Regionalgeschichte, das LWL-Museumsamt für Westfalen und die Kommissionen des LWL tragen durch ihre Beratung vor Ort dazu bei, individuelle Lösungen für örtliche Bedarfe zu entwickeln und füllen mit ihren Dienst- und Serviceleistungen wie Fortbildungen, Grabungen, Grundlagenforschung, Wanderausstellungen, Tagungen und Fachnetzwerken und der überörtlichen Ausbildung von Fachpersonal diese Lücke. Die LWL-Kulturdienststellen sichern damit in ganz Westfalen-Lippe ein hohes fachliches Niveau und helfen den Kommunen, taugliche und wirtschaftliche Wege in der Kulturarbeit zu finden.

Im Rahmen der Fragebogenaktion zum „Kulturpolitischen Konzept“ zeigte sich beispielsweise die vielfach fehlende Kompetenz und mangelnde Personalausstattung der Kommunen in der Denkmalpflege und der große Bedarf der dortigen Akteure*innen an Beratung. Auch in der Industriekultur stellt der LWL seine Kompetenz zur Verfügung. Projekte wie die Steinhauser Hütte, sowie das Bessemer Stahlwerk in Witten wären ohne diese Expertise nicht denkbar gewesen. Das LWL-Kulturdezernat entwickelt mit Kommunen darüber hinaus Konzepte zur Entwicklung von Industriebrachen, das Institut für Regionalgeschichte wird regelmäßig bei der Neubenennung von Straßen hinzugezogen und die Kommissionen der LWL-Kultur sind wichtige und gern gefragte Ansprechpartner für Heimatvereine und Volkskundler*innen. Ferner werden durch das LWL-Medienzentrum für Westfalen historische Filme gesichert, erschlossen und digitalisiert. Das LWL-Archivamt für Westfalen berät kleinere Archive und unterstützt sie durch ein breites Fortbildungsangebot. So werden auch kleinere Einrichtungen fit für die Zukunft.

In der Vergangenheit hat der LWL fehlende fachliche Dienstleistungen in den Kommunen vor allem durch sein eigenes Fachpersonal und die von diesen entwickelten Dienstleistungen kompensiert.
Beispiele dafür sind Filmreihen, Wanderausstellungen, regionalgeschichtliche Forschungen und Publikationen, Materialsammlungen, Grabungen oder die Entwicklung historischer Pilgerwege, um nur einige solcher Angebote zu nennen.

Künftig werden solche kompensatorischen Angebote nicht mehr ausreichen. Vielmehr sind neue kooperative Strukturen nötig, in denen die Bedarfe gemeinsam gedacht und geplant werden. Diese Form der interkommunalen Zusammenarbeit umfasst in Zukunft zum einen auch bauliche Strukturen in der Kultur. Diese waren bisher getrennt. Künftig sollen etwa auch gemeinsame Archive und Depots entstehen. Andererseits wird der LWL auch die personelle Qualifizierung in den Kommunen stützen und entwickeln müssen. Dies gilt sowohl für das Fachpersonal – ein Beispiel hierfür ist die Ausbildung von Archivaren*innen im mittleren und gehobenen Dienst für die Kommunalarchive – als auch für die semiprofessionelle Ebene.

Ehrenamtliche Arbeit wird für Kommunen immer bedeutsamer. Auch dafür ist Qualifizierung notwendig, die etwa vom Westfälischen Heimatbund oder dem LWL-Museumsamt übernommen werden kann und ausgebaut werden sollte. Und schließlich müssen auch Dienstleistungen gemeinsam geplant und durchgeführt werden. Dabei sind Tandemstrukturen eine geeignete Kooperationsform.
Auch die noch offene Frage des Umgangs mit verwaisten Sammlungen ist nur gemeinsam zu lösen: Solche Sammlungen können komplett oder teilweise durch LWL-Kultureinrichtungen übernommen werden. Ihre Aufnahmefähigkeit ist entsprechend zu stärken.

Auch in kulturpolitischen Debatten und bei wichtigen Zukunftsthemen wie der digitalen Transformation werden die Kommunen auf die Expertise und die Erfahrungen der LWL-Kultur noch stärker zurückgreifen.
 

Part VI - Ein Netz der Kompetenzen und der Beratung auswerfen

Ein Ausblick auf die künftige Entwicklung der LWL-Kultur

Mit dem „Kulturpolitischen Konzept“ setzt die LWL-Kultur die Segel, um klar definierte Ziele anzusteuern. In den nächsten Jahren wird die Gesellschaft, an die wir uns mit unseren Häusern und Angeboten richten, vielfältiger. Deshalb müssen auch wir uns mit unseren Vermittlungsformen weiterentwickeln, neue Zielgruppen in den Blick nehmen und die bevorstehenden massiven Veränderungen durch die digitale Transformation gewinnbringend nutzen.

Die Entwicklungen sind also gewaltig und es steht viel auf dem Spiel: In Zeiten gesellschaftlicher Veränderungen und der Infragestellung politischer Prozesse findet Kultur nicht im luftleeren Raum statt. Sie greift Entwicklungen auf, stellt Fragen und liefert mit ihren ganz eigenen Mitteln Antwortmöglichkeiten.

Kultur kann Orientierung bieten und Menschen jenseits der großen gesellschaftlichen Konfliktlinien miteinander in den Dialog setzen. Sie begegnet der Sprachlosigkeit mit anderen Ausdrucksformen
und bietet für möglichst viele Menschen Anknüpfungspunkte.

In Zukunft gilt verstärkt: Kulturpolitik und künstlerisches Schaffen sind zentrale Beiträge zur Sicherung der Demokratie und deshalb von besonderem Wert, weit über die Kultureinrichtungen hinaus.

Diese Rolle kann die Kultur aber nur wahrnehmen, wenn sie die Bedürfnisse der Menschen trifft und mit vielen gesellschaftlichen Gruppen in Kontakt kommt. Im „Kulturpolitischen Konzept“ legen wir deshalb besonderen Wert auf die Ansprache neuer Interessent*innen sowie die Entwicklung zeitgemäßer Vermittlungsformen. Bürger*innen mit unterschiedlichen Bildungshintergründen, Kinder und Jugendliche, Menschen mit und ohne Migrationsgeschichte – an sie alle richten wir uns mit den Einrichtungen und Angeboten der LWL-Kultur und sie alle wollen wir in ihrem eigenen Lebensumfeld erreichen. Das setzt eine hohe Kompetenz bei der Entwicklung und Umsetzung museumspädagogischer Angebote wie Führungen, Workshops und Gestaltungsangebote voraus, die die Museen und Einrichtungen der LWL-Kultur jedoch schon heute leisten können. Diese Kompetenz gilt es zu bewahren und weiterzuentwickeln.

Die LWL-Kultur ist aber kein alleinstehender Akteur, sondern eingebunden in zahllose wichtige Kooperationen und Netzwerke. Als Partner und Servicestelle für Kommunen und Kreise in Westfalen-Lippe gestaltet die LWL-Kultur auch die Entwicklung der kulturellen Landschaft und des gesellschaftlichen Miteinanders in Städten und Gemeinden mit. Eine vitale LWL-Kultur ist also auch ein wichtiger Stützpfeiler für die kulturelle Landschaft in ganz Westfalen-Lippe und stärkt die kommunale Familie.

Dabei sind wir uns der oftmals schwindenden Ressourcen bewusst, glauben aber an die Bedeutung der Kulturerlebnisse vor Ort. Diese will die LWL-Kultur nach Kräften ermöglichen und unterstützen.
Dabei haben wir nicht nur die kommunalen Verwaltungseinheiten im Blick, sondern versuchen, mit unseren Angeboten auch die Bürger*innen in Städten und Gemeinden zu erreichen. Sie müssen an ihren Wohnorten leben und lernen können, Kultur erleben und mitgestalten, sich engagieren und einbringen.

Professionell Kulturschaffende haben zudem die Aufgabe, ehrenamtlich engagierte Menschen in Westfalen-Lippe zu unterstützen. Sie gestalten inInitiativen, Vereinen und Verbänden mit heimatkulturellem Herzblut und künstlerischem Ausdruckswillen einen wichtigen Teil der kulturellen Landschaft in Westfalen-Lippe. Ihnen steht der LWL als Partner und Unterstützer in vielfältiger Weise zur Seite.

Das „Kulturpolitische Konzept“ setzt mit einer Analyse der gesellschaftlichen Veränderungen und mit 15 daraus resultierenden Herausforderungen den Rahmen für die wichtigsten Entwicklungsprozesse der LWL-Kultur in den kommenden Jahren. Dabei ist klar, dass lediglich die Bereiche betont werden, in denen besonders umfassende oder beispielhafte Entwicklungen erfolgen oder notwendig sind. Was also im Bereich der Freilicht- und Industriemuseen oder der Literatur beobachtet werden kann, wird sich so oder so ähnlich auch in vielen anderen Arbeitsfeldern abspielen. Die Arbeit der LWL-Kultur wird sich also in ihrer gesamten Breite und Vielfalt weiterentwickeln.

Die konkreten Maßnahmen, die aus den zehn kulturpolitischen Zielen und den Erkenntnissen der Herausforderungen resultieren, werden nun in den Fachabteilungen entwickelt und dann im bewährten politischen Verfahren geplant und umgesetzt. Klar ist: Dieser Veränderungsprozess wird dauerhaft sein. Neue Technologien ermöglichen es, interessierte Menschen mit VR-Brillen quasi „live“ in das Colosseum in Rom zu schicken und ihnen damit völlig neue Erlebnisse bei der Beschäftigung mit der Geschichte zu eröffnen. Welche Vermittlungs- und Darstellungsformen in wenigen Jahren möglich sind, lässt sich heute nur erahnen. Aber auch dann wird die LWL-Kultur bereit sein, neue Entwicklungen und damit einhergehend neue Erwartungen aufzuspüren und auf der Höhe der Zeit zu beantworten. Dabei wird auch eine stärkere Vernetzung in den sozialen Netzwerken helfen.

Einige erste Schritte sind indes schon klar: Mit dem Projekt „Mobilitätsfond“ bringt die LWL-Kultur junge Menschen in die LWL-Museen, mit der „Digitalen Agenda“ überführt sie Kultur in die technische Zukunft und mit den „Kulturfachlichen Knotenpunkten“ wirft sie über Westfalen-Lippe gemeinsam mit vielen Partnern*innen ein Netz der Kompetenzen und der Beratung aus.

Diese Vorhaben stützen sich dabei nicht nur auf unsere eigene Expertise, sondern auf die Anregungen, Wünsche und Forderungen von Kulturaktiven und Verantwortungsträgern*innen aus ganz Westfalen-Lippe, die wir in einem einzigartigen Prozess von Anfang an eingebunden haben. Deshalb wissen wir, dass das „Kulturpolitische Konzept“ die wichtigsten Entwicklungsfelder benennt und die richtige Richtung einer Veränderung vorgibt. Den Diskurs über die anstehenden Aufgaben und die besten Strategien führt die LWL-Kultur dabei auch weiterhin nicht nur im eigenen Haus, sondern offen und transparent mit allen Partner*innen in der Region, im Land, bundesweit und international. Die Segel sind gesetzt, die Ziele sind klar. Jetzt werden wir genauso partizipativ weiterarbeiten – gemeinsam mit allen Akteur*innen für eine lebendige und immer wieder neu beeindruckende kulturelle Landschaft in Westfalen-Lippe.

Dr. Barbara Rüschoff-Parzinger

Impressum

Herausgeber
Landschaftsverband Westfalen-Lippe – LWL-Kulturabteilung
Fürstenbergstraße 15
48133 Münster
Tel. 0251 591-234
Fax. 0251 591-268
www.lwl-kultur.de

Koordination und Redaktion
Dr. Regine Prunzel (verantwortlich)
Ute Lass, Ann-Christin Wunderlich

Text LWL-Einrichtungen, Reinhart Richter (Richter Beratung), Martin von Berswordt-Wallrabe (Berswordt-Wallrabe & Partner)

Gestaltung Creativbüro Dülmen – Visuelle Kommunikation

Druck Druck&Verlag Kettler GmbH, Bönen

1. Auflage: 3.000 Exemplare © 2019 – Landschaftsverband Westfalen-Lippe
Änderungen vorbehalten, alle Angaben ohne Gewähr.

Mitglieder der Arbeitsgruppe, die an der Erstellung beteiligt waren:
Herr Dr. Albrecht (Burg Hülshoff – Center for Literature)
Herr Althaus (LWL-Kulturabteilung)
Herr Dr. Beckmann (LWL-Freilichtmuseum Hagen)
Frau Dr. Freigang (Projekt „Kultur in Westfalen“)
Frau Dr. Gilhaus (LWL-Museumsamt für Westfalen)
Frau Herold (LWL-Kulturabteilung)
Herr Prof. Dr. Köster/Frau Meschede (LWL-Medienzentrum für Westfalen)
Frau Dr. Kugler-Mühlhofer (LWL-Industriemuseum Zeche Zollern)
Frau Lass (LWL-Kulturabteilung)
Herr Dr. Mertens /Frau Dr. Seifen/Herr Dr. Huyer (LWL-Denkmalpflege, Landschafts- und Baukultur in Westfalen)
Frau Dr. Prunzel (LWL-Kulturabteilung)
Herr Richter (Richter Beratung)
Herr Prof. Dr. Rind/Frau Dr. Münz-Vierboom (LWL-Archäologie für Westfalen)
Frau Dr. Rüschoff-Parzinger (LWL-Kulturdezernentin)
Herr Prof. Dr. Thießen (LWL-Institut für westfälische Regionalgeschichte)
Herr von Berswordt-Wallrabe (von Berswordt-Wallrabe & Partner)

Gemeinsam entwickelt. Gemeinsam gelebt. Das „Kulturpolitische Konzept“ des LWL